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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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auf die Arbeitsfläche und drehte sich um, um eine Rührschüssel aus dem Schrank zu holen. Sie ging an einem Doppelspülbecken aus Edelstahl vorbei, hinter dem Keramikfliesen mit grünen und roten Falken die Wand vor Spritzern schützten. Darüber hing der Mahagoni-Wandschrank, in dem sie ein paar getrocknete Kräuter und Owens Schnuller aufbewahrten. Ganz kurz huschte das schwache Bild einer Tür durch den Rand ihres Gesichtsfelds.
    Stimrunzelnd blickte sie sich um, dann musterte sie die Spülbecken, die Fliesen, die Schränke. Den Karton mit den Eiern noch mit einer Hand an die Brust gedrückt, fragte sie laut: »Habe ich gerade etwas gesehen?«
    Sie bekam keine Antwort. Nichts sah irgendwie ungewöhnlich aus. Ein angenehmes Gefühl der Ruhe überkam sie, und sie schüttelte erleichtert den Kopf. Alles war in Ordnung. Sie waren in Sicherheit.
    Sie kümmerte sich um das Frühstück.
    Seattle 1971: Daniel und Marie-Claire Cathers
    »Du bist vielleicht mies gelaunt«, bemerkte Marie-Claire schmollend.
    Daniel Cathers wandte sich seufzend seiner Schwester zu. Sie trug ein langes schwarzes Kleid, schulterfrei und mit Nackenband. Silberne Armreifen schimmerten an ihren zarten Handgelenken. Sie hatte sich auf der Couch im Wohnzimmer drapiert, und der Kontrast zu dem schneeweißen Bezug war sehr wirkungsvoll.
    »Du ruinierst noch meine Party«, fuhr sie fort.
    »Muss sich denn immer alles nur um dich drehen?«, erwiderte er barsch.
    »Ja«, antwortete sie und zuckte mit den zarten, weißen Schultern.
    Marie-Claire war schon immer eitel und egoistisch gewesen. Damit hatte er sich vor Jahren abgefunden. Sie war wunderschön, und darauf ruhte sie sich aus, um sonst nichts sein zu müssen.
    Er wandte sich ab, entschlossen, nicht mit ihr zu streiten. Er wusste aus Erfahrung, dass er damit nichts erreichen würde. Mit einer fließenden Bewegung stand sie auf und legte ihm eine Hand auf den Arm. Als er sich doch wieder zu ihr umdrehte, bemerkte er überrascht, dass sie die Stirn gerunzelt hatte. Sie war nervös.
    »Weißt du, Richard kommt heute Abend, und ich will nur, dass alles perfekt ist«, sagte sie.
    Daniel lächelte. »Ah, der Favorit des Tages«, spottete er.
    Sie errötete. »Nenn ihn nicht so«, fauchte sie.
    Er konnte sich seine Sticheleien nicht verkneifen. Immerhin war sie seine Schwester. Da durfte man sticheln. »Ja, entschuldige, du triffst dich tatsächlich schon seit über zwei Wochen mit ihm.«
    »Nur zu deiner Information, wir sind seit drei Monaten zusammen«, sagte sie mit zornig blitzenden Augen.
    Etwas in diesem Blick ließ ihn innehalten. »Es ist dir ernst mit ihm, nicht wahr?«
    Sie nickte mit großen Augen.
    »Er ist verrückt, macht ständig Ärger - nicht gerade der ideale Ehemann.«
    »Ich sehe das anders.«
    »Und wie sieht er das?«
    »Er hat mich bereits gefragt, ob ich seine Frau werden will.«
    »Ach, jetzt verstehe ich! Und du hast Mom noch nichts davon gesagt. Das wird lustig«, scherzte Daniel mit einem schiefen, schelmischen Grinsen. Er konnte die Gardinenpredigt beinahe schon hören, die Marie-Claire mit Sicherheit bevorstand.
    »Ich habe vor, es ihr heute Abend zu sagen«, informierte sie ihn.
    Daniel seufzte. »Du weißt doch, dass das Militär ihn jeden Moment einziehen kann.«
    Marie-Claire reckte das Kinn. »Na und?«
    »Und was, wenn er nicht zurückkommt?«
    »Er kommt zurück.« Sie wirkte nicht so zuversichtlich, wie sie klang. Ihre zarten Armreifen klimperten, als sie die Arme vor der Brust verschränkte.
    »Was, wenn du ihn dann nicht mehr willst? Ich meine, selbst wenn du es schaffst, auf ihn zu warten, könnten ihm alle möglichen Körperteile fehlen, wenn er aus Vietnam zurückkommt.«
    Sie knallte ihm eine. Obwohl seine Wange brannte - oder vielleicht gerade deshalb wuchs seine Achtung vor ihr. Vielleicht wurde sie doch endlich erwachsen. Trotzdem konnte er sich seine Schwester kaum als Ehefrau vorstellen. Er lächelte sie mit schmalen Lippen an und verließ den Raum.
    Er ging hinauf in sein Zimmer, schloss die Tür ab und setzte sich an seinen Schreibtisch. Aus der Schublade, versteckt unter der Ablage mit Stiften und Büroklammern, nahm er das heraus, weshalb er sich zurückgezogen hatte. Es war ein uraltes Buch, eine in Leder gebundene Handschrift. Es war in ein schwarzes Seidentuch eingeschlagen, das mit Silberfaden prachtvoll mit einem Falken und Lilien bestickt war. Er wickelte es aus.
    Mit einem Schaudern schlug er das Buch auf und las an der Stelle weiter, wo er

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