Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
Hand.
Ich hockte mich neben sie. »Du solltest das untersuchen lassen.« Sie nickte. Ihre Augen waren immer noch rot und nass.
»Waren es Elodie und Anna?«, fragte sie.
»Ja. Das heißt, es war Anna. Ich glaube nicht, dass Elodie davon wusste, aber sie hätte sicher nichts dagegen gehabt.«
Bebend atmete Jenna aus. Ich strich ihr die pinkfarbene Strähne aus den Augen. »Du musst Mrs Casnoff sagen, was sie getan haben.«
»Nein«, rief sie. »Auf keinen Fall.«
»Jenna, sie hätten dich umbringen können«, beharrte ich.
Sie stand auf und zog sich meine Tagesdecke um die Schultern. »Das würde es doch nur noch schlimmer machen«, erklärte sie erschöpft. »Und alle wieder daran erinnern, dass Vampire … anders sind. Und dass ich hier nicht hergehöre.«
»Jenna«, begann ich.
»Ich sagte, lass es gut sein, Sophie!«, blaffte sie, wobei sie mir noch immer den Rücken zukehrte.
»Aber du bist verletzt …«
Da wirbelte sie zu mir herum, die Augen blutunterlaufen, das Gesicht wutverzerrt. Ihre Fangzähne kamen hervor, und sie packte mich mit einem Zischen an den Schultern. Ich erkannte meine Freundin nicht wieder.
Da war nur ein Monster.
Ich ächzte erschrocken und gekränkt auf, worauf sie mich sofort losließ. Meine Knie gaben unter mir nach, ich sackte auf den Fußboden.
Gleich darauf war sie an meiner Seite, jetzt wieder Jenna, ihre Augen wirkten hellblau und baten um Verzeihung. »O Gott, Sophie, es tut mir so leid! Bist du okay? Manchmal, wenn ich gestresst bin …« Tränen liefen über ihre Wangen. »Ich würde dir niemals wehtun«, sagte sie flehend.
Ich traute meiner Stimme nicht, also nickte ich nur.
»Mädchen, ist alles in Ordnung bei euch?«
Jenna spähte über ihre Schulter. Mrs Casnoff stand mit undeutbarer Miene in unserer Tür.
»Alles bestens«, antwortete ich, während ich aufstand. »Ich bin nur ausgerutscht, und Jenna hat, äh, mir aufgeholfen.«
»Verstehe«, sagte Mrs Casnoff. Sie blickte zwischen Jenna und mir hin und her. »Jenna, ich müsste kurz mit Ihnen sprechen, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Sicher«, erwiderte Jenna, klang aber alles andere als sicher.
Ich sah ihnen nach, als sie das Zimmer verließen, dann setzte ich mich auf Jennas Bett. Meine Schultern schmerzten, Jennas Finger hatten einen Abdruck hinterlassen.
Geistesabwesend rieb ich mir die Arme, den Geruch von Jennas verbrannter Haut noch immer in der Nase.
Und machte mir so meine Gedanken.
18
Eine Woche später war die Situation noch immer nicht besser. Niemand hatte etwas von Chaston gehört, weshalb Jenna nach wie vor die Verdächtige Nummer eins war.
Nach dem Abendessen musste ich wieder mit Archer in den Keller. Es war unser viertes Mal dort unten, und wir hatten mittlerweile eine Art Routine entwickelt. Während der ersten zwanzig Minuten oder so arbeiteten wir einfach an den Regalen. Die Hälfte der Sachen, die wir beim letzten Mal katalogisiert hatten, war an eine andere Stelle gewandert, folglich brauchten wir eine Weile, um das wieder in Ordnung zu bringen. Sobald wir damit fertig waren, machten wir eine Pause und redeten. Unsere Unterhaltung hatte sich noch nicht wesentlich über Small Talk zum Thema Familie und die gelegentliche Neckerei hinausentwickelt, was ja auch nicht allzu überraschend war. Abgesehen davon, dass wir beide Einzelkinder waren, hatten Archer und ich so gut wie nichts gemeinsam. Er war als Kind superreicher Eltern in einem großen Haus an der Küste von Maine aufgewachsen. Ich dagegen hatte mit meiner Mom in allen möglichen Behausungen gewohnt, angefangen von einem Cottage in Vermont bis hin zu einem Zimmer im Ramada Inn für sechs Wochen. Trotzdem freute ich mich irgendwie immer auf unsere Gespräche. Ich hatte sogar begonnen, die Tage zu fürchten, an denen ich keinen Kellerdienst hatte, was wirklich erbärmlich war, wenn man mal darüber nachdachte.
Archer saß an seinem gewohnten Platz auf der Treppe, während ich mich auf eine freie Fläche oben auf Regal M hievte.
Er zeigte auf einen Stapel leerer, staubiger Einmachgläser in der Ecke. Zwei von ihnen erhoben sich in die Luft und schrumpften, bis sie zu Limodosen geworden waren. Er schnippte in meine Richtung, und eine davon segelte direkt auf mich zu. Ich fing sie auf und war überrascht, wie eiskalt sie sich anfühlte.
»Ich bin beeindruckt.« Das meinte ich ernst, und er nickte mir dankend zu.
»Wow, Gläser in Limonade verwandeln. Die Welt soll vor meiner Macht erzittern.«
»Wenigstens beweist
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