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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Jeanne plötzlich.
    Raphael zuckte zusammen. »Ihr seid wach?«
    »Wie ihr seht«, sagte sie. »Brechen wir auf?«
    »Ja«, sagte Raphael. »Nach Evreux ist es nicht weit. Dort kaufen wir Proviant. Das Geld, das mir Euer Gemahl gab, reicht allemal.«
    Sie lächelte geheimnisvoll, zog eine der Satteltaschen unter ihrem Kopf hervor und ließ Raphael hineinschauen. Raphael gingen die Augen über. In den Taschen klimperten Gold- und Silbermünzen zwischen edlen Ketten, Ringen und Armreifen. »Ihr müsst die Schatzkammern des Königs geplündert haben, Madame.«
    »Nein«, bekannte sie. »Nur Augustes Geldtruhe. Seht es als Wiedergutmachung an, Bruder.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann«, sagte er.
    »Tut es«, sagte Jeanne und reichte ihm die Hand. »Helft mir hoch und lasst uns diesem Ort den Rücken kehren.«
    Sie packten wortlos ihre Sachen zusammen. Zwar verspürte Raphael großen Hunger, doch durften sie keine Zeit verlieren. So nahmen sie auf dem Rücken ihrer Pferde das Morgenmahl ein. Gelegentlich sang Jeanne mit reinster Stimme, was Raphael in seltsamer Weise berührte. Ihn überkam das Gefühl, als würde sie nur für ihn singen. Sie war schon eine besondere Frau, diese Jeanne Gousset.
    Wie Raphael vorausgesagt hatte, erreichten sie bald Evreux. Dort kauften sie, was sie brauchten. Raphael wagte nicht, die Leute nach jenem düsteren Dominikaner zu fragen. Er hoffte nur, dass der fremde Mönch nicht in der Nähe war. Unmerklich schüttelte er den Kopf. Er musste sich geirrt haben. Der Mönch war gewiss nicht hinter ihm her.
    »Worüber grübelt Ihr, Bruder?«, fragte Jeanne.
    »Ich frage mich nur, ob wir Dreux noch vor Mittag erreichen«, log Raphael. Er begutachtete Jeannes Pferd. Ein außergewöhnlich schönes und kräftiges Tier. Dabei fiel ihm der heruntergekommene Sattel auf. »Ihr benötigt einen neuen Sattel, Madame. Dieser ist kaum noch zu gebrauchen. Ein schneller Ritt und die Riemen reißen wie Grashalme. Ein Wunder, dass er die Reise bis hierher überstanden hat.«
    Jeanne nickte. »Gousset hat es bei seinem Geiz niemals in Erwägung gezogen, mir einen neuen Sattel zu kaufen. Ohnehin ließ er mich nur selten ausreiten.«
    »Ich verstehe«, sagte Raphael. Er vermochte nur zu erahnen, welches Leben hinter Jeanne lag.
    Im leichten Trab ritten sie aus Evreux. Raphael vermutete, dass es außerhalb der Stadt eine große Zahl Gehöfte und Stallungen gab. Dort würden auch Sattler ihre Werkstätten haben.
    Auf der Südseite der Stadt stand kaum ein Baum mehr. Der gewaltige Bedarf an Holz sorgte dafür, dass Rodungsmannschaften der Wildnis Tag für Tag mehr Ackerland abtrotzten. Dort, wo das Ausroden der Bäume noch nicht geschehen war, blieben die Baumstümpfe vorerst mitten auf den neuen Äckern stehen. Viele Böttcher bauten ihre Werkstätten am Rand der Wälder, um so in der Nähe des Taugenholzes für ihre Fässer zu sitzen. Zwar lagen die Felder unter einer dicken Schneedecke, doch kannte Raphael den gespenstischen Anblick solcher Baumfriedhöfe, wo um die Stümpfe herum der Hafer spross. Um Rouen sah es nicht besser aus. Die Rodungen erfassten dort bereits die Wälder des Klosters. Und sollte die Diözese dem Abholzen weiterhin zustimmen, wäre es auch um die letzten Waldbestände des Klosters geschehen.
    »Seht!«, rief Jeanne plötzlich. Sie zeigte auf einen Hof, neben dem eine Koppel lag. Raphael sah ein Dutzend junger Pferde durch den Schnee toben. Gleich daneben befand sich eine kleine Hütte, vor der Sättel aller Formen und Größen aufgereiht lagen.
    »Ausgezeichnet«, sagte er.
    Vor dem Gutshaus stiegen sie ab. Die Zahl an Bockshäuten, Schaffellen, Gehörnen und Wolle, Flachs und Hanf in eisenbeschlagenen Zubern vor dem Haus zeugten vom Reichtum des Gutsherrn. Raphael klopfte dreimal an die Tür.
    Ein fleischiger Kerl öffnete ihnen. Als er Raphael sah, zog er die Augenbrauen hoch. »Ihr wünscht?«
    »Seid gegrüßt, Seigneur«, sagte Raphael und verneigte sich leicht. »Wir möchten Euch einen Eurer schönen Sättel abkaufen.«
    Der Bauer öffnete die Tür etwas weiter, sodass Jeanne in sein Blickfeld geriet. Bei ihrem Anblick rutschten seine Augenbrauen noch höher. »Habt Ihr Geld?«, fragte er Raphael.
    Raphael klimperte mit dem Geldbeutel.
    Knurrend trat der Bauer aus der Tür. »Meine Sättel sind teuer, müsst Ihr wissen. Die besten in der ganzen Gegend.«
    »Wir zahlen gut«, sagte Raphael.
    »Dann folgt mir«, brummte der Bauer. Er führte sie an der Koppel vorbei zur

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