Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
vor?«
Ich lief zu Elodies Zimmer. Es war niemand im Flur, der mich sehen konnte, als ich hineinschlüpfte.
Mein Herz hämmerte, sowohl vor Furcht als auch vor Wut, als ich zum Fenster ging, wo Annas und Elodies Kleiderpuppen standen. Annas Kleid war schwarz mit purpurner Spitze und einer kurzen Schleppe. Sie würde toll darin aussehen, aber es war natürlich nichts im Vergleich zu Elodies Kleid.
Ich zögerte einen Moment.
Dann dachte ich daran, wie mich Elodie im Unterricht ausgelacht hatte, als ich mich so angestrengt hatte, nur ein einziges verdammtes Kleid hinzukriegen, und mein Mut kehrte zurück.
Ich ließ mich auf die Knie fallen und tastete die dünnen Lagen des Rocks ab, bis ich eine kleine Lücke im Saum fand. Dann schob ich den winzigen Knochen hinein und versetzte ihm einen leichten Klaps. Er glühte in dem Kleid auf und schimmerte in dumpfem Rot durch all die rosafarbenen Schichten hindurch. Ich hielt den Atem an, bis das Glühen erlosch, dann lief ich hinaus.
Der Flur war immer noch verlassen, daher konnte ich mich ungesehen in mein Zimmer zurückschleichen. Jenna saß nach wie vor auf ihrem Bett, als ich hereinkam.
»Was hast du getan?«
Ich ging zu meinem Bett und zog den kleinen Beutel Erde hervor, den ich dort versteckt hatte. »Sagen wir einfach: Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
Jenna öffnete den Mund, klappte ihn jedoch wieder zu, als sie sah, wie ich etwas von der Erde auf meine Hände schüttete. Wahrscheinlich hielt sie mich für vollkommen durchgeknallt, als ich mit den erdebeschmierten Händen zu meiner Schneiderpuppe ging und sie ihr um die Taille legte.
Diesmal dachte ich nicht einmal an etwas Besonderes. »Kleid«, war alles, was ich sagte.
Wie jedes Mal spürte ich den Stoff unter meinen Händen umhergleiten, aber es war trotzdem anders – diesmal. Meine Hände fühlten sich heiß an, und mich durchzuckte so etwas wie elektrischer Strom.
Ich hörte Jenna nach Luft schnappen, und als ich zurücktrat und hinsah, keuchte ich ebenfalls.
Das Kleid war nicht nur schön, es war geradezu atemberaubend.
Es bestand aus pfauenblauem Satin, der grün changierte. Das Oberteil war wie eine Korsage geschnitten, trägerlos und vorn mit Stäbchen verstärkt. Als ich die Puppe umdrehte, sah ich, dass es hinten mit einem hellgrünen Band geschnürt wurde.
Der Rock fiel glockenförmig von der schmalen Taille herab und hatte, was überhaupt das Prächtigste war, vorn einen Einsatz aus echten Pfauenfedern, der direkt unter der Korsage begann und sich in Form eines Dreiecks bis zum Boden verbreiterte.
»Wahnsinn«, hauchte Jenna. »Das nenne ich ein Kleid. Sophie, du wirst fantastisch aussehen.«
Sie hatte recht, dachte ich benommen. Ich würde fantastisch aussehen.
»Was war das für ein Zeug, das du da draufgestreut hast?«
Ich war noch nicht bereit, Jenna von Alice zu erzählen, und ich hatte auch das vage Gefühl, dass sie das Wort Graberde nicht so gut aufnehmen würde, also zuckte ich nur die Achseln: »Zauberpulver.«
Jenna wirkte skeptisch, aber bevor sie weitere Fragen stellen konnte, strahlte ich sie an und sagte: »Jetzt lass mich auch eins für dich machen.«
Verblüfft lachte sie auf. »Du willst mir wirklich ein Kleid hexen?«
Ich nickte. »Warum nicht? Es wird Spaß machen, und dann kannst du mit mir auf den Ball kommen.«
»Ich glaube nicht, Sophie«, widersprach sie zwar schwach, aber ich zog bereits eins ihrer Nachthemden aus ihrer Kommode. Dann presste ich meine noch immer erdigen Hände darauf und dachte nur: »Jenna.«
Alle Prosteste erstarben auf Jennas Lippen, als sie das Kleid sah: Pink, mit dünnen Trägern und einem glitzernden Gürtel um die Taille, der wie aus echten Diamanten gemacht aussah. Das Kleid war wie geschaffen für sie, und es dauerte nicht lange, da hielt sie es sich an und drehte sich herum.
»Ich weiß nicht, was das für ein Zauberpulver ist, und es interessiert mich auch nicht«, sagte sie lachend. »Das ist jedenfalls das schönste Kleid, das ich jemals gesehen habe!«
Den Rest des Nachmittags verbrachten wir damit, unsere Schuhe zu verwandeln, bis wir jede das perfekte Paar zu unseren Kleidern hatten. Als es Abend wurde, waren wir beide fertig angezogen, und auch wenn ich es selbst sage, so ist es trotzdem wahr: Wir sahen ziemlich toll aus. Jenna hatte sich das weißblonde Haar hochgesteckt, und ihre pinkfarbene Strähne fiel über eines ihrer Augen. Sogar meine Haare benahmen sich ausnahmsweise mal, ich hatte sie mir von Jenna zu einem tief
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