Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
die Leitung von Hecate übernehmen, aber … na ja, das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls endete es damit, dass sie zur Entmächtigung zum Rat geschickt wurde.«
»Ein weiterer Teil ihrer Strafe war«, ergänzte Anna in verschwörerischem Flüsterton, »dass sie nach Hecate beordert wurde, aber nicht als Direktorin, sondern nur als gewöhnliche Lehrerin. Sie sollte als abschreckendes Beispiel dienen. Deshalb ist sie auch so ein fieses Miststück.«
»Sie wird garantiert auf dir herumhacken, weil du neu bist«, verkündete Chaston.
»Aber«, schaltete sich Elodie hier ein, »sie ist wahnsinnig eitel. Wenn du also Ärger mit ihr kriegst, mach ihr einfach ein Kompliment wegen ihrer Tätowierungen.«
»Tätowierungen?«, fragte ich. Aus der Nähe betrachtet war das Gewächshaus noch größer, als ich zuerst gedacht hatte. Was um Himmels willen hatten sie darin gezogen? Mammutbäume?
»Sie hat so richtig hübsche violette Tätowierungen auf ihren Armen. Es sind irgendwelche magischen Symbole, Runen oder so was«, fuhr Elodie fort. »Sie ist ziemlich stolz auf sie. Sag, dass sie dir gefallen, und du hast eine Freundin fürs Leben.«
Wir gingen durch den Vordereingang des Gewächshauses, Chaston hielt mich nach wie vor untergehakt. Der Saal war riesengroß und fühlte sich noch größer an, weil nur etwa fünfzig Leute darin waren. Verteidigung wurde aus irgendeinem Grund nicht nach Altersstufen getrennt gegeben, weshalb ich auch ein paar Zwölfjährige bemerkte, die in heller Panik zu sein schienen. Es war natürlich hell dort drin, aber nicht heiß. Ringsherum wehte eine angenehm kühle Luft, also vermutete ich, dass in diesem Gebäude der gleiche Zauber am Werk war wie im Haupthaus.
In mancher Hinsicht sah es wie eine ganz normale Highschool-Turnhalle aus: Holzböden, blaue Turnmatten, Gewichte. Aber ich konnte nicht darüber hinwegsehen, dass ein paar Sachen ganz und gar nicht normal waren.
Zum Beispiel mehrere in die Wand eingelassene eiserne Handschellen. Und ein Galgen in Originalgröße, der im hinteren Teil des Raumes aufgebaut war.
Elodie lief sofort los, um sich auf die Suche nach Archer zu machen, der, wie sich herausstellte, gar nicht so mager war, wie ich anfangs geglaubt hatte. Die Jungen-Trainingsanzüge ähnelten im Wesentlichen denen der Mädchen, und sein blaues T-Shirt schmiegte sich an einen Brustkorb, der deutlich muskulöser war, als ich vermutet hätte. Ich bemühte mich sehr, nicht hinzuschauen und den kleinen, eisigen Stachel der Eifersucht herauszuziehen, der mich durchbohrte, als er Elodie einen schnellen Kuss gab.
Eine hochgewachsene Rothaarige winkte mir zu. »Hi, Sophie!«
Ich winkte zurück und überlegte, wer zum Teufel … Ach so, klar. Rote Haare. Beth, die Werwölfin. Ich mochte sie gleich viel lieber, wenn sie mich nicht vollsabberte. Sie machte mir ein Zeichen, mich neben sie zu stellen, aber schon durchbrach eine laute, nasale Stimme das allgemeine Geplapper.
»Auf geht’s, Leute!«
Die Vandy bewegte sich durch die Menge. Sie trug die gleiche Uniform wie wir. Die Tätowierungen fielen mir sofort auf. Sie waren von einem tiefen, schillernden Purpur, das auf ihrer bleichen, schwabbeligen Haut noch leuchtender wirkte.
Das allgegenwärtige Haarband hielt ihre mausbraunen Haare zurück. Sie hatte kleine, dunkle Schweinsäuglein, die forschend über die Schülergruppen wanderten, und selbst aus der Entfernung konnte ich diesen seltsam begierigen Ausdruck auf ihrem Gesicht erkennen. Als hoffte sie, dass ihr jemand in die Quere käme, damit sie ihn wie einen Käfer zerquetschen konnte.
Einfach ausgedrückt: Sie jagte mir eine Heidenangst ein.
»Alle herhören!«, blaffte sie mit ihrer dünnen Stimme. Wie Mrs Casnoff hatte sie einen Südstaatenakzent, aber bei ihr klang er hart und nicht so weich und melodisch. »Eure anderen Lehrer werden euch gewiss erzählen, dass der Unterricht in Geschichte der Magie oder Klassifikation von Vampiren oder Körperpflege für Werwölfe« – hier bemerkte ich, dass einige Jungen, darunter auch Justin, sich entrüstet aufrichteten, doch die Vandy fuhr ungerührt fort – »wichtiger sei als dieses Fach. Aber beantwortet mir eine Frage: Wie soll euch all dies Wissen denn helfen, wenn ihr von einem Menschen angegriffen werdet? Oder von einer Brannick? Oder, am schlimmsten von allem, von einem Auge? Meint ihr, Bücher können euch retten, wenn L’Occhio di Dio bei euch auftaucht?«
Wir wirkten wohl nicht hinreichend beeindruckt, denn sie
Weitere Kostenlose Bücher