Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
Vom Netzwerk:
Lächeln. »Dies hier ist kein normales Tal«, entgegnete er und fuhr fort, bevor ich etwas sagen konnte: »Vielleicht war die Familie der Ansicht, dass sie mehr benötigte als den Schutz der Kirchenmauer. Es war eine Familie mit bewegter Vergangenheit. Sehen Sie sich die Jahreszahlen an. 1651 ist die früheste. Diese Menschen lebten während der Hexenprozesse. Und sehen Sie sich den Kirchturm an.«.
    Ich hob den Kopf und zuckte mit den Schultern. »Ich sehe eine Uhr.«
    »Gehen Sie auf die andere Seite.«
    Zunächst rührte ich mich nicht von der Stelle, da ich überlegte, warum er sich mit mir abgab, aber dann dachte ich an die Story, die ich schreiben wollte. Also ging ich weiter zur nächsten Seite und schaute wieder nach oben.
    »Sehen Sie das?«, fragte der Pfarrer und zeigte auf irgendetwas.
    »Noch eine Uhr«, stellte ich fest.
    Er drehte sich zu mir um und musterte mich eindringlich. »Das Auge Gottes. Wollen Sie mir erzählen, dass Sie es nicht sehen können?«
    »Was soll ich denn da sehen?«, fragte ich ratlos.
    »Dieses Oval, das unter der Uhr in den Stein eingelassen ist. Das Auge Gottes, das über das Dorf wacht.«
    Auf halber Höhe entdeckte ich dann tatsächlich ein Oval, dessen Mitte schwarz gestrichen war. Ich musste zugeben, dass es einem Auge glich, aber überzeugt war ich noch nicht.
    »Der Turm wurde nach den zweiten Hexenprozessen errichtet«, sagte er und sah weiter nach oben.
    »Nach den zweiten Hexenprozessen?«
    »Genau«, bekräftigte er. »Zwanzig Jahre nach den ersten Prozessen trafen sich Hexen bei Hoarstones, gleich hinter dem Hügel dort.« Dabei zeigte er weg vom Dorf. »Wieder waren die Nutters darin verstrickt. Weitere Verfahren, weitere Schmähungen, weitere Schuldsprüche.« Während ich den Blick schweifen ließ und mich fragte, wie es damals wohl gewesen sein musste, ergänzte er: »Bedenken Sie, wie klein diese Dörfer waren, wie wenige Menschen hier lebten, und dann überlegen Sie, wie viele davon der Hexerei zum Opfer fielen. Das Dorf benötigte dringend jemanden, der auf seine Bewohner aufpasste.«
    Ich versuchte, mir vorzustellen, wie der Kirchhof vor rund vierhundert Jahren ausgesehen haben musste, und merkte, dass sich eine Gänsehaut auf meinen Armen bildete.
    »Die Hexengeschichten sind hier keine Neuigkeit mehr«, sagte er und kam näher. »Wie werden Sie darüber schreiben?«
    Die Frage irritierte mich, und die Gegenwart dieses Mannes bereitete mir Unbehagen. »Ich kann mich nicht daran erinnern, Ihnen gesagt zu haben, dass ich Reporter bin.«
    Seine Wangen röteten sich ein wenig, aber dann zeigte er auf meine Kamera. »Sie halten ein Diktiergerät in der Hand, und an Ihrem Handgelenk baumelt eine Kamera. Ich habe nur eine logische Schlussfolgerung gezogen.«
    Ich erwiderte nichts darauf, doch seine Antwort konnte mich nicht überzeugen. »Um noch mal auf vergangene Zeiten zurückzukommen«, sagte ich stattdessen, »die Sache mit der Hexerei war also mehr als nur eine Familienfehde, die vor Gericht endete?«
    Ein flüchtiges Lächeln spielte um seine Lippen. »In jener Zeit war Hexerei ein Verbrechen an Gott.«
    »Und heute?«
    Nach kurzem Überlegen entgegnete er: »Das hängt davon ab, wen Sie fragen. Für einige ist Hexerei Satanismus in seiner irdischen Form.«
    »Und für die anderen?«
    »Ein harmloser Zeitvertreib, eine Zuflucht für Hippies, die einer Religion folgen wollen, die ja nicht verboten ist.«
    »Und wie denken Sie darüber?«
    Er kniff ein wenig die Augen zusammen. »Wenn ein Glaube nicht Gott dient, dann kann er nur gottlos sein. Es gibt nur einen Gott, nicht zwei oder noch mehr.«
    »Sie sagen das, als würde es heute immer noch Hexerei geben.« Ich beobachtete ihn genau, weil ich wissen wollte, wie er darauf reagierte.
    »Selbst in Tälern wie diesem gibt es düstere Winkel«, antwortete er und wechselte abrupt das Thema. »Wonach suchen Sie?«
    Ich erzählte ihm von den beiden Todesfällen, und als ich die Namen erwähnte, blinzelte er kurz. Dann dachte er nach, doch mir drängte sich der Eindruck auf, dass er nicht überlegte, ob er mir helfen konnte, sondern ob er mir helfen sollte.
    »Kommen Sie mit«, sagte er schließlich und ging vor mir her über den Kirchhof. Der Mann war recht klein, aber er ging sehr zügig. Bei jedem seiner Schritte stob braunes Laub zur Seite. Ich versuchte zu erkennen, wohin er mich führte, schließlich war ich doch an den Gräbern neueren Datums vorbeigegangen, ohne die gesuchten Namen zu entdecken.
    An einem

Weitere Kostenlose Bücher