Herztod: Thriller (German Edition)
ein wenig dick aufgetragen, klang abersehr gut und verfehlte seine Wirkung nicht. Marie Schades Hände begannen zu zittern. Ihr Gesicht war nahezu versteinert. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Das dürfte Ihnen längst klar sein: auf eine seltsame Parallele. Lilly Heinrich hatte was mit Ihrem Mann«, behauptete Hannah. »Und der Unfall, den sie nicht überlebte, ließ einige Fragen offen, wie wir bereits in Erfahrung bringen konnten. Caroline Meisner, seit fast einem Jahr die Geliebte Ihres Mannes, stirbt auf ähnlich grausige Weise, und Sie haben kein Alibi, dafür aber ein sehr, sehr gutes Motiv.«
»Das ist doch Quatsch«, entgegnete Marie Schade, aber kraftvoll klang ihre Stimme nicht.
»Sie sollten ein Geständnis ablegen.«
»Lilly hatte einen Unfall!«, widersprach Schade. »Und mit dem Mord an der anderen Frau habe ich auch nichts zu tun. Außerdem möchte ich jetzt nach Hause.«
»Wir können eine Pause einlegen, wenn Sie möchten, aber die Vernehmung ist noch nicht beendet.«
»Sie können mich nicht ewig hier festhalten.«
»Das ist richtig. Einige Stunden allerdings schon, wie Sie vielleicht wissen. Möchten Sie jetzt einen Anwalt hinzuziehen?«, fragte Hannah.
»Nein.«
Hannah wandte Schaubert das Gesicht zu. »Ich schlage vor, wir warten auf die vorläufige Auswertung der KTU. In der Zwischenzeit befragen wir erneut Oliver Schade und hören uns im Familien- und Freundeskreis von Lilly Heinrich um.«
Marie Schade rührte sich nicht. Erst als eine Beamtin vor ihr stand, um sie aus dem Raum zu führen, zuckte sie zusammen und wich heftig zurück, als die Polizistin Anstalten machte, sie am Arm zu berühren. »Fassen Sie mich nicht an!«, entfuhr es ihr. Sie sprang auf und eilte aus dem Raum.
»Ganz schön dünnhäutig, die Frau Dozentin«, meinte Schaubert, während er ihr nachsah. »Sie haben sie gut aus derReserve gelockt. Irgendwas ist da verdammt faul, aber die Geschichte mit dem russischen Dolch will mir irgendwie nicht in den Kopf.«
Er hat recht, dachte Hannah. Das Bild war zumindest beim jetzigen Kenntnisstand schief. Ein normales Messer oder ein Allerweltsdolch hätte durchaus zur These der rachedurstigen Ehefrau gepasst, die ihren untreuen Gatten bis ins Mark erschüttern will, aber was sollte diese edle Waffe bedeuten? »Vielleicht kann uns der Ehemann weiterhelfen.«
»Ich lasse ihn abholen. Und ich bin gespannt, ob er einer Durchsuchung von PC und Handy ohne Beschluss und ohne Anwalt zustimmt.«
Kommissar Gerd Kuse hatte mit Stefanie Hobrechts Hilfe eine Kommilitonin ausfindig gemacht, die seinerzeit auf der Studienfahrt in Lissabon dabei gewesen war und mittlerweile als Gymnasiallehrerin in Hamburg-Wandsbek unterrichtete, und wartete nun am Schultor auf die Frau. Judith Kramer hieß immer noch Kramer, und Kuse hoffte, dass sie sich in den vergangenen fünf Jahren nicht allzu sehr verändert hatte.
Die Pausenklingel ertönte, kurz darauf verließen die ersten Schüler gruppenweise das Gelände. Kuse hatte sich eine Zigarette angesteckt. Er war froh, ohne Partner unterwegs zu sein. Alleine hatte er meist alles ganz gut im Griff – die Kälte, die seinen Körper auch bei hochsommerlichen Temperaturen immer wieder erfasste, die Angstschübe, die ihn seit zehn Jahren beherrschten, selbst wenn sie ihn tagelang unbehelligt ließen, manchmal zwei Wochen, oder nur winzige Episoden darstellten: ohne Zähneklappern und Herzrasen, ohne die Panik, alles zu verlieren, ohne das übermächtige Bedürfnis, seine Haut zu schützen.
Auch in größeren Polizeigruppen kam er gut klar, weil sich in der Regel niemand auf ihn konzentrierte. Nur mit Partner wurde es manchmal schwierig, weil Kuse sich ständig beobachtet glaubte. Stefanie hatte ihn ermuntert, auf eigene Faust loszuziehen.Die Dünne war feinfühliger und weicher, als man ihr zutraute. Weichheit bei all ihrer Knochigkeit – Kuse lächelte. Glaub niemals dem ersten Blick.
Der Dolch im Herzen erschütterte ihn immer noch, und das lag nicht nur daran, dass er damals eine Messerattacke nur um Haaresbreite überlebt hatte und seitdem daran arbeitete, sein Trauma zu überwinden. Vielleicht würde ihm das nie gelingen. Seine größte Furcht war, bis zum Ende seines Lebens nicht genügend Wärme und Freude, Erfolge und Leichtigkeit zwischen sich und dem Tod angehäuft zu haben, sondern in seiner letzten Stunde wieder in der Gewalt der Angst zu sein. Es sollte Menschen geben, die sich nach solch erschütternden Ereignissen Gott zuwandten und
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