Herzüberkopf (German Edition)
sie zu ihm hin und dieser klitzekleine Augenblick gab Louis all den Mut, mit ihr zu sprechen, denn es war ein freundlicher Blick; offen, etwas zurückhaltend, aber ein warmer Blick. Mit dieser Gestik reichten sie sich die Hände. Sie sprachen über das Wetter, die Sommerzeit, die hier oben meist kurz war und irgendwann fragte sie Louis, wo sein Sohn sei und ob er nicht gerne zum See gehe. Sie sprach davon, dass Lea ihr über Morris berichtet hatte. Louis staunte still und erzählte ihr von seinem Sohn. Noch ehe er sich nach Lea erkundigen konnte, erzählte ihre Mutter ihm, dass Lea sich gemeldet hatte und dass sie sozusagen beinahe heil angekommen war. Auf der Fähre, so erklärte sie, habe Lea sich in der Nacht draußen auf Deck erkältet, weil die Gruppe keine Kabinen gebucht hatte und sich während der Überfahrt irgendwo an Deck aufhalten musste. Lea, so meinte sie, wäre obendrein empfindlich und so wäre der Start zur Insel etwas schwierig verlaufen. Louis schwieg und machte daraufhin ein besorgtes Gesicht, worauf ihre Mutter jedoch rasch reagierte und sagte, dass Lea durchaus hart im Nehmen sei und sicherlich schnell wieder fit sein würde. Das Wetter auf Korfu sei wohl sehr schön. Beide schwiegen einen Moment. Louis dachte darüber nach, ob nicht jetzt die Gelegenheit wäre, das angekündigte Gespräch über … und Louis wusste nicht einmal richtig, über was genau sie mit ihm zu reden gedachte. Louis dachte sich zwar, dass es mit dem Altersunterschied zu tun haben musste, oder weil er eine Ehe hinter sich hatte oder weil er Kinder hatte, die schon größer waren. Er wusste es nicht – war aber bereit, falls sie zu reden wünschte. Doch stattdessen erhob sie sich und meinte, dass sie sich nun zurückziehen müsse – fragte jedoch noch nach seinem Manuskript und wie er denn voran kam und dass Lea ihr einmal kurz darüber erzählt habe; und es eine spannende Geschichte sei. Louis war angenehm berührt. Sie verabschiedeten sich per Händedruck und als Louis zurück zu seinem Platz ging, fühlte es sich gut an. Er war froh darüber, mit Leas Mutter gesprochen zu haben. Ihren Mann hatte er leider verpasst; jedoch hatte Louis diesen Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, tauchte er am oberen Weg wieder auf und schien einen kleinen Spaziergang zu machen. Er war offensichtlich in Gedanken versunken und so beschloss Louis, ihn nicht zu stören. Als Louis seine Sachen packte, um nach Hause aufzubrechen, trafen sie sich zufällig doch noch in der Nähe des Eingangs vom Haus. Nun nahm Louis die Gelegenheit wahr und begrüßte ihn. Er erwiderte mit einem Kopfnicken; nett, freundlich und doch zurückhaltend, bis das Gespräch irgendwie zum Thema ‚Segeln‘ wechselte. Da merkte Louis einen gewissen Glanz in seinen Augen. Sie unterhielten sich über Boote, das Segeln und die Gegebenheiten diesbezüglich am Schluchsee. Als sie sich verabschiedeten, bat Louis darum, der Familie einen Gruß auszurichten. Er nickte und so trennten sie sich. Louis war froh an diesem Tag, an den See gefahren zu sein und glücklich darüber, dass er den Kontakt zu Leas Eltern, seiner Ansicht nach, verbessert hatte.
Am Montag-Nachmittag hatte Louis sein Mountain-Bike geschnappt und fuhr auf dem Waldweg, welcher über einen Bergpass von der anderen Seite her zum See führte. Am Pass selbst stehen eine Blockhütte und ein Brunnen davor, von dem klares frisches Bergwasser plätschert. Jedes Mal hielt Louis dort an, um einige Schlucke von dem herrlichen Wasser zu genießen. Während er beim Brunnen stand und die vielen kleinen Wasserperlen beobachtete, die als Spritzer auf den nahegelegenen Pflänzchen landeten und; gebunden als Kugeln wie aus Glas, aussahen, als kämen sie aus einer außerirdischen Welt, bei der sie es sich noch überlegen mussten, ob sie blieben oder nicht, kam Louis plötzlich ein Gedanke angeflogen, der seinen Geist vollkommen einnahm:
„Eigentlich könnte ich nach Korfu fliegen“, ging ihm durch den Kopf.
„Nein, das könnte auch eine unschöne Überraschung sein; schließlich ist sie mit einer Gruppe unterwegs und sicherlich unternehmen sie ständig etwas, sodass sie nur gestört werden würde. Zudem weiß ich weder eine Adresse von ihr, noch die Region auf der Insel, in der sich die Gruppe aufhält und Korfu kenne ich nicht – also ist das unmöglich. Hinzu kommt, dass ich niemand fragen kann – selbst ihre Eltern nicht … obwohl, … Nein, nein; das käme sicher nicht gut an“. Louis verwarf den
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