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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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fragten Pierre und Luna wie aus einem Munde.
    Nur langsam gewann Raphael die Fassung wieder. »Die Gematria entstammt der hebräischen Geheimwissenschaft, der Kabbala«, erklärte er. »Führen wir uns vor Augen, dass die Hebräer keine Zahlzeichen kennen. Sie behelfen sich damit, jedem Buchstaben des hebräischen Alphabets einen Zahlenwert zuzuweisen. Die Gematria nun ist das Einsetzen von Zahlen oder Buchstaben nach einer festgelegten Ordnung. Wörter mit dem gleichen Zahlenwert können einander ersetzen, sie können aber auch durch ihren Zahlenwert auf eine neue Bedeutung hinweisen. Sie dient somit der Schriftexegese, um Einsichten in verborgene Botschaften der heiligen Schriften zu erlangen.«
    Pierre griff sich an den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich das verstehe.«
    »Ein Beispiel«, sagte Raphael. »Das hebräische Alphabet kennt keine Vokale. Der Name David besteht aus den Konsonanten daleth, vav und daleth. Daleth ist der vierte Buchstabe im hebräischen Alphabet und erhält den Zahlenwert 4. Vav ist der sechste Buchstabe und erhält die Ziffer 6. Somit ergibt die Summe des Namens David 4 plus 6 plus 4 ist gleich 14. Wenn ihr euch umschaut, seht ihr auf vielen Steinen zu unseren Füßen die Ziffer 14. Auf diese Weise lässt sich auch der Stammbaum Jesu verstehen, den Matthäus angibt mit vierzehn Geschlechtern von Abraham bis David, vierzehn Geschlechtern von David bis Babylon und vierzehn Geschlechtern von Babylon bis Christus. Somit erklärt die Zahlenmystik der Gematria, dass Jesus in der Tat von David abstammt.«
    »Bedeutet das«, wollte Luna wissen, »dass wir jeden Stein, auf dem eine 14 steht, untersuchen müssen?«
    »Gewiss nicht«, sagte Raphael. »Aber durch die Zahl Davids bin ich auf die Buchstabenrechnung der Gematria gekommen.«
    »Was schlagt Ihr also vor, Bruder?«, fragte Pierre.
    Raphael hob einen Finger. »Wir wissen nun, wie das Rätsel gelöst wird. Alles, was noch zu tun ist, ist, das Rätsel selbst zu finden.«
    »Warum klopfen wir nicht einfach alle Steine ab?«, wollte Luna wissen.
    Raphael lächelte. »Schau dich um. Es müssen tausende in diesem Gewölbe sein. Sie alle auf das Genaueste zu untersuchen dürfte Stunden dauern. Doch sobald wir die richtige Zahl kennen, werden wir auch den richtigen Stein finden.«
    »Und wenn Ihr Euch irrt?«, fragte Pierre.
    »Dann, lieber Pierre«, sagte Raphael, »werden wir das Geheimnis wohl niemals lösen. Ich lese noch einmal die Dokumente aus dem Schrank, und ihr schaut euch im Gewölbe um. Ich kann nicht sagen, wonach ihr suchen müsst, doch ich vermute, ihr werdet es wissen, sobald ihr es seht.« Er griff nach den Dokumenten und studierte sie erneut, während Pierre und Luna den Gang zurückschritten, die Augen auf Wände und Boden gerichtet.
    Raphael las jeden Satz mit höchster Aufmerksamkeit. Einige Sätze übersetzte er ins Hebräische, ermittelte die Zahlenwerte mittels der Gematria und zählte sie zusammen. Zwar erhielt er stets ein Ergebnis, nur glaubte er nicht, dass die errechneten Ziffern mit dem Rätsel in Zusammenhang standen. Bald begannen seinen Augen zu tränen. Müdigkeit machte sich in seinem Körper und seinem Geist breit. Er legte die Dokumente beiseite und massierte Augen und Schläfen.
    Nun kamen Pierre und Luna zurück. Sie schüttelten müde den Kopf. Luna hockte sich neben den Schrank auf den Boden, Pierre legte einen Arm auf den Schrank, als wollte er ihn liebkosen.
    Raphael lächelte ihm zu – und plötzlich traf es ihn wie ein Schlag. Er riss den Mund auf und flüsterte: »Geh beiseite, Pierre!« Er tat zwei Schritte auf den Schrank zu und betrachtete ihn. Da waren drei Sätze in verschnörkelten Buchstaben in das Holz geritzt. Zwei am Rand jeder Tür von unten nach oben und ein dritter in der Mitte. Laut las er, was an der linken Tür geschrieben stand: »Er ist Messias.« Auf der rechten Tür war zu lesen: »Jahwe im Messias.« Und oben in der Mitte: »Jeschua.«
    Verwirrt kratzte Pierre sich am Kopf. »Glaubt Ihr, das ist das Rätsel, das wir suchen?«
    Lächelnd nickte Raphael. »Beginnen wir mit der Berechnung der Zahlenwerte. Jeschua ist der hebräische Name für Jesus. Er besteht aus den Buchstaben yud, shin, vav und ayin .« Er rechnete still. »Die Summe lautet 386. Er ist Messias besteht im Hebräischen aus den Buchstaben hei, vav, alef, hei, vav, hei, mem, shin, yud und chet .« Wieder rechnete er. »Auch hier lautet die Summe 386.« Nun begann er den Zahlenwert des dritten Satzes zu erahnen. Er

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