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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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da und sahen Papiere durch oder hatten den Blick starr auf einen Bildschirm gerichtet.
    »Vielleicht wird es Zeit für einen Neuanfang«, überlegte Joe.
    Es war offenbar als Entschuldigung gedacht, woraufhin ich mit den Schultern zuckte. »Machen Sie sich darüber mal keine Gedanken. Womöglich ist mir Polizeiarbeit der alten Schule ja lieber.«
    Joe lächelte mir zu. »Gut.« Sein Blick fiel auf meine Notebooktasche. »Schreiben Sie schon an Ihrem Artikel?«
    »Ich will nur die wichtigsten Punkte festhalten.«
    »Und in welche Richtung geht’s?«
    »Kennen Sie Olwen, den Anführer des Zirkels?«, wollte ich wissen.
    »Nicht persönlich, aber Laura hat mir von ihm erzählt.«
    »Ist er eigentlich bei der Polizei bekannt? Sein richtiger Name lautet Michael Smith.«
    »Wieso fragen Sie?«
    »Er hat Rebecca Nurse gefunden, die Tote am Bach.«
    Das schien Joe zu überraschen, dann auf einmal musste er lächeln.
    »Habe ich irgendwas Amüsantes gesagt?«, fragte ich.
    »Nur so ein Gedanke«, erwiderte er. »Wissen Sie schon, was das Kernthema Ihres Artikels sein wird?«
    »Mehr oder weniger ja.«
    »Dass in Lancashire ein Serienmörder sein Unwesen treibt und dass wir diese Tatsache übersehen haben, richtig?«
    »Ganz so hart würde ich es nicht formulieren.«
    »Man könnte es auch ganz anders formulieren«, meinte Joe. »Sie können sagen, dass seit Jahren Mitglieder eines Hexenzirkels ermordet werden und der Täter immer noch auf freiem Fuß ist.«
    »Ich schreibe an einer Story, weiter nichts.«
    »Nein, das stimmt nicht«, widersprach Joe. »Sie spielen mit den Erinnerungen der Leute an geliebte Menschen, die sie verloren haben. Da müssen Sie verdammt vorsichtig sein.«
    »Vielleicht sind es ja gar nicht so viele, wie ich gedacht habe«, sagte ich.
    »Wieso das?«
    »April Mather war eindeutig ein Selbstmord. Ich habe mit einem Augenzeugen gesprochen.«
    Joe nickte nachdenklich. »Dann sind immer noch drei übrig.«
    »Ja, aber wenn ein Name von der Liste verschwindet, dann verliert die Verbindung zwischen den anderen an Überzeugungskraft. Wir haben Rebecca, dazu die beiden anderen Morde, außerdem ein paar vermisste Personen, die möglicherweise wirklich nur vermisst werden, jedoch nicht tot sind.«
    »Falls es gar niemanden gibt, der Hexen ermordet«, gab Joe zurück, »dann kommt Sarah wieder nur als mögliche Mörderin auf der Flucht infrage.«
    Ich nickte zustimmend, und Joe öffnete die Tür zu einem Zimmer, das mit Schreibtischen vollgestellt, aber so gut wie menschenleer war. Papierschnipsel lagen auf dem Fußboden verteilt, die den Umzug ins neue Präsidium nicht mitmachen würden. Die gelben Tapeten waren mit weißen Flecken übersät, wo vor Kurzem noch Fotos und Zettel an der Wand geklebt hatten.
    Laura saß auf einem Stuhl am Fenster und lächelte mich an. »Hallo, Jack.«
    Ich erwiderte das Lächeln. »Sieht ganz so aus, als hätten wir ein gutes Team beisammen.«
    »Gehen wir noch mal alles durch«, erklärte Joe. »Wir müssen herausfinden, ob Sie sich irren. Falls Sie sich nicht irren, wird Sarah nicht mehr lange leben.«

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    J oe breitete Fotos auf dem Schreibtisch aus. Ich beugte mich darüber und sah, dass sie Sarah Goode zeigten. Ihre kastanienbraunen Haare glänzten, sie lächelte entspannt in die Kamera. Daneben legte Joe Fotos von Lukes Leiche. Der muskulöse junge Körper war blutverschmiert, auf dem Bettlaken bildete das Blut dunkle Flecke.
    Ich ging näher an die Motive heran und studierte seine Haltung, wie er aus dem Bett gelehnt lag, eine Hand mit der Innenfläche nach oben auf dem Boden. Die Brustmitte zog meinen Blick besonders auf sich. Es war das Messer, von dem nur noch der schwarze Griff herausragte, während die Klinge ganz in den Leib getrieben worden war.
    »Sieht sie nach einer Frau aus, die so etwas tun würde?«, fragte ich und sprach fast mehr mit mir selbst.
    »Ich habe vor langer Zeit gelernt, nicht nach dem Äußeren zu gehen«, erwiderte Joe. »Aber was ist damit?« Mit diesen Worten legte er weitere Fotos auf den Tisch.
    Wieder beugte ich mich vor und nickte, um mein Entsetzen zu überspielen. Mir war klar, was Joe damit beabsichtigte. Er wollte mir zeigen, dass das mehr als nur eine Story war und dass es sich bei den Opfern um echte Menschen handelte.
    Die Fotos zeigten eine nackte junge Frau, der man die Hände auf den Rücken gebunden und diese Fesseln mit einem Seil um ihren Hals verbunden hatte. Diesen Knoten hatte ich schon einmal gesehen – bei dem

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