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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Tür, und ich folge ihm in den Laden. Als ich über die Türschwelle trete, ist es, als überquerte ich eine Grenzlinie. Ich habe eine Entscheidung getroffen. Das Beängstigende daran ist jedoch, dass Larry Goldstein in einem Punkt Recht hatte. Zwischen ihm und mir besteht tatsächlich eine bemerkenswerte Ähnlichkeit. Im Laden werden wir bereits von einem Star-Smile-Designerteam erwartet, und die nächsten Minuten bemühe ich mich nach Kräften, mich hinter Larry Goldstein zu verstecken, der im Laden umherstolziert, als gehöre er ihm bereits.Was wahrscheinlich der Fall ist.
    »Wir werden die Fenster herausreißen und sie durch ein qualitativ hochwertiges Panoramaschaufenster ersetzen …«, erklärt der Designmensch gerade.
    Empört betrachte ich die Fenster. Sie sind wunderschön. Alte Bogenfenster, die seit einer Ewigkeit hier sind und den Räumen Charakter geben. Man kann sie nicht einfach herausreißen - das wäre eine Todsünde.
    »Außerdem installieren wir Plasmafernseher und verlegen Betonböden …«
    Als er fortfährt, regt sich ein Beschützerinstinkt in mir. Es mag ja alles sehr trendy und supercool sein, und am Ende wird es bestimmt atemberaubend aussehen, aber nicht hier. Nicht in diesem Laden.
    »Dann reißen wir das alte Bücherregal heraus, so dass wir eine offene, loftartige Fläche bekommen …«
    Aus dem Augenwinkel kann ich Olivers Großvater sehen, der vom Hinterzimmer aus zuhört. Ich habe mein Haar hochgesteckt und trage noch immer meine Sonnenbrille, so dass ich wohl kaum Ähnlichkeit mit dem Mädchen vom Samstag  habe und er mich offensichtlich nicht wiedererkennt, obwohl ich bereits seit einer Viertelstunde hier stehe. Gott sei Dank, denke ich beim Anblick seiner niedergeschlagenen Miene, die zu einem guten Teil auf mein Konto geht.
    »Absolut«, erklärt Larry Goldstein. »Auch wenn es im Moment nur sehr schwer vorstellbar ist. Ich meine, dieser Laden ist derart dunkel, eng und vollgemüllt …«
    Er redet, als wäre Olivers Großvater gar nicht da. Merkt er denn nicht, wie verletzend seine Worte sind? Wieder meldet sich mein Beschützerinstinkt. Dieser alte Herr hat über sechzig Jahre seines Lebens hier verbracht. Er liebt seinen Laden über alles. Es muss sein, als reiße ihm jemand bei lebendigem Leib das Herz heraus.
    »Und Sie haben natürlich völlig Recht. Diese Bücherregale sind eine Beleidigung fürs Auge.«
    »Diese Bücherregale stammen aus der Wende zum 20. Jahrhundert«, meldet sich Olivers Großvater in diesem Moment zu Wort.
    »Ach ja?« Larry Goldstein scheint nicht im Mindesten beeindruckt zu sein. »Tja, dann wird es höchste Zeit für eine kleine Verjüngungskur, was?« Er lacht. »Nach über hundert Jahren. Ich habe an frei schwebende Acrylregale gedacht, die von der Decke hängen.« Er wendet sich dem Designmenschen zu, als sei Olivers Großvater gar nicht vorhanden.
    Ich sehe zu Olivers Großvater hinüber, der Larry Goldstein von oben bis unten mustert, offenbar in dem Versuch, eine Einschätzung von ihm zu bekommen.
    Währenddessen drücke ich mich im hinteren Teil des Ladens herum, sorgsam darauf bedacht, den Kopf gesenkt zu halten.
    »Und was denken Sie …«
    Bitte, lieber Gott, mach, dass er nicht meinen Namen sagt. Bitte.
    »… Charlene?«
    Zum ersten Mal bin ich froh, dass er mich nicht mit meinem richtigen Namen anspricht. Es gibt also doch einen Gott.
    »Hm … äh … wunderbar.« Ich nicke vage, während ich versuche, hinter einer hohen Standuhr abzutauchen.
    »Keine anderenVorschläge? Zum Dekor? Zu den Farben? Dem Design?« Larry sieht mich erwartungsvoll an.
    Ich schlucke. »Tja, natürlich habe ich tausend Ideen im Kopf. Der Laden ist wie eine weiße Leinwand«, lasse ich meine bewährte PR-Floskel vom Stapel. »Und ich meine, wir sollten hier etwas Klares, Modernes und absolut Organisches schaffen« - ich sehe kurz zu Olivers Großvater hinüber, der mich argwöhnisch mustert -, »aber ich bin sicher, Ihr Team hat jede Menge Ideen hierzu, und schließlich sind sie die Experten auf diesem Gebiet«, ende ich eilig.
    Verdammt, ich muss hier raus.
    »Entschuldigen Sie, Miss«, sagt Olivers Großvater in diesem Moment.
    Ich versuche, ihn nicht zu beachten, aber das geht nicht. »Äh, ja?« Ich neige den Kopf und wende mich zu ihm um.
    »Kenne ich Sie nicht von irgendwoher? Ihr Gesicht kommt mir so bekannt vor.«
    »Nein, definitiv nicht«, wiegle ich hastig ab. »Hundertprozentig nicht. Ich war noch nie hier drin. Nie in meinem Leben.« Ich bemerke,

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