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Hesse-ABC

Hesse-ABC

Titel: Hesse-ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Decker
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Geräte, die per Dampfer
    ankommen. Auch das Messer ist dabei. Aber all die Spaten, Har-
    ken, Sensen und Äxte; sie verschwinden mit den Jahren. Nur das
    kleine handliche Taschenmesser blieb erhalten. Jahrzehntelang.
    Es kamen neue Gärten, in denen das Messer etwas zu schneiden
    fand. Einmal, schreibt Hesse, wäre es beinahe auch der eigene
    Finger gewesen, den dieses einmalige Messer ohne Hemmungen
    von der Hand getrennt hätte, wie sonst die vielen Zweige von Bü-
    schen und Sträuchern. Und auf einmal ist es fort. Das letzte Erin-
    nerungsstück. Der Verlust intensiviert das Erinnern: »Ich dachte
    nicht, daß einmal dies Messer von all meinem schönen jungen
    Besitz, von Haus und Garten, Familie und Heimat das einzige
    Stück sein würde, das noch zu mir gehörte und bei mir blieb.« Das
    Messer wird zum Zeugen eines Irrtums. Daß dann auch das Mes-
    ser selbst eines Tages verschwindet, ist nur konsequent. Nichts
    läßt sich für immer festhalten, hat Hesse in jener Gaienhofener
    Zeit begriffen, als er all das hatte, was nicht zu ihm paßte, obwohl
    er es auf seine Weise liebte: Frau, Kinder, eigenes Haus. Er ging
    auf Reisen nach Südostasien (1911), und als er wiederkehrte, kam
    Bewegung in die erstarrte Idylle: »Aber darüber sprach ich mit
    niemand, daß das Hierbleiben eben seinen Sinn verloren hatte
    und daß mein Traum von Glück und Behagen in diesem Hause ein
    falscher Traum gewesen war und begraben werden mußte.«
    Gelegentlich dachte er beim Anblick des Messers an »Goethes
    vorzügliche Anweisung für sentimentale Selbstmörder, sich den
    Tod nicht allzu bequem zu machen, sondern ihn sich durch He-
    roismus zu verdienen und sich zumindest mit eigener Hand das
    Messer ins Herz zu stoßen. Und das konnte ich so wenig wie Goe-
    the.«
    Was also bleibt nach dem Verlust? Die reine Erinnerung. Und die
    Einsicht, daß Heimat nicht an Gegenden, schon gar nicht an Ge-
    genständen hängt: »Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir
    innen, oder nirgends.«

    Theater
    Der Erfinder des »magischen ↑ Theaters «, in das er den
    ↑ » Steppenwolf « ↑ Harry Haller schickt, geh t selbst höchst ungern ins Theater. In die Oper gelegentlich, wenn auch mit den Jahren
    immer seltener, aber das Theater interessiert ihn überhaupt nicht.
    An Emmy Ball-Hennings schreibt Hesse 1929, ↑ Mozarts Opern seien für ihn der Inbegriff von Theater, »so wie man als Kind, noch
    eh man es gesehen hat, sich ein Theater vorstellt: wie der Himmel,
    mit süßen Klängen, mit Gold und allen Farben«. Und weiter: »Ich
    habe mich für das eigentliche Theater ja niemals interessieren
    können, das heißt für die Schauspieler und die Dramen: ich bin
    niemals freiwillig in ein Schauspiel gegangen, nur wenige Male
    aus Pflicht oder weil Freunde mich mitschleppten. Ich habe weder
    den Hamlet noch den Lear noch den Faust oder Don Carlos oder
    irgendein Stück von Hauptmann usw. jemals auf der Bühne gese-
    hen, ich habe einfach kein Interesse dafür.« Nein, dramatischen
    Instinkt besitzt Hesse nicht, er bleibt seinem Naturell nach Elegi-
    ker, ein fahrender Liedersänger (will auch gar nichts anderes
    sein), jedoch mit zunehmend kulturkritischen Texten.

    Tod
    Am frühen Morgen des 9. August 1962 stirbt Hesse im Schlaf an
    Gehirnbluten. Am Abend vor seinem Tod hatte er noch ein gerade
    beendetes Gedicht auf das Bett seiner Frau Ninon gelegt: »Splitt-
    rig geknickter Ast,/Hangend schon Jahr um/Jahr,/Trocken knarrt er
    im Wind/sein Lied,/Ohne Laub, ohne Rinde/Kahl, fahl, zu lan-
    gen/Lebens,/Zu langen Sterbens müd./Hart klingt und zäh
    sein/Gesang,/Klingt trotzig, doch heim/lieh bang/Noch einen
    Sommer,/Noch einen Winter lang.« Ein Gedicht voll Todesahnung
    und Lebenshoffnung.
    Am Vormittag vor seinem Tod geht er mit Ninon im Wald spazie-
    ren und sammelt etwas Holz für die Gartenfeuer, die anzuzünden
    er so liebt. Wie oft schon rüttelt er auch diesmal wieder am mor-
    schen Ast einer Rubinie. »Der hält noch«, murmelte er dabei. Am
    Nachmittag ist die französische Übersetzerin von »Gertrud« zum
    Tee zu Gast, man spricht über moderne französische Literatur.
    Am Abend hört Hesse, wie Ninon an Siegfried Unseld berichtet,
    im Radio die Klaviersonate Nr. 7 in C-Dur, KV 309, von Mozart. Am
    nächsten Morgen findet sie ihn tot in seinem Bett. Am 11. August
    wird Hermann Hesse auf dem Friedhof von ↑ San Abbondio bei Montagnola beerdigt. Die Grabstelle hatte Hesse 1954 für sich und
    seine Frau gekauft. Der einzige

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