Hexenfluch: Roman (German Edition)
Ferne gesehen hatte – in der neuen Nachbarschaft es ihr anscheinend angetan, so dass sie nicht mehr ganz so verstimmt über den Ortswechsel war.
Noch konnte Ella sich nicht damit anfreunden, ihr Haus zu verkaufen. Aber über kurz oder lang – vor allem, wenn sie tatsächlich nach Europa ging – würde sie sich dazu durchringen müssen. Nur eins stand fest: Sie konnte nicht dorthin zurück. Ebenso wenig wie sie in ihr altes Leben zurückkonnte. Und das alles nur seinetwegen.
Mac hatte darauf bestanden, ihre Ausbildung zu Ende zu bringen – und ihr dabei auch die Dinge zu zeigen, die sie wissen musste, um auch ihre Puppenspielerfähigkeiten zu kontrollieren, so dass sie selbst diesen Aspekt ihrer Macht verstand. Er war verblüfft gewesen, was er ihr bereits alles beigebracht hatte. ›Basics‹. Pah. Mac – und nicht nur er – hatte sie angestarrt wie ein vom Himmel gefallenes Mondkalb, als sie das Wort im Bezug auf ihren bisherigen Unterricht bei Christian – nein, Kristen. Es fiel ihr nach wie vor schwer, von ihm mit diesem Namen zu denken – gebraucht hatte. Offenbar waren ihre ›Basics‹ auf einem Level, der deutlich über dem lag, was man gewöhnlich mit diesem Wort verband. Ohne dass es ihr auch nur ansatzweise bewusst gewesen wäre. Noch verblüffter war Mac darüber gewesen, dass Kristen sie auf eine Weise unterrichtet hatte, die man nicht von jemandem erwartete, dessen Magie nach Jahrhunderten in den Schatten so vergiftet war, dass sie selbst schon beinah dämonisch war.
Eine der Sphinxen schlug mit den Schwingen und bäumte sich halb auf die Hinterläufe auf, ehe sie wieder auf alle viere zurückfiel.
Manches ergab Sinn. Manches nicht. Wie das ›Lauf!‹ – Von dem Mac der Meinung war, dass sie es sich nur eingebildet hatte.
In den ersten Nächten war sie immer wieder aus der Endlosschleife eines Alptraums aufgeschreckt, der wieder und wieder den gleichen Film abspielte: Christian Havreux vergewaltigte sie am Sockel einer Engelsstatue.
Nur dass da das vage Gefühl gewesen war, dass etwas nicht stimmte.
Sie hatte zwei Tage gebraucht, bis ihr klar geworden war, was es war: Er hatte ihre Bluse zerrissen, aber ihre Hose nicht angerührt. Seine Hand war auf ihrem Bauch gewesen, ja. Aber mehr nicht. Er hatte sie von dem Sockel weggezerrt und in die Richtung gestoßen, in der sie auf Mac und die anderen Mitglieder des Zirkels treffen musste. ›Lauf!‹
Sie lehnte den Kopf gegen den Stamm der Palme, unter der sie stand. Genau das hatte er getan.
Warum?
Der Ruck, der durch ihren Körper gegangen war, jedes Mal, wenn er seinen Oberschenkel zwischen ihre Beine gerammt hatte … Für jemanden, der dabei zusah, hatte es so aussehen müssen, als würde er sie vergewaltigen. – Wenn er es tatsächlich hätte tun wollen, hätte sie ihn nicht daran hindern können. Aber er hatte es nicht.
Warum?
Sie hatte keine Antwort darauf.
Hinter ihr klackte Stein auf Stein. Hastig wandte Ella sich um – und entspannte sich gleich wieder. Der Hund war wieder da. Beobachtete sie vorsichtig aus der Distanz. Wie lange er das schon tat, konnte sie nicht sagen. Zum ersten Mal gezeigt hatte er sich ihr vor vier oder fünf Tagen. Wobei ›Hund‹ es nicht ganz traf. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein zu groß geratener Schäferhund. Auf den zweiten Blick … wollte sie nicht wissen, was er wirklich war. Er war riesig. Und mager. Das Fell grau-schwarz. Beim Hecheln entblößte er Fänge, die dafür geschaffen waren, einen Arm mit einem Biss abzutrennen. Seine Augen waren von einem hellen Gold. Die Art, wie er sie fixierte, hatte trotz allen unübersehbaren Misstrauens etwas … Nachdenkliches. Schien »Wer bist du?« zu fragen, jedoch so, als erwartete er eine ganz bestimmte Antwort.
Dass er unvermittelt die Ohren spitzte und an ihr vorbei auf die andere Straßenseite blickte, lenkte ihre Aufmerksamkeit zum Eingang des Havreux Tower zurück. Eine elegante schwarze Limousine hatte davor gehalten. Zwei Hünen in dunklen Anzügen – eindeutig Bodyguards – schoben sich zu beiden Seiten des Fonds aus dem Wagen, ein dritter stieg neben dem Fahrer aus. Sie schauten sich nur kurz um, ehe sie sich an den hinteren Türen postierten. Ein schlanker, blonder Mann im hellen Anzug stieg auf der ihr zugewandten Seite aus. Ella drückte sich hastig tiefer in den Schatten des Palmenstamms: dieser ›Aaron‹.
Inzwischen kannte sie auch seinen Nachnamen: Alexander. Ein ehrgeiziger junger Hexer, von dem Mac und
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