Heute Nacht brauche ich Liebe
schmerzverzerrtem Gesicht lag er auf dem Sofa ihr gegenüber, mit mehreren Decken zugedeckt. Die Medikamente, die Gilly ihm verabreicht hatte, schienen nicht viel zu helfen. Unruhig warf er den Kopf hin und her und murmelte unverständliche Worte vor sich hin.
„Es geht ihm ziemlich schlecht, nicht wahr?” fragte Della leise. Joan konnte nur nicken.
„Ich habe ihn von Anfang an gemocht. Er ist ein wenig seltsam, wie ihr alle, aber süß.”
Wieder ließ eine Sturmböe das Gebäude erzittern. Joan schüttelte sich wie im Krampf. „Wie ich diesen Ort hasse”, stieß sie hervor.
Della trank einen weiteren Schluck. „Ich kann mir auch einen schöneren Aufenthaltsort vorstellen”, gestand sie.
Joan lächelte sie an. „Was hat dich überhaupt hierher verschlagen?”
„Ein Mann, was sonst.” Della zuckte mit den Schultern. „Er hat mir das Blaue vom Himmel versprochen. Dann hat er mich in diese Eiswüste gebracht und mich dann sitzen lassen. So ist das Leben.”
„Hast du nie daran gedacht, nach Hause zurückzugehen?” Plötzlich fiel Joan ein, dass sie nicht einmal wusste, woher Della kam, obwohl sie seit zwei Jahren befreundet waren. Über die Vergangenheit schien hier keiner zu reden.
„Ein oder zweimal kam mir das in den Sinn”, antwortete Della. „Es ist schon komisch, aber wenn man erst eine Weile hier ist, scheint man sich an alles zu gewöhnen. Verstehst du, was ich meine?”
Joan ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, bis sie Red sah, der einem Mann, dessen Arm in einer Schlinge lag, eine Flasche Brandy reichte. „Ja, ich glaube schon”, murmelte sie vor sich hin. Dann lächelte sie Della an und legte beruhigend die Hand auf ihr Knie. „Du bleibst einfach hier sitzen und ruhst dich aus. Aber versuche, wach zu bleiben. Und ruf mich, wenn du etwas brauchst.”
Della grinste. „Was ich brauche, kannst du mir nicht geben.” Offensichtlich war sie schon fast wieder ganz die alte.
Lachend stand Joan auf. Sie war kaum zwei Schritte gegangen, als sie in der linken Wade einen Muskelkrampf bekam. Vor Schmerz schrie sie auf und stützte sich an der Wand ab.
„Was hast du?” rief Della bestürzt.
„Es ist nichts weiter”, versicherte Joan ihr, obwohl das gelogen war. „Ich habe nur einen Muskelkrampf. So etwas Dummes."
„In der Tat”, meinte Red, der plötzlich neben ihr stand. Er umfasste ihre Taille. „Setz dich”, forderte er sie auf und kniete sich vor ihren ausgestreckten Beinen auf den Boden. Dann begann er, kräftig den Wadenmuskel zu massieren.
Joan stöhnte vor Schmerz auf und versuchte, seine Hände wegzustoßen. „Hör auf! Das tut weh.”
„Das soll es ja auch”, entgegnete er nur und fuhr mit der Behandlung fort.
Joan antwortete nicht sondern presste die Lippen fest aufeinander, um nicht in Tränen auszubrechen. Es war weniger der Schmerz als der Zorn über dieses läppische Missgeschick, der sie zum Weinen brachte.
Red zog ihr den Schneestiefel aus. Seine Finger glitten in ihr Hosenbein, wo er nackte Haut spürte. „Das geschieht dir ganz recht”, stellte er triumphierend fest. „Wo ist deine Thermounterwäsche?”
„Die habe ich bereits weggeworfen.”
Erneut stöhnte sie auf und schlug wütend nach seiner Hand. „Und wo ist deine?"
Seine Augen blitzten auf. „Ich habe sie an. Hast du das nicht bemerkt?” Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre ihr seine Bemerkung peinlich gewesen und sie hätte ihn verflucht, weil er sie so ungeniert an ihr deines Abenteuer in Maudies Vorratsraum erinnerte. Doch gerade in diesem Augenblick fanden seine Finger die schmerzhafte Stelle, und Joan musste sich sehr zusammennehmen, um nicht laut aufzuschreien.
„Soll ich dir ein angewärmtes Handtuch holen?” fragte er nach einer Weile.
„Nein.” Joan atmete tief durch. „Es ist schon etwas besser.”
Red fuhr fort, ihre Wade mit festen, gezielten Handgriffen zu massieren. „Du solltest dich schämen, bei diesem Wetter ohne die vorschriftsmäßige Kleidung hinauszugehen. Der General wäre enttäuscht."
„Der General wäre in vielerlei Hinsicht enttäuscht”‚ gab sie zurück und schloss erleichtert die Augen, als sich der Muskel langsam entkrampfte. Es blieb ein dumpfer Schmerz, den Reds Finger mit gekonnten Bewegungen zu lindern vermochten.
„Was ist mit deinen Füßen?” Er zog ihr die Wollsocken aus. „Wie ein Eiszapfen.” Er nahm ihren Fuß zwischen beide Hände und rieb die Zehen. „Ich kenne keine Frau, die so kalte Füße hat wie du.”
Einem
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