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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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unter der Tür hindurch nach draußen zu sehen, doch da war kein Zwischenraum zu erkennen. Dennoch war sie davon überzeugt, es auf die andere Seite, in die Freiheit zu schaffen.
    Sie begann energischer zu graben, und als die ersten Bröckchen aus dem Untergrund herausbrachen, schob sie sie mit den Händen zur Seite. Der Boden war aber immer noch zu fest, und ihre brüchigen Fingernägel bogen sich schmerzhaft nach hinten, als sie über den festgestampften Sandboden kratzten.
    Trotzdem grub sie weiter, lockerte mit der Feder den Boden auf und häufte alles neben ihren Füßen auf. Mit jedem Mal wurde das Loch ein wenig tiefer.
    Zwischendurch wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, denn diese Arbeit war für sie umso anstrengender, da sie seit Tagen kaum etwas gegessen und getrunken hatte. Aber sie wusste, sie durfte nicht aufgeben. Sie konnte es sich nicht leisten, sich Gedanken darüber zu machen, was passieren würde, wenn man sie ertappte. Es war ihre einzige Chance, und die musste sie nutzen.
    Eine Stunde verging, vielleicht sogar mehrere, und Sarah hatte ein beachtliches Loch gegraben, doch als sie es mit Kopf und Schultern testete, war es noch immer nicht groß genug. Sie musste sich tiefer in den Boden unter und jenseits der Tür graben, wenn sie ihrem Gefängnis entkommen wollte. Immerhin konnte sie jetzt bereits unter der Tür hindurchsehen. Eine Treppe führte nach oben. Was zu tun war, wenn sie erst einmal die oberste Stufe erreicht hatte, würde sie entscheiden müssen, wenn der Moment gekommen war. Sie wusste nur, dass sie dann nicht viel Zeit hätte, sich eine Strategie zurechtzulegen.
    Sie grub weiter und weiter, ihre Finger waren blutig, als die Feder auf einmal auf Widerstand stieß und sich verfing.
    Als sie daraufhin ihre Arbeit unterbrach und in das Loch schaute, entdeckte sie etwas undefinierbares Helles, an dem der Widerhaken der Feder festhing. Sie löste ihr Werkzeug und begann, die Erde ringsum wegzukratzen, um festzustellen, ob sie auf ein größeres Hindernis gestoßen war, das ihr Vorhaben gefährden konnte. Der Gegenstand war recht lang; seine glatte Oberfläche hatte die Farbe von Elfenbein.
    Plötzlich stieß Sarah einen Entsetzensschrei aus und machte einen Satz nach hinten. Sie drückte sich gegen die Wand, spähte von dort in das Loch und presste eine Hand auf den Mund. Das da war ein Knochen, daran gab es keinen Zweifel, ein fahler weißer Knochen, der sich deutlich von der dunklen Erde abhob, von der er umgeben war.
    Ängstlich näherte sie sich wieder dem Loch und begann, um den Knochen herum die Erde wegzukratzen, wobei sie versuchte, ihn respektvoll zu behandeln. Das war kein Tierknochen, das erkannte sie, da der Anblick die vergessen geglaubte Erinnerung an den Biologieunterricht in der Schule weckte. Es sah nach einem menschlichen Unterarmknochen aus. Als sie mehr Erde aus dem Weg geschafft hatte, wusste sie, sie hatte einen menschlichen Knochen vor sich. Sie konnte das Ellbogengelenk erkennen.
    Sarah kamen die Tränen, Panik stieg in ihr auf. Hier war jemand begraben worden. Sie begann, sich zur Hand des Toten vorzuarbeiten, und schließlich legte sie die Finger frei, schmale, zerbrechlich wirkende Knochen.
    Dann fiel ihr an einem der Finger etwas auf, das wie ein schwarzer Metallring aussah. Sie schluckte und spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Was es war, konnte sie sich bereits vorstellen, dennoch musste sie sich Gewissheit verschaffen. Ihre Hände zitterten, während sie die Erde weiter abwischte, und als sie schließlich fertig war und ihre Vermutung sich bestätigte, kauerte sie neben der Grube und schluchzte hemmungslos.
    Sie schaute zur Decke und wimmerte. »Nein, nein, nein, nein.« Durch die Tränen hindurch betrachtete sie ihre eigene rechte Hand, an der sie den gleichen Ring mit dem gleichen Emblem trug. Ein Gesicht mit weit aufgerissenem Mund, Silber auf schwarzem Grund.
    Sarah konnte nicht weitergraben, sie konnte nicht über das Grab einer Frau nach draußen robben, die vor ihr hier eingesperrt und ermordet worden war. Stattdessen begann sie, um sich herum den Boden zu lockern.

59
    M eine Finger trommelten einen nervösen Rhythmus auf meinem Knie. Den größten Teil der Nacht hatte ich damit zugebracht, über Olwens Worte nachzudenken – darüber, dass Sarah nicht die Mörderin, sondern das Opfer war. Und nicht das einzige. Schließlich war ich zu der Überzeugung gelangt, dass der Mann recht hatte. Im Internet war ich auf alte Zeitungsartikel und

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