Herzschlagmelodie - Band 1
nicht so plötzlich davongestohlen, um nach einem Nagellackentferner zu suchen. Damals, vor fast drei Jahren, ließ ich keine Gelegenheit aus, um mich ihm zu nähern oder ihn zu berühren.
„Gefunden!“, rief ich und setzte mich wieder neben ihn.
„Meine Rettung!“ Henry lachte und gab etwas von der klaren Flüssigkeit auf ein zweites Taschentuch, um sich damit die Fingernägel zu säubern. Ich beobachtete ihn dabei und bekam erneut dieses Bauchkribbeln. Waren das Bauchschmerzen? Wurde ich krank? Hatte ich Hunger? Es durften keinesfalls alte Gefühle sein! Henry wollte nichts von mir. Ich interpretierte einfach viel zu viel in sein Verhalten hinein. Wir waren die besten Freunde und das sollte auch so bleiben. Ich brauchte Henry um mich herum … und das durfte ich keinesfalls kaputt machen, nur weil ich glaubte, in ihn verliebt zu sein. Da war nichts. Da durfte nichts sein!
„Wir sollten was essen. Amy und Louise wollten zwar gegen fünf kommen, aber bis dahin bin ich verhungert. Worauf hast du Hunger?“, fragte ich ihn. Es war sicher nur mein Magen. Wenn ich erst einmal etwas gegessen hätte, würde dieses komische Kribbeln auch wieder verschwinden.
„ Mh. Pizza oder was mit Nudeln? Eis? Ich wette, deine Mutter hat noch etwas im Kühlschrank gebunkert.“ Henry roch an seinen sauberen Fingernägeln und verzog das Gesicht.
„Jetzt musst du sie noch ordentlich mit Seife waschen ...“ Ich begann zu lachen und stand auf. „ Mom hat noch eine Schokoladentorte und einen Nusskuchen gemacht, die stehen auch im Kühlschrank, werden aber erst um Mitternacht angeschnitten und dann werde ich sie komplett aufessen!“ Ich untermalte meinen Entschluss mit einem breiten Grinsen. Henry stand auf und verschwand im Badezimmer. Ich hörte nur noch, wie er den Wasserhahn aufdrehte. In der Küche öffnete ich den Kühlschrank. Es gab so ziemlich alles. Ich liebte dieses große Teil! Salat, Gemüse, Fleisch, Reste vom Abendessen … meine Mutter kaufte so viel ein, dass immer etwas da war.
„Oh, sehr gut!“ Ich holte ein paar Plastikdosen heraus, in denen sich die Reste des gestrigen Abendessens befanden, die Mom fein säuberlich getrennt verpackt hatte.
„Oha, Dosenfutter?“, fragte Henry, der plötzlich neben mir stand.
„Reste von gestern. Es gab Steak mit Bratkartoffeln und Salat.“ Ich öffnete die Dosen und hielt sie Henry unter die Nase. „Muss nur noch mal angebraten werden. Du liebst doch Steaks?“
Henry weitete seine Augen, grinste die Fleischstücke an und rieb sich die Hände.
„Sehr gut, ich mach das schon!“, meinte er, ging dabei zielstrebig auf die Kochplatten zu und griff sich eine Pfanne und das Öl.
„Du bist meine Rettung!“ Ich stellte ihm die geöffneten Plastikdosen neben die Herdplatten und nahm selbst Platz auf einem der Barhocker, um ihm beim Kochen zuzusehen.
„Schon klar. Wenn du das machst, dann bleibt nur noch Holzkohle übrig und wir haben die Feuerwehr vor der Tür stehen.“ Henry lachte laut los und wich gekonnt meinem Angriff aus, als ich spielerisch mit einem Geschirrtuch nach ihm schlug.
„Das ist nur einmal passiert! Einmal!“ Ja, das war schon was gewesen, als ich vor einigen Jahren selbst gekocht hatte. Damals war ich zehn Jahre alt gewesen und hatte mir Nudeln machen wollen. Ich war nur kurz in mein Zimmer gegangen, als die Nudeln kochten und hatte nicht mitbekommen, wie das Wasser allmählich verkocht war. Die Nudeln waren angebrannt und der Topflappen, der damals noch direkt an der Wand neben den Herdplatten hing, hatte Feuer gefangen. Innerhalb kürzester Zeit hatte ein Teil der Küchenfront in Flammen gestanden. Meine Eltern waren zu dem Zeitpunkt bei den Nachbarn zu Besuch und Henry war gerade zu mir gekommen.
„Das war das pure Chaos“, flüsterte ich. Meine Eltern waren mit den Nachbarn angerannt gekommen, da wir damals keinen Feuerlöscher in der Küche hatten. Henry hatte sie geholt.
„Ohne dich wäre das Haus wohl abgefackelt“, meinte ich ein wenig kleinlaut.
„Du meinst wohl, ohne die Feuerwehr? Die haben ja den Rest der Küchenzeile gelöscht.“
„Ich musste vier Wochen Hausarrest absitzen. Das war furchtbar. Und ich musste jedes Wochenende zur Feuerwehr und mir dort alles Mögliche erklären lassen.“ Ich stützte meinen Kopf auf meine Hand und lächelte.
„Meine Mutter hat geweint, weil sie solche Angst um mich hatte.“ Die Erinnerungen daran stimmten mich traurig, denn ich sah alles noch genau vor mir. Ich lächelte und sah dann
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