Hexe sucht Besen (German Edition)
Polizei gleich den eigens verkohlten Brandtstifter am Tatort vorfinden. Das wäre ja so, als würde ich versuchen meine ärgste Feindin in die Jauchengrube zu schubsen, rutsche dabei auf einem Scheißhaufen aus und lande selbst in der Brühe. Oh lieber Gott hilf mir, dass ich hier wieder lebendig herauskomme, wimmere ich verängstigt. Aber da ich als tiefgläubige Atheistin nicht weiß wie man ein richtiges Gebet spricht, vertraue ich dann doch lieber auf die mechanischen Wunder und ziehe vorsichtig das Rollo hoch, klettere hinaus, spurte auf die Straße, und überquere die Fahrbahn in aller Gemütsruhe, so als hätte man mich gerade bei einer Pilgerfahrt aus dem Bus geworfen.
Daheim angekommen, werfe ich die Stiefel in die Mülltonne und lege mein Tatwerkzeug wieder an seinem Platz zurück, reinige mein verrußtes Gesicht, genehmige mir einen Kognak und genieße meine Angst.
Jetzt wo ich alles überstanden habe, mein Erstlingsverbrechen mit Bravour gemeistert habe, fürchte ich mich plötzlich vor den Konsequenzen, die mich bitter aufstoßen lassen. Ungeduldig schalte ich das Radio an und warte verstört auf die Nachrichten des Regionalsenders. Der Nachrichtensprecher ist anscheinend von meinen Brandanschlag noch nicht informiert worden, denn er berichtet nur von einem Familienvater der seine sechsköpfige Familie ausgerottet und sich dann der Polizei gestellt hat. Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als die nächsten Stunden vor dem Gerät zu verweilen, bis mich die Müdigkeit dazu zwingt, auf meinen Küchenstuhl einzuschlafen, und am nächsten Morgen, sowohl mit Genickstarre als auch mit dem nicht minder erheiterten Gefühl aufwache, eine mutmaßliche Straftäterin zu sein.
Von meinem Küchenfenster aus, blicke ich auf die Mülltonne, in der ich die Stiefel entsorgt habe und überlege, ob ich die Schuhe nicht doch lieber wieder heraushole . S ie reinige und in Walters Schuhschrank zurückstelle, schließlich haben die mal ein Vermögen gekostet. Dagegen steht allerdings, dass der Müll morgen Mittag abgeholt wird, und somit der wohl wichtigste Belastungsgegenstand vom Müllcontainer verschluckt wäre. Aber was ist, wenn morgen früh die Polizei mit der Spurensicherung im Schlepptau, mein gesamtes Grundstück durchforstet?
Ach was, ich hole die Stiefel aus der Tonne, spritze sie mit dem Gartenschlauch ab und stelle sie anschließend zum Trocknen vor die Haustür. Warum sollte ich mich verrückt machen, ohne auch nur ansatzweise einen Grund zu haben. Verflucht, wo sind eigentlich meine Lederhandschuhe verblieben? Habe ich die etwa...? Du lieber Himmel, das wäre ja furchtbar ärgerlich, wenn ich die womöglich am Tatort liegen gelassen habe. Die waren aus echtem Ziegenleder und ein Weihnachtsgeschenk von Walter.
Wie ein geölter Blitz stürme ich aus dem Haus in die Garage, um im Auto nach dem vermissten Geschenkgut zu suchen. Nichts! Krampfhaft versuche ich meine Gedankenwelt der letzten Stunden zu durchleuchten, bis ich das kostbare Leder, beim zufälligen Hineingreifen in meine Hosentaschen, erspüre. Na Bitte! Hätte mich auch gewundert. Schussligkeit war noch nie eine Schwäche, mit der man mich belasten konnte. Da müsste ich schon auf meine Tugenden verweisen. Zum Beispiel , Sparsamkeit, auch salopp als Geiz bekannt. Diese Vorliebe könnte sich durchaus nachtragend auf meine Person auswirken. Papperlapapp! Ich stülpe jetzt die Mülltonne um, in der ich Walters Stiefel ganz tief unten versteckt habe. Um genau zu sein, handelt es sich dabei um die Biotonne. Wie dem auch sei. Ich muss die Dinger wieder haben. Die würden mir bei Ebay noch mindestens 150 EURO bringen. Die Bullen hätten die sowieso nicht gefunden. Wahrscheinlich hätten die mein gesamtes Grundstück umgebaggert, aber wären nie auf den simplen Einfall gekommen, dass man feine Lederstiefel auch zwischen Kartoffelschalen, verfaulten Essensresten und emsig ausgespülten Joghurtbechern verstecken kann. Ich weiß, Joghurtbecher gehören nicht in den Biomüll, sondern in die Papiertonne.
Gesagt, getan! Ich habe die Stiefel zurück erobert und stinke nun wie Frau Hering, die man aus einer fauligen Tomatensoße gefischt hat. Niemand hat mich bei meiner rastlosen Wühlarbeit gesehen, außer Frau Rosenstein, die mit ihrer Dogge einen Abendspaziergang gemacht hat. Sie hat mich aber nur beim Vorbeigehen freundlich gegrüßt und darauf aufmerksam gemacht, dass heute Vollmond ist, und viele Menschen dadurch dazu neigen
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