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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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hellrosa Kleid. Mrs. Winterson, Drews Mutter – nenn mich Peg, Schätzchen –, würde entsetzt sein über den mangelnden Ausschnitt, so wie gestern schon über das Narben verdeckende Kleid, das ich bei der Probe getragen hatte. Neben Peg hatte ich ausgesehen wie eine Nonne. Ihr hautenges gelbes Seidenoutfit samt passend gefärbten Zehn-Zentimeter-Highheels hatte Brüste zur Schau gestellt, die sie trug wie ein Lieblingsaccessoire.
    »Schätzchen, welch hübscher Busen und diese winzige, schmale Taille!« Peg musterte mich unter drei Schichten Wimperntusche hervor von Kopf bis Fuß. »Du musst unbedingt etwas tief Ausgeschnittenes tragen.«
    Drew sprang ein, ehe seine Mutter zu weit gehen konnte. Betrunken, wie sie war, hätte es mich nicht gewundert, wenn sie eine Nagelschere gezückt und mein Cocktailkleid bis zu den Brustwarzen eingeschnitten hätte.
    »Mom, du und Daphne zeigt genug für alle«, sagte Drew und wies mit einem Nicken auf die hervorquellenden Brüste seiner Schwester.
    »Drew!«, schalt Daphne und lehnte sich an ihren betrunkenen Mann.
    Peg Winterson hatte nur ihr tiefes Zigaretten-Lachen von sich gegeben. »Na ja, schieb mir bitte nicht die Schuld in die Schuhe, wenn du morgen erstickst, Merry. Also wirklich, hochgeschlossen und langärmelig im Juni!«
    Lulu musste im Spiegel meine Gedanken gelesen haben. Sie legte die Hände unter die Brüste, schob sie zu kleinen Hügeln zusammen und fragte: »Meinst du, das ist vollbusig genug für Peg?«
    Lulus hellbraune Locken waren zu einem tief sitzenden, lockeren Knoten zurückgesteckt. Sie hatte die Machenschaften der Friseurin, auf die Peg bestanden hatte, würdevoll über sich ergehen lassen. »Ich sehe aus wie ein Milchmädchen, oder?«, fragte Lulu und strich über ihr schlichtes weißes Kleid.
    »Du siehst ätherisch aus«, sagte ich. »Überlass das Varieté ruhig Daphne und Peg.«
    »Oma.« Lulu presste die Lippen zusammen, um den Lippenstift zu fixieren. »Weißt du noch, wie sie mir verboten hat, Miniröcke zu tragen?«
    »Weil du damit aussehen würdest wie eine Varietétänzerin«, antwortete ich. »Ich wünschte, sie könnte heute dabei sein. Wie alt wäre Oma jetzt?«
    »Keine Ahnung. Warum interessiert dich das?«
    »Reine Neugier. Wünschst du dir nicht, dass Mama heute auch hier wäre?«
    Lulu verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie würde genug Dekolleté für die gesamte Hochzeitsgesellschaft zeigen.«
    »Und besser aussehen als jede andere im Heritage Ballroom.«
    »Besser als jede andere im ganzen Grove Park Inn«, fügte Lulu hinzu.
    »Als jede andere in ganz North Carolina.« Ich drehte den Kopf hin und her. »Findest du wirklich, dass ich ihr ähnlich sehe?«
    »Angel nicht nach Komplimenten. Du weißt doch, wie ähnlich du ihr bist.«
    »Dad sagt, du kommst nach seiner Familie.«
    »Oma wäre jetzt siebenundachtzig, glaube ich«, entgegnete Lulu. »Und Mimi Rubee sechsundsechzig oder fünfundsechzig. Himmel, sie war extrem jung, als sie Mama bekommen hat.«
    »Dad hat mich gebeten, dir und Drew ein Geschenk von ihm zu übergeben.« Sobald die Worte heraus waren, hätte ich sie am liebsten wieder zurückgezogen.
    »Was denn? Einen Blechnapf?«
    »Sei nicht gemein, Lulu. Nicht heute.«
    »Erwähne ihn bloß nicht, okay? Und gib mir auch keine Geschenke von ihm.« Meine Schwester schüttelte den Kopf. »Heute ist mein Hochzeitstag. Du musst mir beistehen – Drews betrunkene Verwandtschaft würde mich am liebsten bei lebendigem Leib auffressen. Ich will nur, dass alles perfekt ist, wenigstens für heute.«
    »Und morgen?«
    »Alles ruhig. Gut. Hübsch und nett. Ist das denn zu viel verlangt?«
    »Nein.« Ich nahm Lulus Hand, die in einem Handschuh bis zum Ellbogen steckte, und wir gingen zu ihrer Hochzeit.
    Lulu und Drew flogen über die Flitterwochen nach Island, wo die Durchschnittstemperatur im Juni zwölf Grad betrug und der Hitzerekord für die Jahreszeit bei etwa zwanzig lag. Drew hatte den Sommer immer mit seiner Familie in North Carolina verbracht und dabei eine Allergie gegen Hitze entwickelt. Als er im vergangenen August seine Eltern besucht hatte, hatte er einen heftigen Ausschlag bekommen, den er dem Wetter zuschrieb. Lulu glaubte eher, dass er gegen seine redselige, ständig betrunkene Mutter allergisch war, aber sie behielt es für sich und reichte ihm die Zinksalbe.
    Außerdem, hatte Lulu erklärt, gefiel ihr die Idee mit Island. Viel weiter weg konnte man wohl nicht reisen, ohne diese Welt zu verlassen. In Island

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