Hexenblut
Joe wegging.
»Was denn, du läufst ihm nicht hinterher?«, fragte Pete. »Ist vielleicht auch besser so.« Er konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken, um Lauras Stift auszuweichen, der ihn verfehlte und gegen die Wand knallte. Dann stürmte sie aus dem Zimmer und folgte Joe Kinsella.
49
A ls ich mit Ziel Sabden Brook losfuhr, fiel mir im Rückspiegel ein weißer, schäbiger Opel Astra Kombi auf, der mit mir Newchurch verließ. Ich sah immer wieder in den Spiegel, aber nach einer Weile ließ der Astra sich zurückfallen, während ich mich der Abzweigung näherte, die auf einen alten Feldweg führte. Über ihn gelangte man zu einem Wasserlauf zwischen zwei Feldern. Ich bog abrupt in den Feldweg ein, musste jedoch sofort eine Vollbremsung machen, da ich mich vor einem Gatter wiederfand. Der Fahrer des Astra wurde langsamer, als suche er den Weg, und als er schließlich weiterfuhr, warf ich noch einen Blick auf sein Kennzeichen, konnte aber nur die letzten drei Stellen erkennen: DDA.
Der Wagen entfernte sich, und ich zog den Artikel über Rebecca Nurse aus der Tasche. Sie war seinerzeit am Sabden Brook gefunden worden, doch es gab keine präzisen Angaben zum Fundort. Das zugehörige Foto zeigte einen Trauerkranz, der an einer Biegung des Bachs gegen einen kleinen Felsblock gelehnt worden war. Das Tal erstreckte sich vor mir, eine weite grüne Fläche, die von Mauern und hier und da von einem grauen Bauernhaus unterbrochen wurde. Niemand störte mich bei meiner Recherche, wenn man von einem dreibeinigen Hund absah, der bellend zu mir gelaufen kam.
Der Bach war exakt so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, fast nur ein Rinnsal, das durch ein Loch in einer Mauer strömte. Also folgte ich seinem Verlauf, den alten Zeitungsartikel in der Hand, um nach der fraglichen Stelle zu suchen, damit ich die Geschichte auf den neuesten Stand bringen konnte.
Auf dem Foto war auch ein Haus mit einem tief heruntergezogenen Dach zu sehen, das ich in einiger Entfernung ausmachen konnte. Es sah noch immer ganz genauso aus, fast, als hätte ich eine Reise in die Vergangenheit unternommen. Ich ging etwas zügiger, weil ich wusste, ich war auf dem richtigen Weg. Ich bückte mich, um ein paar Fotos zu machen. Das Gras am Ufer war nicht gemäht worden, das einzige Geräusch war das Murmeln des Bachs.
Dann sah ich etwas, das mich innehalten ließ. Ich war mir zuerst nicht sicher, ob ich es richtig gesehen hatte. Vielleicht war es nur eine optische Täuschung, hervorgerufen durch die hohen Gräser, die sich im Wind bewegten, doch als ich noch einen Schritt nach vorn machte, war jeder Zweifel widerlegt, und ich konnte nur noch nach meiner Kamera greifen.
Am Ufer lag ein großer Stein, so glatt und rund wie ein überdimensionaler Kieselstein. Im Gegensatz zu allen anderen Steinen ringsum hatte er kein Moos angesetzt, aber das war nicht das Entscheidende. In seine Oberfläche war ein Symbol geritzt worden, das mir allmählich überall begegnete. Das Gesicht mit dem aufgerissenen Mund, das gleiche wie auf Sarahs Stammbaum und auf dem Grabstein der Nutters. Es war grobschlächtig gemacht, von Hand eingeritzt, doch es wirkte auf mich wie eine Art Tribut.
Ich machte schnell ein paar Fotos, allerdings verspürte ich den dringenden Wunsch, von hier zu verschwinden, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Ich war kein religiöser Mensch, aber selbst mir war klar, dass sich hier Dinge abspielten, die weit über eine normale Story hinausgingen.
Nachdem ich mich ein letztes Mal umgesehen hatte, kehrte ich zügig zu meinem Wagen zurück. Ich war nervös und angespannt, meine Hände fühlten sich schweißnass an. Ich suchte die Umgebung ab und hielt Ausschau, ob mich irgendjemand beobachtete. Immerhin war mir vorhin dieser weiße Astra gefolgt. Auf einmal glaubte ich jemanden zu sehen, der sich in der Nähe meines Wagens hinter einer Feldmauer zu verstecken schien.
Ich begann zu laufen. Der Weg war lang, gewunden und verlief bergauf, sodass ich schon bald außer Atem war. Jemand lief davon, und dann hörte ich, wie eine Wagentür zugeschlagen wurde. Ich sprang über das Gatter und lief in Richtung Straße. Ein Motor wurde angelassen und heulte auf, das Getriebe krachte, da der Fahrer in Panik zu entkommen versuchte, und als ich endlich um die Ecke bog, sah ich nur noch, wie der weiße Astra davonraste.
Ich stützte mich auf den Knien ab und atmete ein paarmal tief durch, dann schaute ich mich um, betrachtete den Hügel, die düsteren
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