Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
sind ja ziemlich auffällig.«
»Warum? Sind sie grün und rattenscharf?« Ich unterdrückte mein Rotwerden mit Willenskraft und sagte: »Ich meine, sehen sie toll aus, und nicht, sind sie … na ja, das andere.«
»Nicht unbedingt. Sie können so menschlich aussehen wie du und ich. Einige von ihnen waren früher sogar Menschen.«
»Hast du jemals einen gesehen?«
Er starrte mich ungläubig an. »Puh, nein. Gott sei Dank nicht. Ich hab meinen Kopf gern da, wo er ist, und nicht abgerissen.«
»Schon«, sagte ich, als wir die Haupttreppe erreichten. »Aber du bist doch ein Zauberer. Könntest du es nicht mit einem Dämon aufnehmen?«
»Nur, wenn ich das da hätte«, erwiderte er und zeigte auf den Buntglasengel über der Treppe. »Siehst du dieses Schwert? Dämonenglas. Das Einzige, was Dämonen töten kann.«
»Und so originell benannt«, bemerkte ich und brachte ihn damit zum Lachen.
»Du spottest«, sagte er, »aber das ist echt heftiges Zeug. Der einzige Ort, an dem man es findet, ist die Hölle, also ist es ziemlich schwer zu bekommen.«
»Wow«, meinte ich und betrachtete das Fenster mit neuem Respekt.
»Archer!«, hörte ich Elodie von irgendwo über uns trällern. Ich ließ ihn stehen. »Also, danke. Bis dann.«
»Mercer.«
Ich drehte mich um.
Er stand am Fuß der Treppe, und im sanften Licht des Kronleuchters sah er so gut aus, dass es mir schmerzhaft die Brust zusammenzog. Wenn man ihn so sah, konnte man leicht vergessen, wie nervig er oft war. »Was?«, fragte ich in dem gelangweiltsten Tonfall, den ich zustande brachte.
»Arch!«
Elodie hüpfte an mir vorbei, und sein Blick wanderte zu ihr.
Ich drehte mich um und lief die Treppe hinauf, bevor ich sehen musste, wie er sie in die Arme nahm.
19
Zu Anfang Oktober hatte Chaston dem Rat eine schriftliche Aussage geschickt, in der sie angab, keine Erinnerung an den Überfall zu haben. Daher durfte Jenna bleiben. Ich hatte gehofft, die Neuigkeit würde etwas gegen die Ringe unter ihren Augen tun, aber Fehlanzeige. Außer mit mir sprach sie mit niemandem, und selbst dann lächelte sie kaum und lachte nie.
Ich selbst dagegen bekam allmählich das Gefühl, als könnte ich mich tatsächlich an das Leben in Hecate gewöhnen. Im Unterricht lief es gut. Elodie und Anna waren nach der Sache mit Chaston noch ungefähr zwei Wochen lang ziemlich geschockt und schienen vorübergehend sogar den sadistischen Trieb verloren zu haben, mich zu quälen. Sie ignorierten mich vorwiegend. Ab Mitte Oktober aber waren sie dann aber wieder ganz normal, was bedeutete, dass sie dauernd gemeine Bemerkungen machten und über Klamotten redeten.
Ich ging Ärger mit der Vandy aus dem Weg, obwohl sie Archer nun zu meinem dauerhaften Partner im Verteidigungs-Unterricht gemacht hatte – wahrscheinlich in der Hoffnung, dass er mich versehentlich umbrachte. Aber selbst das lief nicht allzu schlecht, auch wenn es eine besondere Art von Folter war, noch mehr Zeit in seiner unmittelbaren Nähe verbringen zu müssen. Denn je länger wir zusammen im Keller katalogisierten oder in Verteidigung die Schläge des anderen abwehrten, umso mehr wuchs in mir der Verdacht, dass meine Schwärmerei zu etwas Ernsterem werden könnte, das ich lieber gar nicht benennen wollte. Es lag nicht nur daran, dass er so toll aussah – obwohl das definitiv eine Rolle spielte, glaubt mir –, sondern es war auch die Art, wie er sich mit den Fingern durchs Haar fuhr. Die Art, wie er mich ansah, als fände er es tatsächlich interessant, mit mir zu reden. Die Art, wie seine Augen aufleuchteten, wenn er über meine Witze lachte. Verdammt, allein die Tatsache, dass er über meine Witze lachte, reichte schon.
Und je besser ich ihn kennenlernte, umso verquerer kam es mir vor, dass er mit Elodie zusammen war. Er hatte geschworen, dass in Elodie mehr steckte, als man auf den ersten Blick meinen konnte, aber in den beiden Monaten, die ich jetzt in Hecate war, hatte ich sie nie über was anderes reden hören als über Zaubertricks, die das Haar glänzender machten oder Sommersprossen verschwinden ließen. Bei Letzterem pflegte sie mich vielsagend anzusehen. Selbst ihr Aufsatz für Lord Byrons Unterricht handelte davon, dass äußerliche Schönheit die Macht einer Hexe noch steigere, weil sie ihr leichter Kontakt zu Menschen verschaffe. So was von lächerlich. Als ich nun in Ms Easts Kurs über Magische Evolution hinter ihr saß, konnte ich es mir nicht verkneifen, genervt an die Decke zu sehen, während sie mit
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