Heute schon geträumt
als wäre ich nicht vorhanden. »Lust, mitzukommen?«
Mein Herz beginnt zu hämmern. Das ist der entscheidende Moment.
»Und?« Er stemmt die Hand in die Hüfte. »Wie sieht’s aus?«
Nein! Sag Nein!
»Äh …« Lottie wirft mir einen unsicheren Blick zu. Ich spüre, wie sie schwankt. Auf der einen Seite hat sie meine Stimme im Kopf, die ihr rät, sich von ihm fernzuhalten, auf der anderen sagt ihr Unterleib ganz laut Ja.
»Ich fühle mich nicht besonders«, platze ich heraus.
Tja, ich kann doch nicht zulassen, dass der Unterleib einer 21-Jährigen irgendwelche Entscheidungen trifft, oder?
»Mir ist ein bisschen schlecht. Ich glaube, ich muss aufs Klo.«
Lottie sieht mich besorgt an. »Soll ich mitkommen?«
»Wenn es dir nichts ausmacht?« Ich nicke schwach.
Na schön, ich habe ein etwas schlechtes Gewissen, weil ich geflunkert habe, aber wie gesagt - es geschieht zu meinem eigenen Besten.
»Tut mir leid.« Lottie legt mir den Arm um die Schultern und wendet sich Billy zu. »Aber nein, danke.«
»Kein Problem. Vielleicht ein andermal.« Er zuckt die Achseln und verzieht sich.
Ich sehe ihm nach und kann mir ein kleines, triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
Kapitel 20
Prima. Der erste Punkt auf meiner Liste, den ich streichen kann.
Am nächsten Morgen sitze ich am Schreibtisch, streiche das zerknitterte Blatt Papier mit meinen Ratschlägen glatt und zücke einen dicken schwarzen Filzstift.
Ein tiefes Gefühl der Befriedigung durchströmt mich. Der gestrige Abend war ein durchschlagender Erfolg. Nachdem Billy verschwunden war, vollzog sich eine geradezu wundersame Genesung in meinen Eingeweiden. Zehn Minuten später fühlte ich mich wieder so gut, dass ich nach Hause fahren konnte. Aber vorher brachte ich noch Lottie heim. Was meine gute Laune zu einem gewissen Grad erklärt. Der andere Grund ist -
»Alles Gute zum Geburtstag!«
Die Bürotür schwingt auf, und herein kommt Beatrice mit einer großen Schachtel in der Hand, auf der das geschwungene Logo von »Sprinkles« prangt.
»Wir sind nur zu zweit, deshalb habe ich keine ganze Torte gekauft.« Ihre Wangen sind rosig vor Aufregung. »Sondern die Red-Velvet-Cupcakes mit dem Spezialguss genommen. Wart’s ab, du wirst süchtig nach dem Zeug.«
Was sie in Wahrheit sagen möchte, ist: »Hi, mein Name ist Beatrice Spencer, und ich bin ein Cupcake-Junkie.«
»Das wäre doch nicht nötig gewesen«, sage ich lächelnd.
»Blödsinn.« Sie stellt die Schachtel auf meinem Schreibtisch ab. »Du hast dir gestern Abend schon die Profiteroles entgehen lassen, deshalb verdienst du etwas ganz Besonderes.« Sie hebt den Deckel ab und saugt genüsslich den Duft ein.
»Gleich vier?«
»Na ja, einer ist eben nie genug«, erklärt sie tiefsinnig und zupft die Papierhülle ab.
»Hmmm.« Mit einem geradezu orgiastischen Stöhnen versenkt sie die Zähne in der weichen Masse.
Ich betrachte die Miniküchlein, diese roten teuflischen Dinger, die nur so strotzen vor Butter,Weißmehl und Industriezucker und höchstwahrscheinlich mit Nüssen kontaminiert sind, weil sie stundenlang neben den Erdnussbutter-Exemplaren gestanden haben. Mit meinen Allergien kann ich sie beim besten Willen nicht essen. Außerdem bemühe ich mich um eine gesunde Ernährung.
Andererseits möchte ich Beatrice nicht vor den Kopf stoßen, und ein kleiner Bissen kann wohl kaum schaden, sage ich mir und nehme ein Küchlein aus der Schachtel. Außerdem ist es mein Geburtstag.
Es ist wie der ultimative Zuckerflash. Weicher, buttriger Guss und ein üppiger, vollmundiger Schokoteig.Wow, jetzt ist mir klar, wie Beatrice diesem Zeug verfallen konnte. Nicht dass mir das jemals passieren könnte, versichere ich mir eilig mit einem Anflug von Gewissensbissen beim Gedanken an meine Trainingseinheit an diesem Morgen. Ich lege das Küchlein beiseite.
»Und wie wirst du heute Abend feiern?« Auf Beatrice’ Nase klebt ein Klacks Butterguss, als sie von ihrem Küchlein aufschaut.
»Ich gehe mit Miles und zwei Freunden essen.« Ich trinke einen Schluck Kaffee. »Erinnerst du dich an Vanessa und Julian?«
»Nein, ich glaube nicht.« Nachdenklich legt sie einen Finger an die Nase, entdeckt die Buttercreme und leckt sie eilig ab.
»Hier, sieh mal …« Ich wende mich meinem Computer zu und klicke durch ein paar Fotos, bis ich gefunden habe, wonach ich suche.
»Oh, jetzt fällt es mir wieder ein.« Sie nickt. »Er ist Anwalt.«
»Stimmt.«
»Verflixt sexy Typ«, bemerkt sie.
»Findest du?«
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