Heute schon geträumt
nicht, wie ich es sagen soll, aber ich kann nicht -«
»Oh, sag es nicht«, unterbricht er mich und verzieht das Gesicht. »Du hast gleich Yoga.«
Ich schlucke. »Nein, ich habe kein Yoga.«
»Bestimmt kannst du den Termin verschieben, oder? Das ist sehr wichtig.« Er widmet sich wieder seinem Frühstück.
»Miles, du hörst mir nicht zu«, blaffe ich, bekomme jedoch augenblicklich Schuldgefühle.
Er sieht mich verblüfft an.
Ich zögere. Jetzt oder nie. Ich muss es sagen. »Es geht um uns.«
Da. Ich habe es gesagt.
Erstaunt mustert er mich einen Moment lang, sucht in meinen Augen nach einem Hinweis, dann nickt er. »Oh, ich weiß, worum es geht.«
Ein Funke Optimismus flackert in mir auf. Vielleicht empfindet er ja genauso wie ich.
»Es geht um gestern Abend, stimmt’s?«, fährt er unbehaglich fort. »Darum, dass ich auf dem Sofa eingeschlafen bin.«
Ich starre ihn ausdruckslos an.
»Wir hatten keinen Sex, obwohl es dein Geburtstag war.«
Oh Gott, er liegt völlig daneben. So daneben, dass ich nicht weiß, was ich darauf erwidern soll.
»Na ja, wir könnten es jetzt tun, wenn du Lust hast.« Er legt seinen Löffel beiseite und steht auf. »Wir müssen erst um zehn die Schlüssel abholen, das heißt, wir haben genug Zeit.«
Ich sehe ihn an, wie er da steht, in meinem Morgenmantel, während seine restlichen Weetabix in der Schüssel pampig werden, und wundersamerweise weckt dieser Anblick nicht gerade die Leidenschaft in mir. Sein Vorschlag, mit mir zu schlafen, ist von einer Sachlichkeit, als hätte er sich angeboten, den Müll rauszubringen.
»Miles, es geht nicht um gestern Abend, und auch nicht um Sex«, erkläre ich. »Es geht um uns. Um mich, um das Haus, um alles …« Hilflos rudere ich mit den Armen.
Miles sieht mich verständnislos an. Ich wünsche inbrünstig, er möge begreifen, den Satz für mich zu Ende bringen, spüren, was ich gleich sagen werde, aber diese Hoffnung ist wohl vergebens …
»Ich will dieses Haus nicht kaufen«, platze ich schließlich heraus.
Er starrt mich völlig verdattert an. »Wieso nicht? Was ist verkehrt an dem Haus?«
»An dem Haus ist gar nichts verkehrt«, erwidere ich schnell. »Es ist perfekt. Ein perfektes Haus.«
»Eben.« Seine anfängliche Verblüffung ist aufrichtiger Verärgerung gewichen. »Charlotte, mir ist klar, dass du nervös bist, aber das ist doch lächerlich. Was ist denn in dich gefahren?«
»Nichts, es ist nur …« Ich starre auf den Boden. »Miles, ich kann das einfach nicht. Ich kann nicht mit dir dort einziehen.«
Da. Endlich habe ich es gesagt.
Schweigen. Ich hebe den Kopf. Sehe, dass er mich fassungslos anstarrt. Dann wird seine Miene stählern. »Kannst nicht oder willst nicht?«
Ich schlucke. »Miles, ich mache das doch nicht mit Absicht. Du bist ein wunderbarer Mensch. Es liegt an mir, nicht an dir. Ich habe schon eine ganze Weile Zweifel, und mir war nie klar …« Gott, ich mache alles kaputt. Ich hole tief Luft. »Aber jetzt ist es mir eben klar geworden, und es wäre keinem von uns beiden gegenüber fair, wenn wir so weitermachen.«
»Du hast einen anderen Mann kennen gelernt, stimmt’s?«, fragt er vorwurfsvoll.
Jede Faser in meinem Körper scheint mit einem Mal zum Zerreißen gespannt. »Nein, natürlich nicht!«, protestiere ich hastig.
»Doch, hast du«, beharrt er. »Ich hab’s gewusst. Du benimmst dich schon seit Tagen so komisch. Anders. Seit ich aus Leeds zurück bin. Also, raus damit, wer ist es?«
»Niemand.«
Oh Gott, wieso stellt er mir all diese Fragen? Und wieso habe ich ein schlechtes Gewissen?, frage ich mich, während mir Olly wieder in den Sinn kommt.
»Sag mir, wer es ist, damit ich ihm eins auf die Schnauze hauen kann.« Er ballt eine Faust und reckt sie drohend. Das Problem ist nur, dass Miles niemals ernsthaft bedrohlich wirken kann. Schon gar nicht in meinem cremefarbenen Bademantel.
»Miles!«, stoße ich aufgebracht hervor, als mir bewusst wird, dass dieses Gespräch völlig zu entgleisen droht. Verdammt, das hatte ich nicht gewollt. »Es gibt niemand anderen, darum geht es nicht. Es geht um mich.«
Er entspannt sich ein wenig und schiebt seine Hand in die Tasche meines Morgenrocks. »Ich bin sicher, wir finden eine Lösung, Charlotte. Das tun wir doch immer«, sagt er schließlich.
Er hat Recht.Wenn es zwischen uns Meinungsverschiedenheiten gibt, streiten wir uns deswegen nicht, sondern finden eine Lösung dafür. Aber diese Lösung geht üblicherweise mit einem Kompromiss einher.
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