Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
mein panischer Verstand suchte nach etwas, nach irgendetwas, das ich ihm noch zurufen konnte. Schließlich war dies unter Umständen das letzte Mal, dass ich ihn sah. Doch mein Hirn bestand nur noch aus Angst und Schrecken, so dass ich nicht einmal mehr hervorzubringen vermochte als Dad .
Und dann war er fort – das Knallen der Tür hallte durch die dunkle Kammer.
38
Archer und ich wurden in die untersten Kellergewölbe von Thorne gebracht und in eine der Zellen gesteckt, von denen Dad neulich gesprochen hatte. Sie entpuppten sich jedoch als ganz anders als die Fantasiebilder in meinem Kopf. Ich hatte Stahlgitter vor mir gesehen und eine schmale Pritsche – eben wie in einem Gefängnis. Stattdessen waren es einfach nur Höhlen mit Eisentüren. Sie warfen uns in eine der größeren Zellen, deren weiße Felswände von der Feuchtigkeit richtig glitschig waren. Das einzige Licht kam von einer ähnlichen Kugel, wie ich sie neulich nachts selbst hervorgebracht hatte, und die schwebte hoch über unseren Köpfen. Macht knisterte durch die ganze Zelle – ein Zauber, klärte Archer mich auf, der jeden Gefangenen daran hinderte, Magie zu wirken. Das hatte er wohl in der vergangenen Nacht schon feststellen müssen.
Eine ganze Weile saßen wir einfach nur auf dem feuchten Boden und hielten uns an den Händen. Irgendwo im Haus wurde mein Dad gerade einem Ritual unterzogen, das ihn möglicherweise umbrachte. Danach war ich an der Reihe. Und morgen um diese Zeit würde Archer bereits tot sein. Es war einfach zu viel, um überhaupt darüber nachdenken zu können, geschweige denn darüber zu reden. Also schwiegen wir sehr, sehr lange.
Ich beobachtete, wie das Licht an den Kalksteinwänden flackerte, bis Archer schließlich sagte: »Ich wünschte, wir könnten ins Kino gehen.«
Ich starrte ihn an. »Wir sitzen in einem gruseligen Kerker. Es besteht die Möglichkeit, dass ich in den nächsten Stunden sterben könnte. Du wirst in den nächsten Stunden sterben. Und wenn du einen Wunsch frei hättest, würdest du dir einen Film ansehen?«
Er schüttelte den Kopf. »So meinte ich das nicht. Ich wünschte, wir wären nicht das, was wir sind. Du weißt schon, Dämon, Dämonenjäger. Ich wünschte, ich hätte dich in einer normalen Highschool kennengelernt und zu normalen Dates ausgeführt und, na ja, deine Bücher getragen oder so was.« Er sah mich an, zog die Augenbrauen zusammen und fragte: »Gehört das wirklich zu den Dingen, die Menschen so machen?«
»Nur in den Fernsehfilmen der Fünfzigerjahre«, erwiderte ich und strich ihm übers Haar. Dann legte er einen Arm um mich, lehnte sich an die Wand und zog mich an seine Brust. Ich schlug die Beine unter und legte meine Wange auf sein Schlüsselbein. »Anstatt durch Wälder zu stapfen und Ghule zu jagen, möchtest du also lieber ins Kino und auf Schulbälle gehen.«
»Na, vielleicht könnten wir uns ja gelegentlich auch auf Ghuljagd machen«, räumte er ein, bevor er mir einen Kuss auf die Schläfe drückte. »Damit’s interessant bleibt.«
Ich schloss die Augen. »Was würden wir sonst noch so tun, wenn wir normale Teenager wären?«
»Hm … mal sehen. Also, zunächst einmal müsste ich mir irgendeinen Job suchen, damit ich es mir überhaupt leisten kann, dich zu diesen ganz normalen Dates auszuführen. Vielleicht könnte ich ja irgendwo Lebensmittel in Regale einräumen.«
Die Vorstellung von Archer in einer blauen Schürze, wie er bei Walmart gerade Butterkekse in die Regale sortierte, die war natürlich zu bizarr, um sie ernstlich in Betracht zu ziehen. Aber ich spielte das Spiel gerne mit. »Wir könnten uns vor den Schließfächern so richtig dramatische Szenen liefern«, sagte ich. »Das hab ich in menschlichen Highschools schon ziemlich oft mitbekommen.«
Er drückte mich einmal kurz. »Ja! Na, das klingt doch nach jeder Menge Spaß. Und dann würde ich mitten in der Nacht bei dir zu Hause aufkreuzen und unter deinem Fenster so lange richtig laute Musik spielen, bis du mich erhörst.«
Ich kicherte. »Du guckst zu viele Filme. Ooh, ich weiß, wir könnten Laborpartner sein!«
»Waren wir in Verteidigung denn nicht auch so was Ähnliches?«
»Schon, aber an einer normalen Highschool hätten wir mehr Naturwissenschaften und bekämen weniger Schläge ins Gesicht.«
»Wie angenehm.«
Die nächsten Minuten verbrachten wir damit, uns Szenarien wie diese auszumalen, wobei wir alle Sportarten mit einbezogen, in denen Archers L’Occhio-di-Dio-Fertigkeiten
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