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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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unbehaglich. »Ich war völlig platt.« Demonstrativ recke ich mich und tue so, als müsste ich herzhaft gähnen. Und ich tue nicht nur so, denn wenn ich ehrlich sein soll, bin ich ziemlich müde.
    »Soll ich dir beim Kaffee helfen?« Miles, der meine vermeintliche Müdigkeit falsch interpretiert, macht Anstalten, aufzustehen.
    »Nein, nein«, wiegle ich eilig ab. »Bleib ruhig liegen. Ich mache das schon.«
    »Hmm, ich glaube, es wird mir gefallen, mit dir zusammenzuleben«,  sagt er und kriecht mit einem zufriedenen Grinsen wieder unter die Decke.
    Ich gehe in die Küche, gebe Espressobohnen in die elektrische Mühle und werfe sie an. Pause. Die Espressokanne an die Brust gedrückt, stehe ich gegen die Arbeitsplatte gelehnt da, während meine Gedanken zumVorabend zurückkehren.
    Mein Geburtstagsessen, Miles und der Champagner,Vanessa und Julian, Lottie und der Club, Olly, der Barkeeper … Bei der Erinnerung an ihn spüre ich ein kurzes Ziehen in der Magengegend, und etwas flackert in meinem Innern auf. Erregung, Angst? Ich weiß es nicht. Bei der Erinnerung an unsere Wortwechsel meldet sich dieses warme Ziehen, das über mein Rückgrat bis in die Lenden schießt, jedoch abrupt endet, als sich das Bild des Barkeepers aus dem Gastropub vor mein geistiges Auge schiebt - provozierend, nervtötend, angriffslustig. Und ein und derselbe Mann. Gott, es ist alles so verwirrend.
    »Da bist du ja!«
    Ich fahre herum und sehe Miles im Türrahmen stehen. Er trägt meinen Morgenmantel, der ihm viel zu klein ist, so dass seine blassen Arme und Beine aus dem beigen Waffelpikeestoff ragen - ein ziemlich alberner Anblick.
    »Ich habe mich gefragt, was aus dem Kaffee geworden ist.«
    In diesem Moment fällt mir auf, dass die Kaffeemühle noch immer läuft. Eilig schalte ich sie aus.
    »Ich dachte, wir könnten nach dem Kaffee ja zu einer zweiten Besichtigung zum Haus fahren.« Er holt seine Schachtel mit den Weetabix-Zerealien, die einen festen Platz in meiner Küche haben. Er isst sie seit seiner Kindheit und kann sie sich offenbar nicht abgewöhnen. Und will es auch gar nicht. Noch nie habe ich jemanden gesehen, der mit einer solchen Begeisterung Zucker auf seine Weetabix streut und behutsam mit dem Löffelrücken festdrückt, ehe  er die Milch darum herumgießt (»Wie bei einem Burggraben«, erklärte er mir einmal), sorgsam darauf bedacht, dass sie nicht über die Riegel läuft und sie matschig macht, und sie dann mit einer Präzision verputzt, die man von einem Gehirnchirurgen erwarten würde.
    »Wir müssen uns beeilen. Ich habe einen Termin ausgemacht, damit wir uns die Schlüssel abholen können.«
    »Äh … ja. Klar.« Ich nicke, während sich das vertraute Flattern meiner Nerven einstellt.
    Ich wende mich wieder der Espressokanne zu und massiere mir geistesabwesend die Ohren. Sie jucken immer noch. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, merke ich, dass sie ziemlich schmerzen. Ich beuge mich über den Toaster aus rostfreiem Stahl und weiche entsetzt zurück. Meine Ohren sind leuchtend rot und entzündet, und über den gesamten Hals zieht sich ein hässlicher Ausschlag. Oh Gott, es muss an den Perlenohrringen liegen. Bestimmt reagiere ich allergisch auf sie.
    Und mit einem Mal habe ich das Gefühl, als seien sie ein Zeichen. Ein Zeichen, dass etwas nicht richtig ist. Der Kauf dieses Hauses. Zusammenzuziehen. Ich und Miles. Angst durchzuckt mich. Erkenntnis. Es ist, als hätte jemand die Tür zu einem Teil meines Innern aufgeschlossen, die zu öffnen ich mich zu sehr gefürchtet habe, weil ich genau weiß, was mich auf der anderen Seite erwartet.
    Ich liebe Miles nicht.
    Sobald der Gedanke in meinem Kopf Gestalt annimmt, wird mir klar, dass er länger dort ist, als ich gedacht habe. Ich habe ihn nur beiseitegeschoben, ihn nicht beachtet, so getan, als existiere er nicht, habe versucht, mir einzureden, dass wir füreinander geschaffen sind und er der Richtige für mich ist. Und erst jetzt kann ich es vor mir selbst zugeben.
    Und ich muss es Miles sagen.
    Wie auf Kommando beginnt mein Herz wie verrückt zu klopfen. Ich wende mich zu ihm um. Er sitzt auf dem Hocker am Küchentresen und zerteilt ein Weetabix mit dem Löffel, während er weiterredet.
    »Wir müssen eine Menge Dinge klären. Zum Beispiel, ob sie die Rollos und Vorhänge dranlassen.Wenn nicht, müssen wir welche bestellen, was mindestens vier bis sechs Wochen dauern kann.«
    Ich muss es ihm sagen. Ich hole tief Luft. Nehme all meinen Mut zusammen. »Miles, ich weiß

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