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Hesse-ABC

Hesse-ABC

Titel: Hesse-ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Decker
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Von Böcklin hat er eine Reproduktion der
    »Toteninsel« im Koffer. In seiner freien Zeit geht Hesse so oft er
    kann in die Galerie. Hier hat der 1827 in Basel geborene Böcklin
    soeben einen eigenen Saal erhalten, in dem Hesse nun Stunden
    verbringt. Ein »wahrer Augen-, Herz- und Seelentrost«, jubelt er.
    Bald wird es ihm zur Gewohnheit, jeden Sonntag in den »Böck-
    lin«-Saal zu pilgern. Böcklin ist es auch, der eine ganz neue Bil-
    derwelt in ihm eröffnet, die freieste Sinnlichkeit mit
    metaphysischer Strenge zu verbinden vermag. Ein Ideal, dem
    Hesse fortan nachstrebt.
    Noch einmal knüpft sich an Böcklin der Zauber eines Ortes. Im
    Frühjahr 1901, auf seiner ersten Italien-Reise, verbringt Hesse ei-
    nige Wochen in Florenz und steigt regelmäßig hinauf nach Fieso-
    le. Denn dort steht das Haus, in dem Arnold Böcklin zuletzt lebte.
    Kurz vor Hesses Ankunft, am 1. Januar 1901, ist er gestorben.

    Briefe
    Hesse nahm sie ernst, auch wenn sie ihn oft bei der Arbeit störten,
    manchmal ärgerten, wenn sie Beschimpfungen über den feigen
    Vaterlandsflüchtling enthielten, selten freuten, wenn er sich er-
    kannt fühlte. Sein Briefwechsel mit Ninon Dolbin ist eine ebenso
    biographische Fundgrube wie ein exquisites Lesevergnügen. Glei-
    ches gilt für seine rebellischen Jünglingsbriefe, die in »Kindheit
    und Jugend vor Neunzehnhundert« versammelt wurden, und die
    Briefwechsel mit Thomas Mann, Romain Rolland, Peter Suhrkamp
    und Heinrich Wiegand. Über die zunehmende Last, die die tägliche
    Post ihm bedeutet, gibt Hesse, der nicht nur viele Briefe bekommt,
    sondern auch viele Briefe schreibt, 1948 – wo wohl! – in einem
    Brief Auskunft: »Die Lage ist die: ich habe seit gut 2 Jahren eine
    tägliche Briefpost, deren bloßes einmaliges Lesen, noch ohne Be-
    antwortung, einen jungen und gesunden Mann erschöpfen würde,
    es sind jeden Tag zwischen 100 und 500 Briefseiten, je nachdem,
    ein ununterbrochener Strom, der Tag für Tag meine Zimmer, mei-
    ne Augen, meinen Kopf, mein Herz unter sein trübes und oft ät-
    zendes Wasser setzt, der mir eine Welt von Elend, Klage und
    Ratlosigkeit, aber auch von Dummheit und Gemeinheit vorführt
    und mit allen Mitteln, von der einfachen Bitte bis zur Bedrohung
    mich zum Helfen, Stellungnehmen, Geben, Raterteilen auffordert.«
    Schon 1938 hatte er Carl Seelig mitgeteilt: »Den Morgen nimmt
    die Post, dann bin ich mit den Augen fertig, und den größern Teil
    des Jahres sind Gäste und Besucher da, oft mehrere an einem
    Tag, im Sommer bis 8 und 10, und hängt man einen Zettel an die
    Tür und bittet um Schonung, dann bleiben die Feineren weg, und
    die Üblen kommen doch.«

    Brillen
    Auf Fotos scheint Hesse immer dieselbe Brille zu tragen. Weit ge-
    fehlt! Wegen seiner Augenschmerzen probiert er immer neue Bril-
    len aus, doch die Schmerzen bleiben. Nach seinem Tod fand man
    an die hundert Brillen in seinem Schreibtisch.

    Buchkritiken
    Hesse - ein Kritiker? Dieser mitfühlende, mitleidende, sich mitbe-
    geisternde Leser par excellence? Genau das: Nie von außen mit
    fertigen Maßstäben zu kommen, sondern immer das Beste, was
    ein Buch zu geben hat, aus ihm herauslesen zu können, darin zeigt
    sich für Hesse ein vorbildlicher Leser. Und nur ein solcher kann
    dann ja auch zum glaubwürdigen Kritiker werden. Tucholsky
    schreibt, Hesses Buchkritiken fänden in Deutschland kein Gegen-
    stück. Lange hat man ihren Wert nicht recht bemerkt. Denn Hesse
    ist dem Buche gegenüber demütig. Nicht gerade eine verbreitete
    Kritikertugend. Er schweigt über das, was ihm fremd bleibt, was er
    für mißlungen hält. Er meidet das Verdammungsurteil, die Ver-
    nichtungsgeste dem Buch gegenüber. Das Buch ist ihm etwas
    Verehrungswürdiges – der Kritiker sieht sich als dessen erster
    Diener.
    Mehr als dreitausend Buchkritiken veröffentlichte Hesse und hin-
    terließ uns damit einen ganzen geistigen Kosmos – eine Kulturge-
    schichte in Rezensionen. Seine mittlerweile in Buchform
    gesammelten Besprechungen sind einfühlsame Leseerfahrungen,
    nach dem Grundsatz, daß jede Polemik, der man sich zu enthalten
    vermag, uns reicher mache: »... ich fungiere als stellvertretender
    Leser für Millionen.«

    Buddha
    Im Buddhismus gibt es keinen Begriff von Gott. Nur Gotteserle-
    ben. Diesen Vorzug schätzt Hesse. Er macht jegliche Scholastik,
    leeren Streit um Worte, unmöglich. Buddha wird Hesse zum Sym-
    bol des vollkommenen Menschen, der den »göttlichen Funken« in
    sich spürt. Diesem

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