Heute Nacht brauche ich Liebe
nachgedacht, wo er die Nacht verbringen sollte: vielleicht in Maudies Hinterzimmer oder im Apartment eines der Männer, der in dieser Nacht arbeiten musste. Er hatte genügend Auswahl, und es war klar, dass Joan ihn hier nicht brauchte - oder nicht wollte. Doch dann kam er an der offenen Tür des Funkraums vorbei und sah sie dort mit offenem Haar sitzen und mit Make-up herumhantieren wie ein Teenager. Der Anblick gefiel ihm. Es kam selten vor, dass Joan etwas Albernes tat. Und ihr offenes Haar erinnerte ihn an gewisse Stunden.
Della mochte zwar ein wenig ungeschliffen sein und war nicht gerade für ihr Einfühlungsvermögen bekannt, doch sie konnte überraschend taktvoll sein, wenn die Situation es erforderte. Während Joan aufsprang und nach einem Taschentuch suchte, mit dem sie sich das Make-up abwischen konnte, begann Della ihre Kosmetikutensilien einzupacken. „Es ist wohl besser, wenn ich gehe", sagte sie. „Ich komme sowieso schon zu spät zur Arbeit.”
„Ja”, stimmte Joan zu, während sie den Lippenstift abwischte. „Maudie wartet schon auf dich.
„Pass auf, wenn du die Straße überquerst”, rief Red ihr hinterher. Es bläst ein ziemlich starker Wind."
Della lächelte ihn noch einmal an, dann verschwand sie.
„Mit Make-up hast du mir nie gefallen”, bemerkte Red, als Joan das Taschentuch in den Abfall warf.
„Und mich hat es nie gekümmert, was dir gefallen hat.” Sie fand ein Gummi und band damit ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen.
„Das habe ich bemerkt.”
Red setzte sich auf die Schreibtischkante und trank seinen Kaffee.
„Und, bist du fertig mit mir?” fragte er, wobei seine Augen spöttisch aufblitzten.
Joan blickte auf. Sein Gesicht war gerade zehn Zentimeter von ihrem entfernt. Und seine Augenschienen noch näher zu sein. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sein Hemd nach ihrem überraschenden Beisammensein im Vorratsraum in die Hose zu stecken. Schnell wandte sie den Blick ab, um bei der Erinnerung an diesen Vorfall nicht zu erröten.
Früher war Red tagelang so herumgelaufen. Sie hatte das sexy gefunden und tat es jetzt immer noch.
„Was willst du hier?” fragte sie abrupt.
„Gilly sagte, du würdest hier allein nach dem Rechten sehen.”
„Ich hätte mich genauer ausdrücken sollen, als ich ihn bat, mir jemanden herüber zuschicken."
„Sonst bist du doch nicht so unvorsichtig. Du musst mit deinen Gedanken woanders gewesen sein.”
Joan presste die Lippen aufeinander, um nicht eine abfällige Antwort zugeben. Sie wollte auf keinen Fall einen Streit heraufbeschwören. Geschäftig begann sie, die Papiere zusammenzulegen, die Della durcheinander gebracht hatte.
„Ich habe dir ein paar Decken mitgebracht", erzählte Red weiter, „und ein paar Dosen Eintopf, nicht zu vergessen den Sechserpack Bier. Wenn du sonst noch etwas möchtest, musst du es dir selbst holen.”
Einen Augenblick lang machte sie schweigend weiter. Sie mochte es nicht, wenn er sich so um sie kümmerte. Natürlich war es dumm von ihr, nicht selbst an die Vorräte gedacht zu haben. Jedem anderen wäre sie dankbar dafür gewesen, aber Red nicht.
„Wie weitsichtig”, bemerkte sie schließlich spöttisch. „Ein Sechserpack Bier ist gerade das, was wir heute Nacht brauchen.”
Red zuckte die Schultern. „Wie ich schon sagte, wenn du etwas anderes willst, musst du es dir selbst holen.”
Eine schwere Böe rüttelte an den Jalousien vor den Fenstern und gleich darauf die nächste, begleitet von dem unablässigen Heulen des Windes. Joan erschauderte. Sie hasste dieses Geräusch. Es kündigte an, dass der Sturm Adinorack erreicht hatte.
Besorgt warf sie einen Blick auf die Eingangstür. „Wie sieht es draußen aus?"
„Wie bei einem typischen Frühjahrssturm. Es fängt gerade zu schneien an.”
„Ich hätte die Männer nicht gehen lassen dürfen. Sie werden dort drüben festsitzen."
„Es ist nicht das erste Mal, dass sie ein derartiges Unwetter erleben. Sie wissen Bescheid und werden rechtzeitig zurück sein."
Red ging zum Fenster und drehte an der Kurbel, um die Jalousie etwas anzuheben. Geradewegs gegenüber stand die Flugzeughalle, ein Überbleibsel des ehemaligen Militärpostens. „Die Flugzeughalle steht seit zwanzig Jahren”, entgegnete Joan ungeduldig. „Sie wird auch jetzt, wo dein Flugzeug darin steht, nicht vom Sturm weg gefegt werden.”
„Bei soviel Glück, wie ich heute habe, könnte das gut möglich sein.”
Joan hielt es für das Beste, nicht darauf zu
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