Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
einen Dämon beschworen hatten. Also haben wir beschlossen, ich solle mich ihr nähern und herausfinden, was da wirklich los war.«
»Und du hast dann für dich entschieden, ihr sehr nah zu kommen.«
Er lachte leise. »Ich kann zwar dein Gesicht jetzt nicht erkennen, Mercer, aber ich hab so das Gefühl, dass du echt süß aussiehst, wenn du eifersüchtig bist.«
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und erwiderte: »Es ist keine Eifersucht, die du da heraushörst, es ist Abscheu. Du warst mit einem Mädchen zusammen, das du nicht einmal leiden konntest, nur um Informationen aus ihr rauszuholen.«
Sein Lachen erstarb, und mit erschöpfter Stimme sagte er: »Glaub mir, eine Menge meiner Brüder haben da viel Schlimmeres getan.«
Ich hatte noch so irre viele Fragen an ihn, aber es war ja leider nicht so, als hätten wir die ganze Nacht hier draußen sitzen und den Sprechstab rumgehen lassen können. Es war eher an der Zeit, endlich auf den Punkt zu kommen.
»Und das Auge hat dir also den Befehl gegeben, auch bei mir einen auf Mata Hari zu machen?«
Es folgte eine lange Pause, bevor er antwortete: »Ich sollte dich beobachten, ja. Sie fanden es merkwürdig, dass Atherton sein eigenes Kind nach Hecate geschickt hat, also wollten wir lieber ein Auge auf dich werfen. Kein Witz beabsichtigt.«
Ständig wechselte er zwischen wir und sie hin und her, wenn er über das Auge sprach. Allerdings konnte ich ihm wohl kaum einen Vorwurf daraus machen, dass er vollständig schizo war. Es musste wirklich schräg sein, über einen so langen Zeitraum zwei Leben zu führen.
Dann stieß er sich vom Baum ab und fügte hinzu: »Also, ja, du warst Teil des Jobs, richtig. Versteh mich nicht falsch, Mercer, ich mag dich. Du bist klug, dein Sarkasmus ist genial und, mal abgesehen von diesem Zwischenfall mit dem bösen Hund, bist du sogar eine ziemlich tolle Hexe. Und es ist ja nun auch nicht so, als wäre dein Anblick kaum zu ertragen.«
»Schweig still, mein pochend Herz.«
»Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Nichts von dem Archer Cross, den du in Hecate kennengelernt hast, existiert wirklich. Dieses eine Mal im Keller hab ich deinen Kuss erwidert, weil es mein Job war, in deiner Nähe zu bleiben. Und wenn es dein Wunsch war, dass unsere Beziehung diese Richtung einschlägt, na, dann sollte es eben so sein. Ich hab dich also nur geküsst, weil ich es musste. Nicht unbedingt der härteste Auftrag, den ich je zu erledigen hatte, aber eben schon ein Auftrag.«
Ich stand einfach nur da, während seine Worte brutal auf mich einschlugen. Mein Herz krampfte sich zusammen. Doch dass ich mich jetzt so fühlte, als hätte ich einen Schlag vor die Brust bekommen, lag keineswegs an seinen Worten.
Sondern daran, dass er gelogen hatte. Dieser Vortrag war ihm einfach viel zu schnell und fließend über die Lippen gekommen, fast so, als hätte er ihn auswendig gelernt. Genauso wie ich auch einstudiert hatte, was ich ihm alles sagen würde, sollte ich ihn jemals wiedersehen.
Allerdings wusste ich in diesem Augenblick nicht einmal ansatzweise, wie ich damit umgehen sollte. Also sagte ich stattdessen nur: »Na, dann ist ja alles klar. Ein Juhu auf die Ehrlichkeit. So, und nachdem du das Geständnis des Abends nun hinter dich gebracht hast, wie wär’s, wenn du mir jetzt erzählst, warum wir überhaupt hier sind?«
Es folgte eine weitere Pause, und dann setzte er sich wieder in Bewegung. Ich ging wortlos hinter ihm her, nur die Blätter raschelten unter meinen Füßen.
»Wie gesagt, Hecate Hall hat das Auge schon immer nervös gemacht.«
»Warum? Haben sie etwa Angst vorm bösen Wolf?«
Ich dachte, er würde vielleicht darüber lachen, doch stattdessen erwiderte er: »Denk nach, Mercer. Ein Ort, an dem die Prodigien ihre mächtigsten Mitglieder zusammentreiben? Jetzt sag bloß nicht, das sei nicht verdächtig.«
Auf diesen Gedanken war ich noch gar nicht gekommen. Ich hatte uns in Hecate einfach immer für die vollkommenen Blindgänger gehalten, aber in gewisser Weise hatte Archer eigentlich recht. Wir wurden allesamt nach Hecate verdammt, weil wir Zauber gewirkt hatten, die sehr mächtig und gefährlich waren. Ich dachte an Cal und daran, dass er gesagt hatte, ich wäre besonders kreativ . Aber waren das denn nicht so ziemlich alle in Hecate?
Trotzdem, die Vorstellung, dass der Ort, den ich seit fast einem Jahr mein Zuhause nannte, in Wahrheit eine üble Farm für mächtige Prodigien war, die fand ich – gelinde gesagt – ziemlich
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