Herzüberkopf (German Edition)
geworden, sodass er von der Flugbegleitung einen separaten Sitz, nahe der Toilette erhalten hatte. Am Fenster hatte eine junge Frau gesessen, die ebenfalls sichtlich froh darüber war, dass der mittlere Platz freigeworden war. Ihre Blicke verrieten, dass sie wohl am liebsten etwas über den lästigen Fahrgast gesagt hätte, doch sie hielt sich zurück und Louis wollte nicht auf das Thema eingehen, obgleich er zustimmend genickt hatte, als sie stumm mit eindeutigem Gesichtsausdruck gesprochen hatte. Später erfuhr er von ihr, dass sie aus Basel stammte und noch niemals zuvor in Korfu gewesen war. Diese Information hatte Louis aus einem gewissen Grund herausgefordert. Er hatte den Plan, so bald als nur möglich herauszukriegen, ob jemand, der ortskundig über die Insel war, ihm über die Stichworte: Vatos oder Ermones nähere Angaben machen konnte. Die Dame neben ihm, konnte ihm schlechterdings leider nicht weiterhelfen. Später ebbte das Gespräch ab. Louis versuchte im mitgebrachten Manuskript etwas zu arbeiten und die Nachbarin nickte alsbald ein. Sie döste tief und fest – verschlief die Speisedarreichung vom Bord-Service und lag indessen schräg über den eigenen und den freien Sitz des ausbleibenden Nachbarn ausgestreckt. Als später plötzlich der dicke Mann neben Louis im Flur stand und auf seinen Sitz zielte; jedoch feststellte, dass sein Sitzplatz von der Schlafenden in Beschlag genommen worden war, winkte der Mann ab und gab Louis, der gerade im Begriff war, aufzustehen, um ihn durchzulassen, das Zeichen, dass es unter diesen Umständen schon in Ordnung sei und so zog er sich auf seinen Notsitz von zuvor, in Bord-Küchennähe wieder zurück. Louis war seiner schlummernden Nachbarin wahrhaft dankbar … sie hatte die Situation von Louis und sich selbst durch die Unschuld des Schlafenden gerettet. Dazu allerdings, sei gesagt, dass der Mann mit seiner großzügigen Freigabe des Sitzplatzes durchaus einen angenehmen Charakter gezeigt hatte – es sei lediglich darauf verwiesen, da ss die Umstände seiner Ausdünstungen zum Übel geführt hatten.
Als das Tablett mit dem Geschirr wieder abgeräumt wurde, fiel Louis die Flugbegleiterin auf, die sehr griechisch aussah. Er sprach sie höflich an, mit der Bitte um eine Auskunft; Korfu betreffend. Sie war sehr freundlich bemüht und meinte, dass sie tatsächlich aus Korfu stammte.
„Was für ein Glück“, sagte Louis in englischer Sprache, da sie kein Deutsch verstand. Dann fragte er sie nach dem Club oder Campingplatz Vatos, nach Ermones und wo diese Orte auf der Insel zu finden sein konnten. Sie konnte mit Ermones sofort etwas anfangen, da es eine Region an der Westküste der Insel ist – jedoch den Namen ‚Vatos‘, kannte sie in keinem Zusammenhang; betonte allerdings, dass es durchaus ein Camping-Platz in der Region Ermones sein konnte. Da gäbe es viele Möglichkeiten diesbezüglich, fügte sie hinzu und beschrieb Louis, wo Dassia auf der Insel lag – der Ort, an dem Louis‘ Hotel zu finden war. Dabei stellte Louis fest, dass sein Hotel an der Ostküste der Insel lag, Ermones jedoch, befand sich eindeutig an der Westküste. Also hieß es für Louis zunächst, irgendwie auf die andere Küstenseite der Insel zu kommen. Die hilfsbereite Flugbegleiterin erklärte ihm, dass die Westküste zwar wunderschön sei; es jedoch in jener Region kaum Hotels gäbe und der Tourismus anders strukturiert sei, als entlang der Ostküste. Die Hotels und die perfekt erschlossenen Touristik-Gebiete wären, so ihre Auskunft, allesamt entlang der Ostküste. Auch die Straßenverhältnisse seien im Westen sehr dürftig. Das wachse derzeit, betonte sie stolz – riet Louis aber eindeutig davon ab, auf eigene Faust die Gegend zu erkunden, da die Gefahr, sich zu verirren, sehr groß wäre. Louis nickte zustimmend und dachte sich lediglich, dass sie von ihm ganz bestimmt den Eindruck hatte, er wäre ein Stadtmensch. Er jedoch, hatte keinerlei Bedenken, bezüglich ihrer Warnungen.
Indessen war Louis‘ Nachbarin wieder aufgewacht. Völlig desorientiert sah sie aus wässrigen Augen um sich, befühlte ihren Nacken, der durch die lange Schieflage steif geworden war und fragte in ihrem klassischen Schweizer-Deutsch unsicher, ob sie lange geschlafen habe. Louis verneinte charmant, doch fast gleichzeitig erklang das Signal über den Sitzen, zum Anschnallen, denn der Landeanflug begann.
Die Maschine mit der Flugnummer LX-8752 traf pünktlich um 19.10 Uhr auf dem Flughafen
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