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Heute und für immer: Roman (German Edition)

Heute und für immer: Roman (German Edition)

Titel: Heute und für immer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Petticoats gesteckt und mich auf Gesellschaften herumgereicht. Ich wurde an einer Privatschule angemeldet und musste Klavierunterricht nehmen. Das war die schrecklichste Zeit meines Lebens. Ich war noch längst nicht über den Tod meiner Eltern hinweggekommen, und meine Tante war alles andere als mütterlich. Sie wollte keine traurige Waise, sondern ein nettes, wohlerzogenes Mädchen, das sie aufputzen und ihren Freundinnen vorführen konnte. Mein Onkel war die meiste Zeit nicht zu Hause. Er war ganz nett, aber sehr mit sich selbst beschäftigt. Nein, das ist eigentlich nicht fair – er besaß sehr viel Verantwortungsgefühl. Aber keiner von beiden konnte mir geben, was ich so dringend brauchte, und ich konnte ihnen nicht geben, was sie von mir erwarteten. Ich habe immer unangenehme Fragen gestellt.«
    Jordan lachte und küsste sie auf die Schläfe. »Das glaube ich dir aufs Wort.«
    »Sie wollte mich in eine Schablone pressen, und dagegen habe ich mich gewehrt. So einfach war das. Ich war umgeben von wunderschönen Dingen, die ich nicht anfassen durfte. In ihrem Haus gingen faszinierende Leute ein und aus, aber ich durfte sie nicht ansprechen, durfte nur mit ›Ja,
Sir‹ oder ›Nein, Ma’am‹ antworten, wenn sie das Wort an mich richteten. Ich kam mir vor wie in einem Gefängnis.«
    »Deine Tante hat dann die Klage zurückgezogen.«
    »Sie brauchte drei Monate, bis sie zu dem Schluss gelangte, dass sie mit mir nicht leben konnte. Sie meinte, wenn nur irgendetwas von den Wyatts in mir steckte, verstünde ich perfekt, es zu verbergen, und schickte mich zurück zu meinem Großvater. Da hatte ich zum ersten Mal wieder das Gefühl, frei atmen zu können.«
    Nachdenklich ließ Jordan den Blick über den Park schweifen. Von dort aus, wo sie saßen, konnte er nur das oberste Stockwerk des Hauses sehen. Ob sie sich hier auch eingesperrt fühlt?, fragte er sich und erinnerte sich, wie sie im Salon unruhig von einem Fenster zum anderen gelaufen war. Er brauchte ein bisschen Zeit, um all das zu verstehen, was er von ihr erfahren hatte. »Du stehst deinem Großvater sehr nahe, nicht wahr?«, sagte er leise.
    »Er war mein Anker, als ich heranwuchs – und mein Drachen.« Kasey lächelte und zupfte einen Grashalm ab. »Er ist ein liebevoller, fürsorglicher und sehr intelligenter Mann, der in einer Diskussion drei Standpunkte gleichzeitig vertreten kann und an alle drei glaubt. Er kennt mich, nimmt mich so, wie ich bin, und liebt mich trotzdem.« Sie zog erneut die Knie an und lehnte die Stirn dagegen. »Er ist jetzt siebzig, und ich bin seit fast einem Jahr nicht mehr zu Hause gewesen. In drei Wochen ist Weihnachten. Alles wird dick verschneit sein, und irgendjemand, der das Arzthonorar nicht bezahlen kann, wird ihm einen Christbaum bringen. Am Weihnachtstag werden seine Patienten sich in seinem Haus die Klinke in die Hand geben und alle möglichen Geschenke bringen, von selbst gebackenem Brot bis zu schwarzgebranntem Whiskey.«
    Sie denkt daran, uns zu verlassen, stellte Jordan mit einem Anflug von Panik fest. Die Sonnenstrahlen, die durch die dichte Laubkrone drangen, tanzten als schillernde Punkte auf Kaseys Haar. Noch nicht, dachte er. Nicht so bald. »Kasey …« Er berührte ihr Haar. »Ich habe kein Recht dich zu bitten, noch zu bleiben. Aber bleib trotzdem.«
    Kasey ließ einen erstickten Seufzer hören. Wie lange noch?, fragte sie sich. Ich sollte nach Hause fahren, bis ich mich davon erholt habe. Von ihm. Sie hob den Kopf, entschlossen zu sagen, was sie glaubte sagen zu müssen.
    Jordans Blick ruhte auf ihr. Er war klar und forschend. Er würde sie nicht zweimal bitten, er würde nicht darauf drängen. Und Kasey wurde klar, dass das auch gar nicht nötig war. Sein Schweigen – seine Augen – taten ihre Wirkung.
    »Halt mich fest«, flüsterte sie und streckte ihm die Arme entgegen.
    Sie würde ihn nicht verlassen. Nicht, solange sie keine andere Wahl hatte. Sie hatte sich ihm geöffnet, sich ihm hingegeben. Jetzt konnte sie sich nicht einfach zurückziehen.
    Jordan begann sie zu küssen. So zärtlich war er zuvor noch nie gewesen. Er hielt sie, als ob sie etwas Zerbrechliches wäre. Nein, sie konnte ihn jetzt nicht verlassen. Ihr Herz hatte mehr Macht über sie als ihr Verstand. Wenn sie liebte, war sie verletzbar, und wenn sie verletzbar war, hatte ihr Verstand keinen Einfluss. Sie zog ihn dichter an sich heran.
    Sein Kuss wurde tiefer, war immer noch zärtlich, aber intimer und verführerisch. Seine Hand

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