Hexenblut
Mahagonischränken, Arbeitsflächen aus Granit und modernste Küchengeräte.
Sie stellte die Schatulle mit dem Traumfänger neben dem Herd ab und suchte aus der glänzenden Girlande von Kochgeräten über ihrem Kopf einen schimmernden Kupfertopf heraus. Sie füllte ihn mit gesegnetem Wasser, gab Salz hinzu und stellte ihn auf den Gasherd. Dann schaltete sie den elektrischen Wasserkocher ein, um sich einen Tee zu machen.
Als das Wasser auf dem Herd kochte, bewegte sie den Traumfänger durch den aufsteigenden Dampf über dem Topf und sprach: »Lass mich sehen, trenn die Säume, zeig mir die Stoffe meiner Träume.«
Aus einer Schublade nahm sie ein schlichtes Notizbuch, das sie im Dorfladen gekauft hatte, schlug eine leere Seite auf und versah sie mit dem Datum - 1. August. Sie nahm einen ebenso gewöhnlichen Stift, hielt ihn über das Papier und wartete darauf, dass aus den feinen Fäden Bilder hervorzuschweben begannen. Zuerst erschienen die verschwommenen Gesichter von Tommy und den anderen, wie sie erwartet hatte; von ihnen träumte sie immer. Dann kamen ein paar zufällige Erinnerungen an den vergangenen Tag - wie sie den Fußboden wischte, ein Käsesandwich toastete, mit Owen spielte.
Und schließlich Andeutungen scheinbar sinnloser Bilder, die hoffentlich den Schlüssel zu ihren Albträumen enthielten, und zu diesem Haus:
Eine Lilie - Symbol der drei Lilienfürstinnen - Nicole, Holly und sie selbst.
Ein ungeschlachter schwarzer Dämon mit Fangzähnen aus glühenden Kohlen und schwarzen Echsenaugen - Sir William? Oder sein toter Sohn James?
Ein kristallener Schlüssel - hm, weiße Magie? Eine Enthüllung?
Ein Kaninchen - Fruchtbarkeit. Owen?
Und dann kam nichts mehr. Überrascht blieb sie stehen und wartete ab. Normalerweise stiegen aus dem Traumfänger Dutzende oder gar Hunderte von Bildern auf. Seit sie das Ritual durchführte, hatte sie nie weniger als neununddreißig Bilder in ihrem Notizbuch aufgelistet - eine magische Zahl, dreizehn mal drei. Vier war - einfach falsch.
Sie sprach die Zauberformel noch einmal.
Das Wasser im Topf sprudelte und spritzte und zischte wie eine zornige Katze. Amanda wich ein Stück zurück, um nicht verbrüht zu werden. Einen Moment lang nahm ihr dichter Dampf die Sicht, und dann stieg ein Bild nach dem anderen aus dem Topf auf, sie wirbelten und gingen rasch ineinander über. Hastig kritzelte sie in ihr Notizbuch: »blaues Auge, ein liebliches Lächeln, Owens Gesicht, ein Stechpalmenzweig, Wasser (Meer? See?), Pyramide, gelbe Blume, blaues Gewand mit Gold, eine Schlucht, Bus fährt an einer Burg vorbei, noch mehr Blumen, Schatten, Bäume, Sonnenlicht...«
Kurz darauf war das Wasser im Topf vollständig verdampft, und sie hatte drei Seiten vollgeschrieben. Während ihr Tee zog, murmelte sie Zauber über dem Traumfänger, die ihn von der Ausbeute dieser Nacht reinigten und darauf vorbereiteten, die Träume der kommenden Nacht einzufangen. Dann betete sie zur Göttin in ihrer Inkarnation als Athene um Erkenntnis, was die Bilder zu bedeuten hatten. Viele Hexen waren überzeugt davon, dass jeder Traum verschlüsselte Botschaften des Unterbewusstseins enthielt, die den Träumenden führen und schützen sollten.
Als Holly noch den Zirkel geleitet hatte, hatte sie ihnen praktisch verboten, mit Träumen zu arbeiten. Sie hatten in ihren wachen Stunden wahrlich genug zu tun gehabt, und Holly hatte befürchtet, ihre Feinde könnten versuchen, die Mitglieder ihres Covens durch deren Träume und Albträume anzugreifen. Aber Holly war nicht hier.
Und wo sie steckt, wissen wir auch nicht.
Amandas Vater hatte vorgeschlagen, dass sie möglichst keinerlei Kontakt zueinander aufnehmen sollten, außer, wenn es dringend nötig war. Je weniger Menschen wussten, wo sie sich aufhielten, desto besser.
Aber was ist mit Philippe?
Seufzend ging sie zum Kühlschrank, um schon einmal das Frühstück vorzubereiten. Amanda, immer die Brave, Stille, sei es in ihrer Familie oder im Zirkel, diejenige, die Frühstück machte und hinterher aufräumte. Amanda, die erst jetzt lernte, ihre Meinung zu sagen und - mit wackeligen Knien - für das einzustehen, woran sie glaubte.
Amanda.
Sie neigte den Kopf zur Seite. Hatte jemand nach ihr gerufen? Sie lauschte, zuckte dann mit den Schultern und öffnete den Kühlschrank. Eier, Milch, Toastbrot. Sie würde Arme Ritter machen. Nicole mochte sie sehr, und da sie Owen stillte, brauchte sie reichlich Kalorien. Er war unersättlich.
Amanda stellte die Zutaten
Weitere Kostenlose Bücher