Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
Flur wurde eine Tür aufgerissen, und als ich kurz über die Schulter blickte, sah ich Taylor den Kopf aus ihrem Zimmer strecken. Als sie mich entdeckte, schüttelte sie nur leicht den Kopf und machte die Tür wieder zu.
»Sophie«, sagte Mom, »hör mal, also wir werden … wir werden ganz bestimmt darüber reden, wenn du in den Winterferien nach Hause kommst, okay? Aber ich möchte nicht am Telefon darüber sprechen.«
»Es stimmt also«, sagte ich weinend.
Am anderen Ende der Leitung blieb es so lange still, dass ich mich fragte, ob sie aufgelegt hatte. Dann stieß sie einen langen Seufzer aus und sagte: »Wir können später darüber reden.«
Ich knallte den Hörer auf. Das Telefon gab einen klingelnden Protestlaut von sich.
Ich rutschte an der Wand herunter auf den Fußboden und zog die Knie an, so dass ich den Kopf darauflegen konnte.
Lange Zeit blieb ich so sitzen, atmete langsam ein und wieder aus und versuchte nur, den Strom von Tränen zum Versiegen zu bringen. Zu einem kleinen Teil fühlte ich mich seltsam schuldig, als hätte ich besonders begeistert darüber sein müssen, eine mordsmächtige Hexe zu sein oder so was Ähnliches. Aber ich konnte mich einfach nicht freuen. Ich hätte die schimmernde Haut, das wallende Haar und all den Zauber liebend gern Elodie und den anderen Mädchen überlassen. Ich wäre vollkommen damit zufrieden, eine kleine Teestube zu führen oder so was Ähnliches, wo ich Bücher über Astrologie und Chakren verkaufen könnte. Das würde mir Spaß machen. Vielleicht würde ich dann auch so einen wallenden, lila Hippie-Rock tragen …
Ich hob den Kopf und unterbrach mein mentales Geschimpfe. Das seltsame Gänsehautkribbeln war wieder da.
Als ich mich umsah, entdeckte ich das Mädchen vom See am Ende des Flurs. So aus der Nähe konnte ich erkennen, dass sie ungefähr in meinem Alter war. Sie musterte mich stirnrunzelnd, und ich bemerkte, dass ihr das grüne Kleid um die Waden flatterte, als wäre es windig.
Bevor ich den Mund öffnen konnte, um sie zu fragen, wer sie war, machte sie abrupt kehrt und ging davon. Ich lauschte auf den Klang ihrer Schuhe auf der Holztreppe, aber es war überhaupt nichts zu hören.
Jetzt hatte ich nicht nur im Nacken eine Gänsehaut, sondern am ganzen Körper. Es hört sich wahrscheinlich komisch an, auf eine Schule voller Monster zu gehen, und trotzdem noch Angst vor Geistern zu haben, aber langsam fand ich das nicht mehr lustig. Jetzt hatte ich dieses Mädchen zum dritten Mal gesehen, und jedes Mal starrte sie mich so prüfend an. Warum nur?
Langsam stand ich auf und ging durch den Flur.
Kurz blieb ich stehen, bevor ich um die Ecke ging, aus Angst, sie könnte dort auf mich warten.
Was kann sie dir schon tun, Sophie, dachte ich. Buh schreien? Durch dich hindurchschweben? Herrgott noch mal, sie ist ein Geist.
Trotzdem hielt ich den Atem an, als ich um die Ecke bog.
Und gegen etwas sehr Körperliches stieß.
Ich wollte schon schreien, aber was herauskam, war eher ein heiseres: »Urrrgh!«
Zwei Hände hielten mich fest. »Immer schön langsam«, sagte Jenna mit einem kleinen Lachen.
»Oh. Hallo«, gab ich zurück, von dem Zusammenstoß noch ganz kurzatmig und überwältigt vor Erleichterung.
»Alles in Ordnung mit dir?« Sie musterte mich besorgt.
»War ein langer Tag heute.«
Sie grinste schwach. »Glaub ich gern. Ich habe das von dir und der Vandy gehört.«
Ich ächzte. Bei all den Familiengeheimnissen und Attentaten und Geistern hatte ich die unmittelbare Gefahr, in der ich steckte, vollkommen vergessen. »Es war meine eigene Dummheit. Ich hätte niemals auf Elodie hören sollen.«
»Stimmt«, sagte Jenna und zwirbelte ihre pinkfarbene Strähne. »Ist es wahr, dass du für den Rest des Halbjahres Kellerdienst hast?«
»Ja. Was ist das übrigens?«
»Etwas ganz und gar Furchtbares«, antwortete sie tonlos. »Dort lagert der Rat all seine ausrangierten Zaubergerätschaften – sie werden nämlich einfach in den Keller geworfen. Die Leute, die Kellerdienst aufgebrummt kriegen, müssen dann versuchen, den ganzen Müll zu katalogisieren.«
»Versuchen?«
»Tja, es ist zwar alles Mist, aber es ist eben magischer Mist, daher bewegt er sich auch. Das Katalogisieren ist außerdem ziemlich sinnlos, weil das Zeug nicht an derselben Stelle bleibt.«
»Na super«, murmelte ich.
»Vorsicht, Sophie! Der Blutegel sieht irgendwie hungrig aus.«
Ich spähte über Jennas Schulter und sah Chaston am Ende des Flurs stehen. Ich war ihr noch nie
Weitere Kostenlose Bücher