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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zerfetzen. Er überlegte es sich dann
aber.
    »Hinaus!« befahl er mit
heiserer Stimme.
    »Wenn ich es Ihnen erst
buchstabieren muß, will ich das tun«, sagte ich. »Nicholas Blair wurde zu einem
gefährlichen Mann in fünfzehn Minuten, nachdem Sie ihn hier zum erstenmal
sahen. So gefährlich, daß Sie seiner Frau rieten, ihn sofort einweisen zu
lassen. Sie mußten zwei Wärter zu Hilfe rufen, damit sie ihm das Messer
abnahmen und ihn gewaltsam aus Ihrem Sprechzimmer brachten. Schizophrenie im
vorgeschrittenen Stadium sagten Sie, Doktor.«
    »Und damit hatte ich recht«,
entgegnete er, aber in seinen Worten klang keine ehrliche Überzeugung mit.
    »Am gleichen Abend läuft er
hier fort, ohne auch nur von jemand gesehen zu werden, der ihn aufhalten
könnte«, hielt ich ihm entgegen. »Die Türen standen weit offen, und durch einen
glücklichen Zufall steht draußen unmittelbar vor dem Eingang ein Wagen, als ob
er auf ihn wartete, ein leerer Wagen, in dem der Zündschlüssel einladend im
Schloß steckt. Ihr Wagen, Doktor.«
    Ich zündete mir eine Zigarette
an und beobachtete, wie er versuchte, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken.
Er gab sich Mühe, große Mühe sogar, aber es gelang ihm nicht. Das Zittern wurde
merklich schlimmer. Er nahm seine Hände von der Schreibtischplatte und verbarg
sie vor mir, aber inzwischen hatte das Zittern auch seine Schultern ergriffen.
    »Und was wollen Sie von mir?«
fragte er mit bebender Stimme.
    »Die Wahrheit«, antwortete ich
ihm, »und zwar die ganze Wahrheit.«
    »Worüber?«
    »Jetzt fangen Sie schon wieder
an, auszuweichen«, warnte ich ihn. »Fangen wir bei meinem ersten Besuch bei
Ihnen an, als ich Ihnen von dem mit mir befreundeten Schauspieler berichtete,
der sich nicht mehr aus seiner Shakespeare=Rolle herauslösen konnte, auch
nicht, nachdem er die Bühne verlassen hatte. Sie gaben mir einen Termin für den
nächsten Vormittag. Was geschah dann?«
    Die Tür wurde plötzlich
aufgestoßen, und mit geröteten Augen schoß die Empfangsdame in das Zimmer.
»Doktor«, wehklagte sie, »o Doktor. Noch nie in meinem Leben bin ich so
beleidigt worden.«
    Frazer hob seinen Kopf zwei
Zentimeter und betrachtete sie böse. »Gehen Sie mir aus den Augen, Sie
geschlechtslose Vogelscheuche«, sagte er. Er sprach jedes einzelne Wort
sorgfähig und kristallklar aus. »Gehen Sie, und lassen Sie sich Ihren Kopf
einschrumpfen. Sie verlieren dabei nichts als einen luftleeren Raum.«
    Sie machte kehrt. Ihr Gesicht
war in Entsetzen erstarrt. Ich machte die Tür hinter ihr wieder zu.
    »Etwas Ähnliches wollte ich ihr
schon seit mindestens fünf Jahren sagen«, verkündete Dr. Frazer fast mit sich
zufrieden. »Schließlich hat auch eine ruinierte Karriere ihre tröstlichen
Seiten, obwohl ich das nie für möglich gehalten hätte.«
    »Jetzt erzählen Sie schon
endlich«, forderte ich geduldig.
    »Sie sollen alles erfahren, Mr.
Boyd«, antwortete er schnell. »Sie wissen ohnehin schon genug, um hinter alles
andere auch noch zu kommen, wenn Sie unbedingt wollen. Am Tage Ihres ersten
Besuches suchte mich noch jemand auf. Er wußte alles über Sie und auch alles
über die Blairs. Er sagte mir, daß die Verabredung, die Sie mit mir getroffen
hatten, das Ergebnis einer Wette sei, die Sie mit Nicholas Blair geschlossen
hätten. Es ging darum, daß Blair nicht lange genug eine Rolle spielen könne, um
einen Experten eine Viertelstunde lang irrezuführen.«
    »Soweit ist alles richtig«,
bestätigte ich, »aber irgendwo muß da ein Haken sein.«
    Er nickte verdrossen. »Dieser
Mann sagte, er wolle sich mit Nicholas Blair einen Scherz erlauben, aber er
brauche dabei meine Unterstützung. Mir paßte die ganze Sache nicht. Es paßte
mir nicht, daß Sie meine Zeit für diesen Unsinn vergeuden wollten, es paßte mir ebensowenig , daß die
Blairs sich darauf eingelassen hatten, und es paßte mir schon gar nicht, daß
dieser Mann die Sache noch weiter treiben wollte. Ich verlor meine
Selbstbeherrschung. Ich wollte ihn im wahrsten Sinne des Wortes aus meinem
Sprechzimmer hinauswerfen lassen.« Er lächelte kurz. »Jedenfalls wollte ich es
versuchen.«
    »Dann kam also der wirkliche
Haken«, sagte ich. »Vermutlich wohl so etwas wie Geld.«
    »Jawohl, so etwas wie Geld,
ganz eindeutig«, bestätigte Frazer. »Der Mann war sehr höflich und
entschuldigte sich sehr. Er wisse, sagte er, die ganze Angelegenheit klinge
absurd, aber er lege größten Wert darauf. Er wies darauf hin, daß alle
Beteiligten

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