Herzschlagmelodie - Band 1
wäre wohl besser gewesen, von Vornherein einfach so zu tun, als wären Sophie und ich schon zusammen. Das hätte uns viel Ärger erspart. Aber das ging nicht. Vorher hatte ich mich noch mit Julie vertragen müssen, sonst wäre sie niemals mit ins Wonderland gekommen.
Ich lag nachdenklich in meinem Bett und ignorierte die Anrufe und SMS von Sophie, denn ich wollte jetzt allein sein.
Kapitel 18 – Julie
Heute war Sonntag. Ich befand mich bereits seit acht Tagen in Gefangenschaft. Naja, Hausarrest eben. Meine Mutter klopfte immer mal wieder an meine Zimmertür und wollte mit mir reden, aber dazu hatte ich keine Lust. Die erste Woche war so langsam vergangen, dass ich das dringende Bedürfnis bekommen hatte, wieder zur Schule zu gehen. Es gab nur mich und meine Bücher, denn ich musste das Internetkabel abgeben und meine Sim-Karte aus dem Handy nehmen. So kam ich weder online, noch konnte ich mit jemandem telefonieren. Die meiste Zeit verbrachte ich mit Lesen, Nachdenken und Schlafen. Und damit, mein Magenknurren zu ignorieren.
„Julie?“ Meine Mutter stand mal wieder vor meiner Zimmertür. „Das Abendessen ist fertig. Komm doch bitte runter. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich! Du isst ja kaum noch was.“ Da hatte sie Recht. Mir war der Appetit vergangen. Man behandelte mich hier wie eine Gefangene, wollte aber gleichzeitig, dass ich etwas aß. Nein. Ich empfand es als innere Befriedigung, nichts zu essen. Es war ein kleiner Sieg meinerseits, meinen Eltern zu zeigen, dass ich noch immer selbst bestimmen konnte, was ich tat und was nicht!
Zumindest wurde ich von niemandem belästigt. Weder von Sophie noch von Candra. Henry ließ sich auch nicht blicken. Naja, mein Vater hätte ihn auch gar nicht erst reingelassen.
„Ich bringe dir dann gleich einen Teller rauf, ja?“ Mom konnte noch so freundlich tun, ich wollte nichts essen. Nachts schlich ich mich in die Küche und aß ein paar Kleinigkeiten, aber den ganzen Tag ohne Essen auszukommen, war wirklich hart. Die Waage zeigte bereits zwei Kilo weniger, was mich einerseits freute, andererseits war ich auch beunruhigt, dass es mir nach einer Woche ohne wirkliche Nahrungsaufnahme so gut ging. Es war so ein erhabenes Gefühl, auf Essen verzichten zu können.
„Du könntest mir wenigstens antworten, Julie.“ Meine Mutter klopfte wieder an meine Tür, aber ich legte mich nur auf die Seite und stöpselte mir meine Kopfhörer ins Ohr. Wenigstens hatte ich noch meine Musik und konnte den MP3-Player via Ladekabel aufladen, sonst müsste ich ständig die Stimmen und Fragen meiner Eltern ertragen.
Als ich mich später aus dem Zimmer schleichen wollte, um auf die Toilette zu gehen, sah ich wieder ein Tablett vor der Tür stehen. Darauf fand sich ein Teller mit einem Stück Fleisch, Kartoffeln und Gemüse, dazu ein Glas Saft und ein selbstgemachter Cupcake. Am liebsten hätte ich mich über das Essen hergemacht, aber die Genugtuung wollte ich ihnen nicht geben. Auch wenn es mich schmerzte, mich mit meinen Eltern im Krieg zu befinden.
Die zweite Woche verging und ich hatte inzwischen ganze sechs Kilo abgenommen. Ich fühlte mich schrecklich und total ausgelaugt. Die letzten Tage hatte ich viel geweint. Alles schien mir so unfair zu sein. Was war nur mit meinem Leben passiert? Ich wollte zurück in die Zeit, als noch alles in Ordnung gewesen war. Als ich in Henrys Armen gelegen und ihm seine Fingernägel lackiert hatte. Als wir gemeinsam gelacht und Spaß gehabt hatten und meine Freundinnen im Wohnzimmer gesessen waren und ich geglaubt hatte, dass mein Leben perfekt wäre. Mit tollen Eltern, einem besten Freund und einem Freundeskreis, auf den ich mich hatte verlassen können. Doch jetzt stand ich vor einem Scherbenhaufen. Wie die kleine Meerjungfrau musste ich barfuß über die Glasscherben laufen und spürte dabei schmerzhaft jeden Schritt. Aber da musste ich nun durch. Wenn ich nicht als Meerschaum enden wollte, blieb mir nichts anderes übrig.
Es war Samstagabend, kurz nach sechs, und die zwei Wochen Hausarrest waren endlich vorbei. Als ich in den Flur hinunterging, hörte ich meine Eltern miteinander reden. In den letzten zwei Wochen hatte ich sie kaum gesehen. Mal hatten sie mir im Flur aufgelauert, wenn ich auf der Toilette gewesen war, mal hatten sie mich nachts in der Küche erwischt. Aber ich hatte es die ganzen zwei Wochen vermieden, mit ihnen zu reden. Ich liebte sie doch … und es tat weh, so von ihnen behandelt zu werden und sie
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