Herzschlagmelodie - Band 1
an Henry heranzukommen? Ich seufzte abermals und sah in den Himmel. Es waren kaum Wolken zu sehen, eigentlich war es ein richtig schöner Tag, viel zu schön, um heute Trübsal zu blasen.
Nur warum hatte Sophie dann gewollt, dass ich mich wieder mit Henry versöhnte? Das ergab einfach keinen Sinn, egal wie ich es drehte und wendete. Sie war doch so ein sensibler Mensch, auch wenn man ihr das auf den ersten Blick nicht ansah. Eigentlich war sie ebenso schüchtern wie Candra, tat aber so, als wäre sie stark, damit man sie nicht verletzen konnte.
Ob sie sich jetzt küssen würden? Ich musste schlucken und dachte wieder einmal daran, wie Henry mich geküsst hatte. Meine Beine begannen zu zittern und ich schloss meine Augen. Da war es wieder, dieses wunderschöne Gefühl in meiner Magengegend, als diese Erinnerungen in mir aufstiegen. Seine Lippen waren so warm und weich gewesen … Es schüttelte mich und die Enten rissen mich mit ihrem Gezeter aus den Gedanken.
„Schon gut, ihr kriegt ja noch was.“ Auch das zweite Brötchen wurde von den Enten verspeist und ich musste wieder lachen. Die Kleinen schnatterten wild durcheinander und flitzten über die Wiese. Es war wirklich schön hier. So ruhig, fast wie an der Quelle.
„Julie?“, hörte ich jemanden sagen.
„Mh?“, fragte ich und erschrak erst einen Augenblick später. „Was?“ Ich sah zur Seite. Direkt neben mir stand Henry. Wie war er denn dorthin gekommen? Warum hatte ich ihn nicht bemerkt? Ich starrte ihn mit großen Augen an, da ich kaum glauben konnte, dass er hier war. Und das nachdem ich so komische Gedanken gehabt hatte, über den Kuss und Henry selbst …
Hochrot starrte ich in sein Gesicht und blickte sofort wieder beiseite. War er jetzt eine Katze, oder was? Ich hatte nicht einmal seine Schritte auf dem Kiesweg gehört!
„Ich hatte gehofft, dass du hier bist“, sagte Henry. Er klang ruhig, aber bestimmt, setzte sich dann neben mich und atmete tief durch. Was sollte ich ihm denn bitte darauf antworten? Er hatte gehofft, dass ich hier wäre? Also wollte er mit mir sprechen, nur worüber? Dass er mit Sophie zusammen war, aber wir trotzdem Freunde bleiben könnten? Dass er mich doch nicht liebte? Mein Herz fühlte sich wie ein Nadelkissen an, als ich daran dachte.
„Ich wollte schon früher zu dir kommen, aber das ging ja nicht wegen deines Hausarrests. Es tut mir wirklich leid, dass alles so gekommen ist. Ich möchte dir das gerne erklären, wenn du mich lässt ...“ Ich saß stocksteif da und starrte auf den See vor mir, fütterte die Enten und wäre am liebsten weggelaufen. Doch Henry sprach mit einer so sanften Stimme und es tat mir gut, ihn jetzt bei mir zu haben.
„Danke“, flüsterte ich.
„Ich habe doch noch gar nichts gesagt?“
„Danke für die Spieluhr. Du hast sie doch repariert?“ Ich blinzelte, denn ich spürte schon wieder, dass Tränen in mir aufstiegen. Durch ständiges Blinzeln wollte ich sie unterdrücken, was auch gut funktionierte.
„Ja. Ich hab sie im Müll gefunden. Sie lag ja ganz oben und lugte aus der Tonne heraus“. Ich wusste nicht, ob er lächelte, aber ich stellte es mir vor, da seine Stimme beruhigend auf mich wirkte.
„Was ist mit Sophie?“, fragte ich dann und wünschte mir im nächsten Augenblick, ihn nicht nach ihr gefragt zu haben. „Ihr seid zusammen?“ Wenn ich schon so dumme Fragen stellte, dann wenigstens richtig.
„Wer hat dir das gesagt?“ Henrys Stimme wirkte plötzlich unsicher, so als ob es ihm unangenehm war, mit mir darüber zu sprechen.
„Meine Mutter. Keine Ahnung, woher sie das weiß. Vielleicht hat sie mich auch angelogen.“ Ich zuckte mit den Schultern und warf wieder ein Stück Brötchen zu den Enten. Bald war meine Tüte leer.
Henry brauchte eine Weile, bevor er mir antwortete: „Ja. Es stimmt. Ist das okay für dich?“
„Klar.“ Ich log. Jetzt, wo ich endlich begriffen hatte, wie sehr ich in Henry verliebt war, könnte ich mich selbst ohrfeigen für meine dummen Äußerungen und all die verpassten Chancen.
„Wir haben nicht über dich gelästert ...“
„Doch. Ich stand vor der Tür und habe es gehört.“ Ich drückte die Tüte unwillkürlich zusammen und entspannte meine Hände dann wieder.
„Wir haben über dich gesprochen. Glaub mir, deine Freundinnen haben alles versucht, um mich zu überreden, mich mit dir auszusprechen und zu versöhnen.“ Als er das sagte, sah ich ihn traurig an.
„Das heißt, du willst nicht mehr mit mir befreundet
Weitere Kostenlose Bücher