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Heute bin ich blond

Heute bin ich blond

Titel: Heute bin ich blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie van der Stap
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will.«
    »Das kannst du auch. Keine Schmerzen?«
    »Nein.« Ich rapple mich hoch und schaue nach meinem Hubbel. Er ist weg. Willkommen komische Delle an meinem Körper. »Wo ist er?«
    Die Schwester zeigt mir meinen Port. Er sieht ganz anders aus, als ich gedacht habe: weiß und aus Plastik, nicht so Sci-fi-mäßig, wie ich ihn mir vorgestellt habe. »Ich möchte ihn behalten.«

[home]
    Donnerstag, 4. Mai 2006
    »Das ist jetzt blöd, aber das sind echt zu wenig. Man muss ungefähr ein Pfund pro Person rechnen, beim Schälen fällt noch ziemlich was weg.«
    Annabel betrachtet etwas betreten die zwanzig weißen Spargel in ihrer Hand. Die Waage zeigt genau 1,305 Kilo, und das sind nach den Worten ihrer Mutter Eva fünfhundert Gramm zu wenig.
    Es ist wieder Spargelzeit.
    Und ich fahre mir durch die Haare.

[home]
    Freitag, 5. Mai 2006
    Zus krault mir mit ihren weichen Fingerspitzen den Arm, von oben bis ans Handgelenk hinunter und wieder hinauf. Und dann über meine Narbe, wo jetzt eine komische Delle ist. Zwei Stunden lang, bis ich einschlafe. Das macht sie immer, wenn sie bei mir ist. Wir haben uns so eng aneinandergekuschelt, dass wir uns mit der Stirn berühren.

[home]
    Freitag, 12. Mai 2006
    PINK RIBBON steht auf dem rosa Band, das ich mir gerade übers Handgelenk gestreift habe. Bei Scheltema kommen wir auf dem Weg zu den Thrillern und Bestsellern an einem Stapel Kluun vorbei. »Help, ik heb mijn vrouw zwanger gemaakt«, lese ich.
    »Das soll auch gut sein, hab ich gehört, aber ich muss es nicht lesen.« Chan geht schnell zu einem anderen Stapel weiter, einem ohne Schwangerschaften, Eierstöcke und Lätzchen. Wie verdammt einsam muss sie sich fühlen in diesem Raum mit den immer gleichen Geschichten. Geschichten vom Verlieben, Heiraten, Kinderkriegen, Glücklichsein und Älterwerden. Für sie ist das Vergangenheit. Draußen vor dem Pilsvogel trinken wir noch etwas. Ich zupfe an meinem rosa Armband und merke dabei, dass das gelbe Armband fehlt. Wieder mal verloren. Gelb steht bei mir für sehr viel: Marco, Salvatore, Rob und Lance. Rosa steht für Chan, die in einem Körper voller Krebs gefangen ist. Das rosa Armband verliere ich nicht – Kindergröße.
    Chan trinkt Wein, ich trinke Tee. Chan ist ganz braun, ich bin ganz blass, aber sie hat Krebs und ich nicht. Während ich Hähnchenschlegel auf Hähnchenschlegel verdrücke, erzählt sie mir in forschem Ton, dass sie nicht mehr recht weiß, wie es weitergehen soll. Alles hat einen zynischen Beiklang, ob sie nun über Hähnchenschlegel, über Ärzte oder über die Liebe spricht. »Mich macht einfach nichts mehr froh. Ich weiß nicht, was das ist, aber beim Aufwachen hab ich zu nichts Lust.«
    Ich kaue.
    »Alle denken, ich fühl mich sauwohl, weil ich jeden Tag in der Kneipe sitze und laut lache, aber da sitze ich nur, weil ich sonst allein bin.«
    Ich greife zum nächsten Hähnchenschlegel.
    »In zehn Jahren kann ich meinen Arm nicht mehr benutzen, haben die Ärzte gesagt. Wegen der Bestrahlung.«
    »Na ja, zum Glück lebst du dann ja nicht mehr, also hast du kein Problem damit«, sage ich.
    »Wirklich keinen Wein?«, fragt sie.
    »Nein, danke.«
    »Ich hab in letzter Zeit ziemlich oft Kopfschmerzen. Die halten mich nachts sogar wach.«
    »Machst du dir Sorgen deswegen?«
    Sie zuckt die Schultern. »Ich weiß nicht. Diese Woche sind ein paar blöde Sachen passiert.«
    »Was denn?«
    »Gestern stand Ellen bei mir vor der Tür, und als ich ihr aufschließen wollte, wusste ich nicht mehr, wie das geht. Auf dem Klo war’s das Gleiche. Ich wollte spülen, wusste aber nicht, wie.«
    »Das kann dann ganz schön stinken.«
    Chan lacht nicht. Ich auch nicht.
    »Warst du schon bei deiner Ärztin?«
    »Die ist in Urlaub.«
    »Sie hat doch Kollegen.«
    »Ja, schon. Aber ich seh sie ja am Donnerstag, dann frag ich sie.«
    »Das ist noch eine Woche bis dahin, Chan, solltest du nicht vorher zum Arzt?«
    »Ich überleg’s mir noch.«

[home]
    Samstag, 13. Mai 2006
    Es ist Abend, und mein Telefon klingelt. Chan.
    »Hallo, Süße, was machen die Kopfschmerzen?«
    »Viel, ich war den ganzen Tag im Krankenhaus. Heute Nacht war’s ziemlich schlimm. Ich hab David angerufen, und wir sind gleich hierhergefahren. Warten, warten – du kennst das ja.«
    »Und?«
    »Nichts, die machen samstags keine CT s, ich muss bis Montag warten.«
    »Und eine MRT ?«
    Das geht magnetisch, damit werden Aufnahmen vom Kopf gemacht.
    »Ja, das wird’s wohl werden.«
    »Soll ich zu dir

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