Hexenfluch: Roman (German Edition)
entblößte. Das Ganze war schlicht und dabei auf eine unterschwellige Art zugleich extravagant. Lieber Himmel.
»Dein Freund wird es bereuen, dass er dich allein gehen lässt. – Und wenn du dann noch die Haare locker hochsteckst …« J. J. drehte Ellas Haar gekonnt lose an ihrem Hinterkopf zusammen, während sie sich noch immer im Spiegel betrachtete. »So ungefähr …«
Dazu nur ein paar einfache Ohrringe. Ihre Perlenohrringe vielleicht? Keine Kette. Noch dezentes Make-up … »Kriegst du das morgen noch mal so hin?« Leise Ehrfurcht schwang in ihrem Ton mit.
J. J. lachte. »Natürlich. Und damit du dich nicht an den Nadeln stichst, nehme ich es mit rüber zu mir und nähe dir schnell, was genäht werden sollte.«
Ella nickte nur, noch immer irgendwie benommen. Es war absolut perfekt. Was würde sie nicht darum geben, wenn Christian sie in diesem Kleid sehen würde.
26
Wirst du weich, Kristen?«
»Weich?« Der sechste und letzte Stein lag vor Lyresha auf dem Tisch. Damit hatte sie, was sie wollte. Endgültig. Und sie konnte dem Ding noch weniger nahe kommen, als sie es bei den anderen fünf gekonnt hatte. Dennoch strich sie um ihn herum, wie eine Katze um den Sahnetopf.
Der ganze Raum vibrierte förmlich vor Macht. Trotz der Seide. Und obwohl sich inzwischen nur noch drei der anderen Steine hier befanden. – Doch dieser Letzte schien noch schwärzer zu sein als seine fünf Brüder, jegliches Licht geradezu zu schlucken. Seine Dunkelheit fraß sich regelrecht durch Kristens Knochen, brennend. Und eiskalt zugleich. Lockend. Auf eine pervers-sinnliche Art. Er hatte es bereits gespürt, als er den ersten Stein vor Wochen an seinem vorbestimmten Platz in die Erde gelegt hatte. Es war nichts gewesen im Vergleich mit dem, was jetzt in diesen Mauern waberte, aber es war da gewesen. – Der kleine Dummkopf, der als Opfer gedient hatte, hatte trotzdem bis zum Schluss nicht begriffen, was tatsächlich geschah. Mit ihm geschah. Verächtlich verzog Kristen den Mund. Blind vor Machtgier und Sex. – Marish war nach wie vor gut, wenn sie es darauf anlegte, einen Mann zwischen ihren Beinen gefügig zu machen.
Kristen wandte sich Lyresha scheinbar gelangweilt ein wenig weiter zu, beobachtete, wie sie auf die andere Seite der Basaltstele wechselte, die Hände immer noch nur Millimeter über der schwarzen Seide, unter der der Stein verborgen war, die gespreizten Finger unablässig in Bewegung, so als würde sie einen Bann weben. Oder einen unsichtbaren Körper liebkosen. »Weich?«, wiederholte er und hob eine Braue. »Wieso glaubst du, dass ich ›weich‹ werde?«
»Aaron sagt, du hast den Menschen am Leben gelassen, bei dem dieser Stein versteckt war.« Sie sah nicht auf. » Er musste sich darum kümmern.«
Kristen schnaubte verächtlich. »Ach? Musste er das?« Der alte Hippie-Buchhändler war also tot. All die Jahre hatte er keine Ahnung gehabt, was da zwischen seinem esoterischen Plunder versteckt gewesen war. Mit einem Zauber belegt, der verhinderte, dass er ihn weggab oder verkaufte und einem zweiten, der auch vor jemandem mit der Gabe verbarg, was er tatsächlich vor sich hatte. Es waren verdammt mächtige Zauber gewesen. Wenn er auf den Hexer tippen müsste, der dafür verantwortlich war, würden ihm nur zwei Personen einfallen, die derzeit dazu in der Lage waren: Alec MacCannan und Bethlehem Jeffreys. Als er den Stein damals, als er auf ihren Befehl mit der Suche danach begonnen hatte, in dem düsteren Souterrain-Buchladen entdeckt hatte, hatte er ihn genau dort gelassen. Warum sich die Mühe machen, ihn selbst verschwinden zu lassen, wenn das ein anderer schon äußerst erfolgreich für ihn erledigt hatte? Sollten MacCannan oder Bethlehem allerdings irgendwelche persönlichen Verbindungen zu dem alten Mann gehabt haben, würden sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um den Mörder zur Strecke zu bringen. Und sie würden ihn garantiert nicht den ›normalen‹ Behörden übergeben. Beide konnten mehr als nachtragend sein. Vor allem Bethlehem. Aus genau diesem Grund hatte er den Stein in der vergangenen Nacht nur gestohlen. Und weil es unnötig gewesen war, den alten Mann zu töten.
»Wann wirst du begreifen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man ungestraft Morde begehen konnte? Inzwischen sind die entsprechenden Stellen in der Lage, nicht nur Fingerabdrücke von der Haut einer Leiche zu nehmen, sondern sogar DNA-Proben, wenn es sein muss.« Er drehte sich halb zu Aaron um, der mit
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