Herztod: Thriller (German Edition)
seit gestern. »Ich kann Ihnen helfen«, sagte er leise.
Er starrte ihn abwartend an. »Aha.«
»Sie werden verfolgt, oder?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Ich bin vom LKA, lassen Sie uns draußen weiterreden. Ich zeige Ihnen dort auch gerne meinen Ausweis. Ich warte fünf Minuten auf Sie.« Damit drehte Kuse sich um und verließden Raum, um draußen im Schatten einer Buche stehen zu bleiben.
Roman Söhler trat drei Minuten später aus dem Gebäude, wobei er sich vorsichtig nach allen Seiten umsah. Sein Gang war staksig.
»Er ist nicht da«, meinte Kuse und zückte seinen Ausweis, als Söhler zwei Schritte vor ihm verharrte, die Arme vor der Brust verschränkte und das Kinn hob.
»Er?«
»Ihr Verfolger. Er hat sich gestern an Ihre Fersen geheftet, als Sie abends einen Spaziergang machten. In der Kneipe war er auch.«
»Und warum …«
»Das erfahren Sie im Präsidium. Mein Wagen steht um die Ecke. Bitte begleiten Sie mich, bevor der Typ hier auftaucht.«
Söhler atmete tief durch. »Sie sind wirklich vom LKA?«
»Bin ich, auch wenn ich auf den ersten Blick nicht so aussehe. Das tun allerdings die wenigsten. Kommen Sie.«
Hannah konnte sich nicht daran erinnern, jemals mit einem Zeugen gesprochen zu haben, der derart erleichtert gewesen war, dass die Polizei den Kontakt zu ihm gesucht hatte. Kuse besorgte dem jungen Mann Kaffee und ein dick belegtes Brötchen, das Söhler innerhalb kürzester Zeit vertilgte, als hätte er seit Tagen nichts Vernünftiges in den Magen bekommen. Schließlich atmete er tief durch und wischte sich seufzend den Mund ab. »Wie sind Sie auf mich gekommen?«, fragte er und blickte von Kuse zu Hannah.
»Wir haben den Typen im Auge behalten, der Sie verfolgt hat«, entgegnete Kuse und legte ihm ein Foto von Michael Folk vor. »Kennen Sie den?«
Söhler musterte das Porträt und schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Sie werden also verfolgt«, hob Hannah an. »Haben Sie eine Ahnung, warum?«
»Ja. Ich vermute, dass es mit dem Gespräch zusammenhängt,das ich vor einiger Zeit während meines FSJ in Sankt Petersburg aufgeschnappt habe.« Er brach ab, als erwartete er Zwischenfragen. »Ich habe dort in einem Kinderheim gearbeitet«, setzte er schließlich seinen Bericht fort. »Um es kurz zu machen: Mir ist aufgefallen, dass zwei Kinder auf höchst merkwürdige Weise in die Adoption vermittelt wurden …«
»Sie müssen es nicht kurz machen. Wir haben Zeit«, unterbrach Hannah und beugte sich vor. Sie war alarmiert. »Was haben Sie aufgeschnappt?«
»Einer der Mitarbeiter des Heims unterhielt sich mit einem Mann, den ich nicht kannte und auch während des Gesprächs nicht gesehen habe, nur die Stimme …«
»Wann war das?«
»Ungefähr Ende Mai, Anfang Juni, ich hatte noch einige Wochen vor mir und war mit Renovierungsarbeiten beschäftigt. Die beiden hatten sich zurückgezogen und wollten ganz offensichtlich nicht, dass ihre Unterredung bemerkt wurde – von niemandem. Sie haben einfach nicht mitbekommen, dass ich nebenan im Bad war. Es ging um Papiere für zwei Kinder zwischen sechs und acht Jahren, die jemand besorgt hatte oder dabei war zu besorgen. Die Namen der Kinder sollten merkwürdigerweise erst nach einem gesundheitlichen Check eingetragen werden. Das hat mich stutzig gemacht. Es war gar nicht die Rede von den Eltern, die sich die Kinder ausgesucht hatten, im Vordergrund stand der Check, dem sich die Auswahl der Kinder anschließen würde, und die Tatsache, dass alles seinen Preis hat.«
Hannah wechselte einen schnellen Blick mit Kuse. Wie es aussah, war dem Kollegen der gleiche Gedanke durch den Kopf geschossen.
»Zwei Kinder?«, fragte sie nach. »Sind Sie sicher?«
»Ja. Mein Russisch war und ist natürlich nicht perfekt, aber ich bin sicher, mich nicht verhört zu haben. Außerdem wurden Anfang Juli dann tatsächlich zwei Jungs abgeholt, Pawel und Jakow, und der Gesundheitscheck hatte eine gute Wochezuvor stattgefunden, wie ich im Nachhinein mitbekam. Als mich der Heimleiter Ende Juli verabschiedete, erhielt ich zufälligerweise die Möglichkeit, einen kurzen Blick in die Mappe mit den Adoptionspapieren zu werfen …« Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf. »Die Sache hat mir keine Ruhe gelassen, und ich habe rasch ein paar Fotos mit dem Handy gemacht.«
Hannah hob die Brauen.
»Einige Zeit nach meiner Rückkehr nach Deutschland, ich hatte gerade mein Zimmer im Studentenwohnheim bezogen, fiel mir beim Fotosortieren auf, dass die angegebenen Vermittlungsadressen
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