Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
ihren Knüller des Jahres. Ich bin sicher, die zahlt gut dafür. Bin ich verstanden worden?«
»Vollkommen«, antworte ich matt.
»Gut. Dann bis morgen also.« James knallt sein Glas auf den Tisch und spaziert hinaus.
Ich bleibe zitternd zurück. Seine gemeinen giftigen Worte kreisen in meinem Kopf, immer und immer wieder, bis ich meine, gleich irrsinnig zu werden. Wie konnte ich jemals in einen derart grauenvollen Menschen verliebt sein? Wieso war ich so entsetzlich dumm?
Nun muss endgültig Schluss sein mit dieser Dummheit. James hat mir den nötigen Stoß gegeben, um alles zu klären: mit Ollie, mit Gabriel, mit mir selbst.
James wäre fuchsteufelswild, wenn er wüsste, dass sein Benehmen tatsächlich etwas Gutes für mich bewirkt. Heute ist der letzte Abend, an dem ich Make-up auflege, mir die Haare glätte und als Gabriels Freundin auftrete. Morgen, nach der Party, werde ich den ganzen Schwindel beenden. Ich werde Gabriel die Wahrheit sagen, und James kann ruhig an die Öffentlichkeit gehen mit seiner Geschichte. Wer weiß, vielleicht ist sie Gabriel sogar nützlich. Auf jeden Fall erfährt dann niemand die Wahrheit über ihn.
Ich drücke mir die Handrücken auf die Augen und verkneife mir die Tränen. Ich kann nicht mit roter Nase und verquollenen Augen zur Verleihung erscheinen; das würde sich schlecht machen in der Presse. Außerdem will ich bei Jewells Party nicht wie ein Troll aussehen. Jewell hat einen schönen Abend verdient.
Und selbst wenn Ollie in Nina verliebt ist, will ich so gut wie möglich aussehen.
Träumen darf ich ja schließlich, oder?
19
W a s meinst du?« Maddy dreht sich mit wehenden schwarzen Gewändern im Kreis. Sie glättet ihre rote Perücke und klemmt sich den zappelnden Mufty unter den Arm. »Kann man erkennen, wer ich bin?«
»Dein Mann ist ein bisschen verräterisch«, antworte ich, als Richard, mit strähniger schwarzer Perücke und violetter Sonnenbrille unschwer als Ozzy Osbourne zu identifizieren, munter das Siegeszeichen macht. Ich finde es erstaunlich, dass Richards Lieblingspromis wirklich und wahrhaftig Ozzy und Sharon sind. Wobei Mads schon recht hat mit ihrer Frage, wen ich denn wohl erwartet hätte. Cliff Richard und Thora Hird?
Vermutlich sollte ich inzwischen kapiert haben, dass Menschen häufig nicht so sind, wie sie scheinen. Auf jeden Fall sind Richard und Mads superlieb zu mir, seit der Bischof den Tobenden Theo in den Bibelkartons gefunden hat. Ich habe das natürlich auf meine Kappe genommen und musste mir eine endlose Predigt vom Bischof über Charakterstärke – offenbar etwas, das es nicht in Tüten gibt – anhören. Dafür kriege ich in der Mermaid nun jede Menge Drinks spendiert, und Richard macht mir keine Vorhaltungen mehr von wegen Aufrichtigkeit in Beziehungen.
Da denkt man doch unwillkürlich an das Glashaus und die Steine, oder?
»Vielleicht sollte ich noch mehr Lidschatten auflegen …« Mads kneift die Augen zusammen und betrachtet ihr Spiegelbild. »Bist du fertig mit dem Grün?«
»Fast.« Ich lege noch eine Schicht auf und klappere versuchsweise mit meinen falschen Wimpern. »So, ich glaube, das war’s jetzt.«
Eine ganze Horde drängt sich in Jewells Ankleidezimmer und legt hastig letzte Hand an die Verkleidungen. »Komm als dein Lieblingspromi« war tatsächlich kein Witz; deshalb wimmelt es in dem Haus in Hampstead Heath von Kylies und Robbies, und ich habe sogar einen Darth Vader gesichtet, wobei mir nicht ganz klar ist, ob der als Promi zählt. Meine Eltern, umwabert von ihrer üblichen Cannabiswolke, wandeln als Herman und Lily Munster umher, was bei Mam keinen großen Kostümeinsatz erfordert hat, und meine Schwester Holly sieht als Lauren Bacall ziemlich nach Kampflesbe aus.
Jewell habe ich noch nirgendwo gesichtet, aber sie lässt es bestimmt krachen. Ihre Partys sind immer spektakulär, aber dieses Fest ist bislang der Superlativ, und ich frage mich, wie sie das nächstes Jahr übertreffen will. Im Garten steht ein imposantes Zelt, umkränzt von weißen und rosafarbenen Lichterketten und mit zahllosen weißen Lilien und üppigen rosa Rosenbouquets dekoriert. Auf einem Podium spielt ein Streichquartett, und von schwarz gewandeten Kellnern, die elegant einen Arm hinter dem Rücken halten, werden Unmengen von Champagner ausgeschenkt. Gerüchten zufolge sollen später die Screaming Queens auftreten, die zurzeit total angesagt sind und von vielen Gästen mit Spannung erwartet werden. Frankie, der als Freddy Mercury
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