Herzschlagmelodie - Band 1
beiläufig und stieg die Treppen hinunter.
Henry und Sophie waren zusammen? Woher wusste meine Mutter denn so was? Ich wusste zwar, dass Sophie ihn sehr mochte, aber Henry war doch in mich verliebt? Oder hatte er sich in den zwei Wochen anders entschieden? Ich schaute noch kurz in der Küche vorbei, ehe ich das Haus verließ. Auf dem Küchentresen stand ein kleines Päckchen, notdürftig mit einem Band verschlossen. Per Post w ar es schon mal nicht abgeschickt worden. Meine Mutter schlich sich an mich heran, aber ich konnte sie hören.
„Wann kam das an?“
„Heute Morgen. Es lag einfach vor der Tür.“
Na, was da wohl drin war? Ich nahm ein Messer und schnitt das Band durch, um es zu öffnen. Als ich den Deckel abnahm, sah ich meine Spieluhr darin. Die kaputte, auf die sich Christian draufgesetzt hatte.
„Ist das nicht deine Spieluhr?“, fragte meine Mutter, die ihren Hals wie eine Giraffe streckte, um in die Schachtel zu blicken.
„Neugierig?“, fragte ich. Ja, ich war noch wütend. Als ich die Spieluhr an mich nahm, sah ich, dass sie jemand liebevoll repariert hatte. Ob sie wohl wieder funktionierte? Ich drehte sie etwas auf und öffnete sie und eine herrliche Melodie erklang. Ja, sie ging wieder! Die kleine Meerjungfrau, mit den rosafarbenen Haaren drehte sich wieder. Nur wer hatte sie repariert? In einem unbeobachteten Moment war ich vor zwei Wochen aus dem Haus geschlichen und hatte sie weggeworfen. Dann konnte nur Henry sie repariert haben. Ich wusste nicht, wie lange ich schweigend vor der Spieluhr stand, aber irgendwann schloss ich sie wieder und legte sie in das Paket zurück.
„Ich bin dann einkaufen!“, sagte ich und verschwand eiligst aus der Küche. Was bitte sollte das?
„Aber sei vor zehn Uhr zurück!“
„ Jaha!“ Ich lief die Stufen vor der Haustür hinunter und ging eilig über die Auffahrt, denn hier war ich in Henrys Blickfeld. Wenn er an seinem Fenster stand, könnte er mich jetzt sehen und ich wollte ihm nicht über den Weg laufen. Bis zum Supermarkt waren es nur sechshundert Meter, aber ich wollte danach noch in den Park gehen, um nachzudenken und etwas anderes zu sehen als meine Zimmerwände.
Im Supermarkt packte ich meinen Einkaufskorb mit allerlei Leckereien voll. So abgemagert gefiel ich mir selbst auch nicht, daher wollte ich jetzt ordentlich zulangen. Es war wirklich lächerlich, meine Eltern auf diese Weise unter Druck setzen zu wollen. Es hatte nämlich nicht funktioniert, so meinen Hausarrest zu verkürzen.
In meinem Korb landeten Pudding, Schokolade, Chips und ein großes Glas Nussnougatcreme, sowie diverse Zeitschriften. Ohne Fernsehen oder Internet wusste ich ja gar nicht mehr, was draußen in der Welt los war. Ob die Queen vielleicht abgedankt hatte, oder ob sonst etwas im Königshaus passiert war. Vielleicht gab es auch eine neue Boyband? Ich fühlte mich wie auf einer Reise in die Zukunft, als ich die Zeitschriftencover studierte und packte mir gleich einen ganzen Stapel verschiedenster Magazine ein.
Nach dem Bezahlen kaufte ich noch ein paar Brötchen und ging in den Park. Ein Jogger kam mir entgegen und eine alte Dame, die ihren Yorkshireterrier Gassi führte. Vögel flogen durch den Park und sangen, einige krächzten. Ein Eichhörnchen flitzte über die Wiese und verschwand in den Büschen. Als ich mich auf die Parkbank setzte und die frische Luft genoss, die nach gemähtem Gras roch, kamen die Enten angelaufen. Das Rascheln meiner Tüte hatte sie wohl angelockt.
„Ja, ich habe euch was mitgebracht“, flüsterte ich und brach ein paar Brocken ab, um sie den Enten zuzuwerfen. Das war jetzt also mein Leben? Tagelang allein auf dem Zimmer hocken und abends ein paar Enten füttern? Das war echt ein beschissenes Leben.
Henry und Sophie waren also zusammen … Ich schloss meine Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Gut, ich wollte das alles ja nicht einmal verhindern, hatte Sophie sogar Tipps gegeben und sie aufgefordert, zu ihm rüberzugehen, damit sie mit ihm reden konnte. Da konnte ich jetzt nicht sauer auf sie sein. Andererseits hatten alle über mich gelästert, um es mal freundlich auszudrücken.
Die Enten beschwerten sich schon mit lautem Gequake, weil ich ihnen nichts mehr zu m Fressen gab. Die kleinen Entenküken waren so schön flauschig und wackelten ihrer Mutter nach, als sie das Brot fraß, das ich ihnen nun wieder zuwarf. Ich musste unweigerlich lächeln, als ich sie betrachtete.
War das von Anfang an Sophies Plan gewesen? Durch mich
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