Heute und für immer: Roman (German Edition)
nicht, dass sie auch darin Recht behielt. »Kasey, forderst du denn gar nichts von mir?«
»Nein.« Die Antwort kam so schnell, als ob sie schon mit dieser Frage gerechnet hätte. »Ich sagte dir doch: keine Bedingungen. Und das meinte ich auch so, Jordan. Weißt du, ich glaube, wir machen für heute besser Schluss mit unserer Arbeit. Und über dieses Thema weiter zu diskutieren, hat im Moment auch wenig Sinn. Außerdem ist es schon spät. Ich habe Alison versprochen, mich vor dem Dinner noch von ihr im Tennis schlagen zu lassen.« Sie war schon an der Tür.
»Kasey!«
Es kostete sie ungeheure Anstrengung, sich noch einmal umzudrehen. »Ja?«
Alles, was er ihr hatte sagen wollen, war auf einmal wie weggeblasen. Er kam sich vor wie ein Idiot. »Danke.«
»Gern geschehen, Jordan.«
Sie schaffte es, sich durch die Tür zu flüchten, ehe der Schmerz ihr die Kehle zuschnürte.
Es war schon spät am Abend, als Kasey endlich allein war. Durch das Fenster ihres Schlafzimmers konnte sie den
Mond aufgehen sehen. Er war beinahe voll, und seine orangefarbene Färbung ließ sie an abgeerntete Felder und Heuhaufen denken. Was passiert eigentlich in der Welt dort draußen? , fragte sie sich. Ich bin schon viel zu lange in diesem Haus, gefangen von einer Liebe, die mich nirgendwo hinführt. Was habe ich mir damit angetan? In nur einem einzigen Monat habe ich etwas verloren, das mir mein ganzes Leben lang am wichtigsten gewesen war: meine Freiheit.
Kasey schlang die Arme um sich und wandte sich vom Fenster ab. Selbst wenn ich von hier wegginge, weg von ihm, würde ich nicht mehr frei sein. Liebe bindet – das habe ich gewusst.
Und was empfindet er jetzt? Was werden wir morgen zueinander sagen? Kann ich mich weiterhin so zwanglos geben und ihm mein Wissen vermitteln, als wäre nichts geschehen? Sie lachte leise und schüttelte dabei den Kopf. Das muss ich, ermahnte sie sich. Beende immer, was du begonnen hast – war das nicht stets dein Leitsatz, Kasey? Ich habe einen Job angenommen und werde ihn auch zu Ende führen. Ich habe ihm ganz offen meine Liebe gestanden und muss jetzt sehen, wie ich damit fertig werde. Verdammt, wie sehr ich Schmerzen hasse! Und was für ein Feigling ich bin!
Die Hände an die Schläfen gepresst, ging sie ins Bad, um sich ein Aspirin zu holen. Das würde zumindest gegen die Kopfschmerzen helfen. Als sie am Waschbecken stand und nach ihrem Zahnputzglas griff, hörte sie aus Alisons Zimmer ein merkwürdiges Geräusch und lauschte unwillkürlich.
Es war sehr leise und gedämpft, doch es klang definitiv wie Weinen. Kasey stellte die Aspirinflasche zurück und ging in Alisons Zimmer. Dort fand sie das Mädchen unter seiner Bettdecke vergraben und leise in sein Kopfkissen
schluchzen. Der Anblick des weinenden Kindes ließ Kaseys eigene Probleme augenblicklich in den Hintergrund treten.
»Alison!« Kasey setzte sich zu ihr aufs Bett und strich ihr über das zerzauste Haar. »Was ist denn passiert?«
»Ich hatte einen Albtraum.« Alison schlang ihre Arme um Kaseys Nacken und schmiegte sich an sie. »Es war grauenhaft! Überall krabbelten Spinnen herum«, schluchzte sie mit tränenerstickter Stimme. Kasey zog sie liebevoll an sich. »Die meisten waren in meinem Bett.«
»Spinnen!« Kasey klopfte ihr beruhigend den Rücken. »Igitt, wie furchtbar. Mit Spinnen sollte man nicht allein kämpfen. Warum hast du mich nicht gerufen?«
Alison hörte Kaseys Herz gleichmäßig an ihrem Ohr schlagen und beruhigte sich ein wenig. »Großmutter sagt, dass es unhöflich ist, jemanden beim Schlafen zu stören.«
Kasey unterdrückte ein heftiges Aufwallen von Wut. »Aber nicht, wenn man einen Albtraum hat. Ich habe als Kind immer geschrien wie am Spieß, wenn ich schlecht geträumt habe.«
»Wirklich?«, schniefte Alison und sah hoch. »Du hast früher auch Albträume gehabt, meine ich?«
»Von der schlimmsten Sorte. Pop sagte immer, Albträume seien der Preis für eine lebhafte Fantasie. Ich war damals beinahe stolz, dass ich solche Träume hatte.« Kasey strich Alison eine Strähne aus der Stirn. »Und noch etwas, Alison«, fügte sie hinzu, »du störst mich niemals.«
Mit einem tiefen Seufzer ließ Alison ihren Kopf wieder an Kaseys Brust sinken. »Es waren ganz große Spinnen. Schwarze.«
»Aber jetzt sind sie ja zum Glück verschwunden. Du solltest es einmal mit Kängurus versuchen, Alison. Von Kängurus zu träumen ist viel lustiger als von Spinnen.«
»Kängurus?« Kasey hörte, dass die Stimme
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