Hexenblut
beiden in den Armen.
Ruine von Schloss Cahors, Frankreich
Merlin lief immer noch frei herum.
Der neu gegründete Zirkel der Überlebenden war sich einig, dass die letzte Schlacht sich nicht auf Sir Williams Familienstammsitz abspielen sollte. Das war ein allzu großer Heimvorteil. Nach langen Diskussionen einigten sie sich auf die Ruine von Schloss Cahors, wo Merlin wieder in ihre Welt eingetreten war. Dorthin würden sie den Kampf tragen.
Richard war immer noch nicht ganz klar, was in Köln geschehen war. Eben noch waren sie dort in einen heftigen Kampf verwickelt gewesen, und im nächsten Moment waren sie nicht einmal mehr auf dem Festland. Seit drei Tagen waren sie wieder in Scarborough, ruhten sich aus und erholten sich. Eli war vollständig genesen, wie auch alle anderen, die verwundet worden waren.
Philippe allerdings blieb tot.
Mit Sashas Hilfe erschufen Jer und Eli ein Portal, durch das sie zur Ruine von Schloss Cahors gelangten. Die drei Gestalten - Engel? - warteten dort auf sie und halfen Anne-Louise, eine schützende Barriere zu errichten, die sie verbergen würde, bis sie bereit waren.
Der Morgen brach an. Richard wusste, dass dies der letzte Sonnenaufgang war, den die meisten von ihnen je sehen würden. Er stand ein Stück abseits von den anderen, genoss den heraufziehenden Morgen und prägte sich jede Nuance des farbenprächtigen Schauspiels ein. Pablo gesellte sich zu ihm, und gemeinsam betrachteten sie den Sonnenaufgang, atmeten ruhig und versuchten, sich diesen Moment nicht von den bevorstehenden Schrecken nehmen zu lassen.
»Du denkst oft ans Angeln«, sagte Pablo.
Richard blickte überrascht drein, dann lächelte er. »Ja, das stimmt wohl.«
»Ich war noch nie angeln.« Pablo sah so jung aus und so allein. Mitgefühl packte Richard.
»Wir gehen zusammen angeln, wenn das hier vorbei ist.«
»Gracias. Das wäre schön«, entgegnete Pablo.
Schließlich wandten sie sich ab und kehrten zu den anderen zurück. Eine weitere Endschlacht. Schon beinahe ironisch. Vielleicht gab es so etwas wie eine letzte oder entscheidende Schlacht gar nicht, nur immer schwerere, beängstigendere Kämpfe. Richard fürchtete, dass dieser hier selbst verglichen mit dem Angriff auf das Hauptquartier des Obersten Zirkels ein Albtraum werden würde.
Einige, die damals auf ihrer Seite gestanden hatten, waren inzwischen tot, doch das hatte nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Er lächelte Kari aufmunternd zu. Beim letzten Mal hatten sich ihnen andere in den Weg gestellt. Er warf Eli einen stählernen Blick zu, dem dieser standhielt, ohne mit der Wimper zu zucken.
Er wünschte so sehr, Holly wäre bei ihnen. Sie war gefährlich und unberechenbar, aber auch mächtig, und sie würde für seine Töchter alles tun. Die wiederum würden ohne Holly niemals zu den drei Lilienfürstinnen werden.
Die Zeit war beinahe gekommen. Jer konnte es fühlen, es hören, als spräche die Ruine von Isabeaus Heim zu ihm. Er schritt die Frontlinie ab und inspizierte seine Truppen.
Tommy und Amanda standen Hand in Hand, Fürst und Fürstin. Nicole stand neben ihrer Schwester, dann kam Eli. Hexe und Hexer, weiblich und männlich – beider Magie würde gut zusammenwirken. Eve und ihre Zwillingsschwester Anne-Louise standen beieinander, die eine Meisterin des Angriffs, die andere Meisterin der Verteidigung. Die Macht, welche die beiden jetzt schon ausstrahlten, war unglaublich.
Anne-Louise hatte Luna, die Hohepriesterin des Mutterzirkels, durch einen Anruf so beschämt, dass sie mit einer Gruppe kampferprobter Hexen gekommen war. Auch Rose war da. Sie alle standen bereit und warteten auf Jers Zeichen. Luna, Sasha und Rose bildeten ein weiteres Dreigestirn.
Wieder andere waren auf ihr Bitten von Zirkeln der Göttin auf der ganzen Welt hergeschickt worden. Sie hielten sich im Hintergrund als zweite Angriffswelle bereit. Wenn es so weit kam, glaubte Jer, würden sie allerdings kaum mehr tun können, als die erste Reihe zu begraben.
Derek hatte sich zu einer geheimen Faszination für den katholischen Glauben bekannt und stand nun bei Pablo und Armand. Alle drei trugen Kreuze, sogar Derek, und Armand war von Kopf bis Fuß mit Symbolen sämtlicher Religionen bedeckt, von denen Jer je gehört hatte. Wenn es so lief wie bisher, würden die meisten Dämonen ihn zuerst angreifen.
Hinter diesen dreien standen die drei Engel. Das war Jer sehr unheimlich, und er bereute seine boshaften Gedanken über die Männer des europäischen Covens und ihre
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