Hexenfluch: Roman (German Edition)
wann jemand vor meiner Tür steht.«
Ella öffnete – und sah sich tatsächlich Mikah gegenüber. Der anscheinend eben die Hand gehoben hatte, um anzuklopfen. Hinter ihm standen die beiden Wandler, die ihm schon eine ganze Weile folgten. Sie waren irgendwann im California Medical aufgetaucht, als Kristen noch auf der Intensivstation gelegen hatte, und wichen ihm seitdem nicht mehr von der Seite.
Offenbar hatten sie es geschafft, den Concierge des Hotels loszuwerden. Zumindest war außer ihnen niemand auf dem Korridor.
»Hi.« Mikah ließ die Hand sinken, räusperte sich. Und trat hastig zurück, um Christian vorbeizulassen.
Der blieb auf gleicher Höhe mit ihm stehen. »Wir beide unterhalten uns noch. Waschweib.«
Mikah zeigte ihm die Zähne. Christian hob nur eine Braue, während er schon weiterhinkte, zwischen den beiden Hünen hindurch. Der Blick, den der Junge Ella zuwarf, als Christian an ihm vorbei war, war eindeutig hilflos.
Die alte Kirche lag in einer schmalen Seitengasse, die so eng war, dass sie eher die Bezeichnung ›Durchgang‹ verdient hätte. Eingezwängt zwischen Wohnhäusern und verborgen hinter einem metallenen Bauzaun, auf dem die Schilder diverser Baufirmen prangten, die sich auch mit ›Abriss‹ und ›Schuttentsorgung‹ auskannten. Zwei Glockentürme und ein rundes Fenster aus buntem Glas über dem Eingang ließen sie aussehen wie die Kopie einer alten, gotischen Kathedrale in klein. Und in einem ziemlich desolaten Zustand. Der Platz zwischen Treppe und Zaun war übersät mit alten Zeitungen, die der Wind dorthin getrieben haben musste, großen und kleinen Beton- und Steinbrocken, Brettern und Eisenteilen. An unzähligen Stellen waren die Bodenplatten zerbrochen und die Bruchstücke standen schief, teilweise sogar fast senkrecht in die Höhe. In den Ritzen wucherten Grasbüschel. Die Kette, die wohl gewöhnlich verhinderte, dass sich jemand zwischen den beiden Hälften des Bauzauns hindurchschob, baumelte lose auf der einen Seite.
Ella ging voran. Und sah sich dabei immer wieder nach Christian um, der ihr deutlich langsamer folgte. Anscheinend ließ die Wirkung von Whisky und Schmerztabletten allmählich nach. Schon im Taxi hatte er sich unübersehbar müde in die Ecke gelehnt. Inzwischen hatte ein permanentes, leises Zittern ihn fest im Griff. Mikah war dicht hinter ihm, bereit, jederzeit zuzufassen – was ihm schon mehr als einen bösen Blick und ein unwilliges Zischen eingebracht hatte.
Der Junge hatte darauf bestanden, mitzukommen. Nein, genau genommen hatte er Christian schlicht erpresst: »Ich kann alleine bei euch mitfahren, oder wir folgen euch. Alle drei! « Etwas, von dem Mac sicherlich nicht begeistert gewesen wäre.
Am Fuß der Treppe blieb Ella stehen und wartete, bis die beiden zu ihr aufgeschlossen hatten. Schweiß stand auf Christians Stirn, perlte in feinen Rinnsalen seinen Hals abwärts und verschwand im Kragen seines Hemdes. Ihren Blick beantwortete er mit einem Kopfschütteln, nickte zur Tür am Ende der fünf Stufen hin, die ausgetreten und steil zu dem halbrunden Absatz vor ihr hinaufführten. »Geh weiter.«
Sie sah zu Mikah, der mit zu einem harten Strich zusammengepressten Lippen hinter Christian stehen geblieben war, wandte sich um und stieg die Treppe hinauf, hörte Mikahs fragendes Murmeln und Christians bissige Antwort, als sie ihr folgten.
Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Sie öffnete sich weiter, als sie den Absatz erreichte. Eine Schar Tauben flatterte von dem kleinen Vordach darüber auf. Markus begrüßte Ella mit einem »Hi, Süße« und nickte Christian und Mikah knapp zu. »Mac wartet drinnen.« Er trat beiseite, um sie vorbeizulassen.
Im Inneren empfing sie Kälte. Unwillkürlich zog Ella die Schultern hoch, während sie weiterging. Ein paar alte Lampen an den Säulen, die das Dachgewölbe über ihnen trugen, sorgten für etwas Licht. Trotzdem nisteten die Schatten viel zu dunkel in den Ecken und Nischen. Über dem Altar hing ein blutig-detailreicher Christus am Kreuz, selbst kaum mehr als ein Schatten. Ihre Schritte hallten auf dem Steinboden.
J. J. hatte sich in den ersten Reihen auf einer der alten Sitzbänke zusammengekauert, die Arme um die Beine geschlungen, die Jacke fest um sich gezogen. Sie drehte sich um, als Markus die Tür hinter ihnen wieder schloss. Neben ihr stieß David sich gerade von der Bank ab, an der er gelehnt hatte. Mac kam ihr den Mittelgang entlang entgegen. Ohne Hast und trotzdem entschieden. Er nickte
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