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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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protestierte Marcy.
    »Es gibt immer ein Etikett«, belehrte Sissy sie und verdrehte gelangweilt ihre braunen Augen.
    »Achtundachtzig Euro«, rief Adeline Minuten später zurück.
    Sissy gab den korrekten Preis in den Computer ein. »Das macht zusammen sechshundertvierundvierzig Euro«, verkündete Sissy Kaugummi kauend. Marcy gab ihr ihre Kreditkarte. »Offenbar ein Problem mit Ihrer Karte«, erklärte Sissy ihr Sekunden später.
    »Was?«
    »Sie wird nicht angenommen.«
    »Das ist unmöglich. Versuchen Sie es noch mal.«
    Sissy zog die Karte gehorsam noch einmal durch das Lesegerät. »Nein. Wieder nichts. Tut mir leid.«
    »Das verstehe ich nicht«, murmelte Marcy, der wieder schwindelig wurde.
    »Hast du vielleicht vergessen, deine letzte Abrechnung zu bezahlen?«, fragte Liam.
    »Nein. Darum kümmert sich Peter. Und er bezahlt immer pünktlich. An dem Punkt ist er regelrecht zwanghaft. Keinen Tag zu früh, keinen Tag zu spät. Er sagt, die Kreditkartenfirma kassiert Zinsen für jeden Tag, den man zu spät bezahlt, aber er will auch nicht, dass sie daran verdient. Also zahlt er immer pünktlich«, sagte sie und spürte, dass ihre Knie weich wurden. Sie begriff auch, dass sie wirr vor sich hin redete, konnte jedoch nicht aufhören, als würde sie allein der Klang ihrer Stimme auf den Beinen halten.
    »Marcy«, fragte Liam, »alles in Ordnung?«
    »Haben Sie noch eine andere Karte?«, fragte Sissy. »Ansonsten muss ich Sie bitten beiseitezutreten. Andere Kunden warten.«
    »Hier«, sagte Liam und gab der Verkäuferin seine Karte. »Nehmen Sie die.«
    »Nein«, protestierte Marcy und versuchte das plötzliche Klingeln in ihren Ohren zu übertönen. Die Glocken der St. Anne’s Shandon Church, dachte sie und staunte über die Wucht des Klanges. »Darum kann ich dich nicht bitten.«
    »Du zahlst es mir zurück, wenn du das geregelt hast.«
    Was geregelt, fragte Marcy sich unter dem lauter werdenden Läuten in ihrem Kopf. Meine Kreditwürdigkeit? Die Suche nach meiner Tochter? Mein Leben?
    »Wenn Sie bitte hier unterschreiben würden«, forderte Sissy Liam auf. Marcy bemerkte, wie die Frau seine Hand streifte, als sie den Beleg über den Tresen schob.
    »Das verstehe ich nicht«, murmelte Marcy, während er unterschrieb. Doch sie verstand es durchaus. Sie verstand es nur allzu gut. Alarmiert von ihren jüngsten Eskapaden hatte Peter ihre Kreditkarten sperren lassen. Das Läuten in ihren Ohren wurde lauter. »Kann nicht irgendjemand die verdammten Glocken abschalten«, rief sie, als das Dröhnen anschwoll und der Raum sich vor ihren Augen zu drehen begann. Im nächsten Moment gaben ihre Knie nach. Das Letzte, was sie sah, bevor sie in Ohnmacht fiel, waren Liams ausgestreckte Arme, der sie auffing, bevor sie auf dem Boden aufschlug.
    Sie wachte auf, weil es klopfte.
    »Wer ist da?« Marcy richtete sich im Bett auf und versuchte, sich zu orientieren. Die Bleiglasfenster und die zart apricotfarbenen Wände verrieten ihr, dass sie in ihrem Zimmer im Hayfield Manor Hotel war. Der Wecker auf dem Nachttisch verkündete, dass es kurz vor sechs war, obwohl sie sich nicht sicher war, ob morgens oder abends. Sie beugte sich vor und sah in der rechten unteren Ecke der Digitalanzeige die Buchstaben PM aufleuchten. Also früher Abend. Was auch den steifen, vage vertraut aussehenden Schlafanzug erklären könnte, den sie trug. Woher kam der? Und sechs Uhr abends schien ziemlich früh, um im Bett zu liegen. War sie krank? Was war mit dem Rest des Tages geschehen?
    »Zimmerservice«, rief eine Stimme vor der Tür.
    Marcy schlüpfte in den weißen Frotteebademantel, der am Fuß des Bettes bereitlag, und tapste zögerlich über den hellbraunen Teppich. Ihre Zehen klammerten sich an den dicken Flor, als würde sie einen steilen Hang hinaufklettern.
    »Wo soll ich servieren?«, fragte ein Mann, als sie die Tür öffnete. Doch ehe sie antworten konnte, schob er auch schon einen Servierwagen in die Mitte des Raumes. Er war etwa dreißig mit rotbraunem Haar, einer langen dünnen Nase und auffallend vollen Lippen. Seine weiße Jacke war mindestens eine Nummer zu groß für ihn.
    »Ich glaube, da muss ein Irrtum vorliegen«, sagte Marcy.
    Der junge Mann beugte sich hastig über den Zettel mit der Bestellung. »Zimmer 211?«
    »Ja, aber …«
    »Steak, medium, mit einer gebackenen Kartoffel, Sour Cream und Möhrenpüree«, sagte er und hob mit solch vollendetem Schwung die silberne Haube von den Tellern, dass Marcy unwillkürlich einen Schritt

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