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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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besser. Und was ist kompliziert?«
    »Was nicht?«
    Nun war es an Liam zu lachen. »Hunger ist unkompliziert«, sagte er. »Ich wette, Sie könnten einen Happen vertragen.«
    »Können Sie mir irgendwas empfehlen?«
    »Ich würde das Tagesgericht nehmen. Kelly, kannst du der Dame einmal das Tagesgericht bringen. Sie sind eingeladen«, fügte er hinzu.
    »Nein, seien Sie nicht albern. Das geht doch nicht.«
    »Schon passiert. Nehmen Sie es als Entschuldigung für meine Unhöflichkeit von vorhin.«
    »Sie waren nicht unhöflich.«
    »Ich war ein bisschen kurz angebunden. Wegen Audrey, wissen Sie.«
    »Wollen Sie sagen, dass Sie sie auf dem Bild doch erkannt haben?«
    Er füllte ihre beiden Becher mit Tee. »Nun, vielleicht war mein Urteil ein wenig übereilt.«
    »Möchten Sie das Bild noch einmal sehen?« Marcy kramte schon in ihrer Handtasche.
    »Trinken Sie Ihren Tee«, wies er sie an und nahm ihr Devons Foto aus der Hand.
    Marcy gehorchte, führte den Becher an die Lippen und trank einen großen Schluck, ohne den Blick von ihm zu wenden. »Und?«
    »Ich nehme an, das könnte Audrey sein.«
    Marcy versuchte ihre wachsende Aufregung mit mehr Tee herunterzuschlucken. »Wissen Sie, wie sie mit Nachnamen heißt?«
    Liam schüttelte den Kopf.
    »Was wissen Sie über sie?«
    »Nicht allzu viel, fürchte ich. Ich hab nur ein paarmal mit ihr gesprochen. Sie ist vor etwa einem Jahr hierhergezogen. Aus irgendeinem Kaff im Westen von London, hat sie gesagt, glaube ich.«
    »Hat sie einen englischen Akzent?« Devon hatte immer ein feines Ohr für Dialekte gehabt, dachte Marcy und erinnerte sich an ihren Auftritt in diversen Schultheateraufführungen.
    »Kann sein. Jedenfalls keinen irischen, aber so genau habe ich nicht darauf geachtet. Sie ist nicht so mein Typ. Ich mag es ein wenig älter.« Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    Flirtete er mit ihr, fragte Marcy sich und verwarf den Gedanken sofort wieder. »Könnten Sie mir einen Gefallen tun? Könnten Sie mich anrufen, wenn Sie sie das nächste Mal sehen? Sofort, meine ich. Und ihr bitte nichts davon sagen, dass ich sie suche?«
    »Könnten Sie mir verraten, warum ich das alles machen soll?«
    »Es ist kompliziert«, sagte Marcy noch einmal. Konnte sie ihm vertrauen?
    »Können Sie mir wenigstens Ihren Namen verraten?«
    »Marcy«, sagte sie nach einer längeren Pause, weil sie entschieden hatte, dass sie irgendjemandem trauen musste. »Marcy Taggart. Ich glaube, dass das Mädchen, das Sie als Audrey kennen in Wirklichkeit meine Tochter Devon ist.«
    In Liams Blick sah sie alle möglichen Fragen, von denen er jedoch keine stellte. Stattdessen zog er einen Stift aus der Tasche seines weißen Hemdes und schob ihn über den Tisch. »Schreiben Sie Ihre Nummer auf die Serviette.«
    Marcy nahm den Stift und stutzte dann. »O Gott, das geht nicht. Ich hab mein Handy weggeworfen.«
    »Sie haben Ihr Handy weggeworfen?«
    »Ja, in den Fluss.«
    »Warum um alles in der Welt haben Sie das getan?«
    »Es ist …«
    »Kompliziert«, beendete Liam den Satz für sie. »Das dachte ich mir schon. Und wie genau soll ich Sie dann erreichen?«
    »Ich wohne im Doyle Cork Inn in der Western Road«, erklärte Marcy ihm.
    Liam nickte, nahm seinen Stift zurück und kritzelte seine eigene Nummer auf die Serviette. »Melden Sie sich ab und zu mal. Das ist vielleicht einfacher.«
    Marcy wäre beinahe in Tränen ausgebrochen. »Das ist sehr nett von Ihnen.«
    »Manchmal müssen wir uns auf die Freundlichkeit von Fremden verlassen«, sagte er mit einem Zwinkern seiner tiefgrünen Augen.
    Marcy erkannte das Zitat aus Tennessee Williams’ Endstation Sehnsucht . Sie hob ihren Becher und stieß mit ihm an. »Auf die Freundlichkeit von Fremden.«
    Liam erwiderte ihr Lächeln überraschend schüchtern. »Darauf, dass Sie Ihre Tochter finden«, sagte er.

KAPITEL ACHT
    Es fing immer gleich an.
    Mit leisen Worten und einer scheinbar einfachen Bitte.
    »Schätzchen, komm leg dich einen Augenblick zu mir«, sagte ihre Mutter vielleicht und lud sie in ihr Bett ein, obwohl es schon fast Mittag war. »Ich weiß, du bist nur ein kleines Mädchen, aber du bist so klug und aufmerksam. Du verstehst so viel. Meinst du, du könntest mir bei einem kleinen Problem helfen?« Oder: »Schätzchen, du weißt, wie viel mir an deiner Meinung liegt. Komm setzt dich aufs Bett und sag mir, welches Kleid ich heute Abend auf die Party anziehen soll – das rote oder das blaue?« Oder: »Marcy, mein kleiner Engel. Ich weiß, dass

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