Hexenblut
auf Eli abgefärbt. Aber später würde sie noch Zeit genug haben, darüber nachzudenken - über sie beide.
Amanda drückte ihre Hand, und sie erwiderte den sanften Druck. Dann erst wurde ihr klar, dass ihre Schwester diese Unterhaltung zwangsweise hatte mit anhören müssen.
Jer wandte seine Aufmerksamkeit der restlichen Streitmacht zu, die sich im Lauf der Nacht versammelt hatte. Seine Armee kniete vor ihm nieder, und er sprach einen Schutzzauber. Seine Leute trugen Rüstungen, geschmiedet aus Erinnerungen des Mittelalters und der Magie der modernen Welt. Die silbrig schimmernden schwarzen Kampfanzüge erinnerten an Catsuits, und metallene Brustharnische und Helme schützten ihre lebenswichtigen Organe. Sie waren mit Maschinengewehren und Lanzen bewaffnet, mit Pistolen und Armbrüsten. Armand und Pablo hielten Kreuze in den Händen, und Jer musste ein verächtliches Schnauben über ihren altmodischen Aberglauben an den Christengott unterdrücken.
Magische Nebelschwaden wallten zwischen den vielen vertrauten Gesichtern, als sich die Armee erhob und ihn als obersten Anführer grüßte. Die Geister gefallener Krieger erschienen und verschwammen immer wieder: Kialish, Eddie, Dan, Barbara, Tante Cecile, Silvana, Alonzo, José Luis, Josh, Marie-Claire und Hollys Vater Daniel. Cahors aus früheren Jahrhunderten, manche noch intakten Geistes, blickten verwirrt auf ihren Anführer - einen der verhassten Deveraux. Er konnte sich ihrer Loyalität nicht gewiss sein. Er hatte Hunderte von Golems geschaffen und ihnen die Namen von Merlin, Laurent und Catherine in die Münder gelegt. Drei Drachen kreisten über ihnen am Himmel, große Silhouetten vor dem Mond. Er hörte Höllenhunde bellen, die beliebtesten magischen Begleiter der Hexer.
Der Boden bebte, als Terrakotta-Soldaten aus China und Zombies aus Haiti sich Jers Truppen anschlossen. Löwen, Greife und Mantikore nahmen Aufstellung.
Die Ruine des Schlosses ragte kahl und unerbittlich vor dem Nachthimmel auf. Vor dem bröckelnden Stein und Mörtel der Mauern wirkte Nicole völlig fehl am Platz. Jer konnte die aufrechte, wahre Liebe zu Nicole im Herzen seines Bruders fühlen, und das beunruhigte ihn. Der Gedanke, dass ein Hexer, der sich früher ganz und gar der Schwarzen Kunst verschrieben hatte, solche Liebe empfinden konnte... Da musste eine Macht am Werk sein, die Jer nicht kontrollieren, ja nicht einmal verstehen konnte. Würde sie sich gegen ihn wenden?
Hatte sie ihm Holly genommen, für immer?
Es drehte ihm den Magen um. Seine Gedanken überschlugen sich. Wie Holly, so hatte auch er grausige Opfer dargebracht und Teile seiner Seele gegen die Macht eingetauscht, seinen Zirkel zu schützen. Er trug Narben äußerlicher wie innerlicher Art, doch er wusste, dass ihre Verletzungen ebenso tief reichten. Vielleicht hatten die Wunden, die bei ihr diese Narben hinterlassen hatten, sie überfordert. Er wusste es nicht. Er wusste nur eines: Wenn er heute sterben sollte, dann deshalb, weil er sie liebte, und die Mitglieder ihres Covens, und seine eigenen Leute.
Ich hätte ihr Angebot, mich mit ihr zu vermählen, nicht ablehnen dürfen, dachte er und ballte die vernarbten Hände zu Fäusten, als ihm ein kalter Wind ins Gesicht fuhr. Regentropfen klatschten auf seinen kahlen Kopf. Ich habe meine einzige Chance vertan, glücklich zu werden. Außerdem war es dumm, diese Chance nicht zu nutzen, um unsere Leute besser schützen zu können. Unsere vereinte Macht hätte das hier verhindert.
Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Reue war etwas für Schwächlinge. Wieder betrachtete er Nicole und staunte darüber, wie sehr sie sich verändert hatte. Die Trauer um ihren toten Philippe stand ihr so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass man kaum hin- schauen mochte. Philippe hatte das verrückte, wilde Mädchen nie gekannt, das bei Jer und Eli zu Hause herumgehangen hatte in der Hoffnung, irgendeinen großen bösen Zauber mitzuerleben. Böse Mädchen mögen böse Jungs, und Nicole war ganz naiv davon ausgegangen, dass alle Deveraux so waren. Sie hatte ja nicht ahnen können, dass sie böse Männer waren. Darin lag ein gewaltiger Unterschied.
Holly hatte das gewusst. Sie hatte es gesehen. Und sich abgewandt.
Jer holte tief Luft. Es war an der Zeit. Sie waren so gut wie nur möglich vorbereitet. Er spürte, wie Laurent nach seinen Gedanken tastete, ihn zu finden versuchte. Schmerzhaft drehte es ihm den Magen um. Er streckte die Hand aus und nahm Karis kalte Finger
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