Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
will zuerst unter die Dusche«, sage ich. Da ich schon mal hier bin, kann ich auch die Gelegenheit nutzen, mich zu säubern, ohne vorher den knopfäugigen Zwicki aus der Wanne entfernen zu müssen. Bilde ich mir das ein, oder schaut er immer besonders interessiert, wenn ich mich entblättere?
»Duschen ohne Zwicki.« Ollie nickt. »Gute Idee. Wir sollten ihn übrigens bald zur Küste bringen. Ich kann es mir nicht länger leisten, ihm ständig Meersalzbäder zu bereiten und Fischfutter zu servieren.«
»Wir sollten vor allem eine Pumpe anschaffen. Es müssen Sauerstoffblasen im Wasser sein. Das haben sie in der Hummerfarm in Padstow auch.«
»Sauerstoffblasen?« Ollie angelt seine Schlüssel aus dem Quiksilver-Rucksack. »Er ist ein Hummer, nicht Joan Collins in ihren Denver-Clan -Zeiten. Je schneller wir ihn ins Meer schaffen, desto besser.«
»Ich geh Maddy bald besuchen«, gelobe ich. »Dann nehme ich Zwicki mit. Und suche mir auch gleich eine Bleibe. Jewell meint, ich kann bei ihr wohnen.«
Ollie späht hinter den Schränken hervor. »Sei doch nicht albern. Du brauchst ewig von Hampstead nach Ealing. Du kannst gerne bei mir wohnen, solange du willst. Du brauchst dich mit dem Auszug nicht zu stressen, Katy.«
Das stimmt nicht ganz, und zwar deshalb, weil Maddy recht hat. Man lebt wirklich nur einmal – sofern man nicht an andere Vorstellungen glaubt. Und außerdem kann ich Ninas nur mühsam verhohlene Genervtheit nicht mehr lange ertragen. Drei sind einer zu viel und so weiter.
Während ich unter der Dusche stehe, sinne ich darüber nach, wie verquer mein Leben momentan ist. Ich befinde mich in einer Art Niemandsland. Kein eigenes Zuhause, kein Partner, keine Zukunftspläne. Ich fühle mich wie ein kleines Boot auf hoher See, bei dunkler Nacht und Wellengang. Sogar Jake und Millandra haben mich verlassen. Sie scheinen den Laptop nicht zu mögen.
Wer meint, dass Laptops eine tolle Erfindung sind, sollte mal pausenlos einen durch die Gegend schleifen. Wayne Lobbs Heft war wesentlich praktischer. Es wog keine gefühlten hundert Kilo und schlug mir auch nicht gegen die Beine, wenn ich zum Bus renne. Aber hey! Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, und wenn ich Bestsellerautorin werden möchte, muss ich mich wohl mit so einem Teil anfreunden. Wie die anderen Kollegen schnalle ich mir jetzt jeden Tag das Teil auf den Rücken wie eine Hightech-Schildkröte und tappe damit durch die Schule. Und in zehn Jahren werde ich dann gemeinsam mit den anderen die Schulbehörde verklagen, weil mein armer alter Rücken schlappmacht.
»Es muss sich was ändern«, sage ich zu mir selbst. »Etwas muss passieren, das mein Leben verändert.«
Und dann passiert auch etwas.
Aber nicht so, wie ich es mir erhofft hatte.
Ich meinte natürlich etwas Gutes, zum Beispiel, viel Geld im Lotto zu gewinnen, Brad Pitt nackt in der Küche vorzufinden oder von einem Verleger Millionen für Das Herz des Banditen geboten zu bekommen.
Mal was Gutes, zur Abwechslung.
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war, einen Knoten in meiner Brust zu entdecken.
Meine Hände tasten die eingeseifte Haut ab, und trotz des warmen Wassers ist mir plötzlich furchtbar kalt. Du bildest dir das ein, sage ich streng zu mir, du bist mal wieder übertrieben dramatisch. Die Brust ist öfter ein bisschen geschwollen, nicht? Und du hast schließlich nur einen kleinen Knubbel gespürt. Wenn du die Hand jetzt wegnimmst, wirst du ihn wahrscheinlich gar nicht mehr finden.
Ich lasse die Hand sinken und zähle zuerst bis fünf und dann sicherheitshalber gleich noch bis zehn. Na gut, sagen wir zwanzig. Dann hebe ich die Hand langsam wieder und betaste mit zugekniffenen Augen die Unterseite meiner rechten Brust. Und spüre das Ding wieder. Ein kleiner harter Knoten, kaum größer als eine Murmel, aber unzweifelbar vorhanden, direkt unter meiner Haut, wo er absolut nicht sein sollte.
»Aaah!«, schreie ich. Der Knoten lässt sich ein wenig hin und her schieben. Immer noch nicht willens, an seine Existenz zu glauben, taste und drücke ich eine Weile an dem Ding herum, bis ich es nicht mehr länger als Einbildung abtun kann.
Ich habe tatsächlich einen Knoten in der rechten Brust.
Mit zitternden Händen drehe ich die Dusche ab und stehe mindestens fünf Minuten tropfnass da. Es ist mir egal, dass meine Haut jetzt aussieht wie die von einem gerupften Truthahn und ich die Glocke zum Schulbeginn schrillen höre.
Wenn ich mir das nur einbilde, werde ich mich nie
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