Hexengift
funktionieren konnte, aber sie hatte sich zumindest Hoffnungen gemacht. Vielleicht wäre es anders gelaufen, wenn Zealand dabei gewesen wäre. Dann hätten sie es vielleicht geschafft, Reave auseinanderzunehmen. Doch stattdessen hatte er sich davongemacht oder sie verraten, vielleicht hatten Nicolette und Gregor ihn auch umgebracht. Marla wusste es ganz einfach nicht.
Jemand betrat das Büro, und Marla öffnete die Augen. Es war Joshua, die Wangen rot von der Kälte, sein Lächeln warm wie ein Kaminfeuer. Sie streckte eine Hand nach ihm aus und zog ihn zu sich hinunter aufs Sofa, wo sie sich für ein paar Momente lang eng aneinanderkuschelten.
»Habe ich meine Sache vorhin gut gemacht?«, fragte Joshua. Marla wusste, dass sie das richtige Spiel spielte - wem außer ihr würde Joshua wohl so eine Frage stellen? Eigentlich fand sie es bescheuert, in Beziehungen Spielchen zu spielen, sowohl aus Prinzip und auch, weil es reine Zeit- und Energieverschwendung war. Aber wenn eine gewisse Distanziertheit die einzige Möglichkeit war, zu verhindern, dass Joshua sie nur als ein weiteres seiner vielen Spielzeuge sehen würde und sie früher oder später achtlos wegwarf, würde sie eben dabei bleiben.
Sie küsste ihn auf die Stirn. »Du hast deine Sache sehr gut gemacht.« Tief in ihrem Inneren wurmte es sie jedoch gewaltig, dass sie Reave hatte ziehen lassen. Vielleicht hätte sie ihn doch noch erwischen und fertigmachen können. Zwar bestand die Möglichkeit, dass es nicht viel gebracht hätte -
vielleicht hatte Reave ja ein ganzes Gewächshaus voller neuer Champignonköpfe, die er sich nach Belieben aufsetzen konnte -, aber sie hätte zumindest etwas Zeit gewonnen. Rondeau und die Fleischgolems hatten Reaves Monster gut im Griff gehabt. Sie hätte Reave töten können, aber als Joshua sah, dass sie in Schwierigkeiten steckte, war er ihr zu Hilfe geeilt, und das konnte sie ihm wohl kaum verübeln. »Aber, wie war das noch mal, du hast ihm also deine Liebe gestanden?«
»Ach was, ich habe ihm nur erzählt, dass ich sehe, in welche Richtung das hier läuft, dass seine Seite die Schlacht mit Sicherheit gewinnen würde und er sich wegen dir keine Gedanken machen bräuchte, du wärest völlig unwichtig, und er könnte sich auch später um dich kümmern. Ich habe das Gefühl, dass er keine besonders hohe Meinung von Frauen hat, und ich sagte ihm, dass ich mich auf seine Seite schlagen würde, sobald er gewonnen hat.«
»Wow. Und er hat dir geglaubt. Ich hätte nicht gedacht, dass etwas wie er anfällig für deinen Charme sein könnte.«
»Männer wie Frauen, sie alle liegen mir gleichermaßen zu Füßen, Marla«, erwiderte Joshua und kuschelte sich näher an sie. »Es hilft auch nichts, größtenteils ein Phantasiewesen zu sein.«
»Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das ist, eine Gabe wie die deine zu besitzen. Eins der wichtigsten Gefühle in meinem Leben war Hass. Hamil meint zwar, dass es der Stolz wäre, der mich antreibt - dass ich ganz einfach zu stolz bin, um zu versagen, aber bevor ich irgendetwas hatte, auf das ich stolz sein konnte, war es der Hass, der mich voranbrachte. Aus Hass brach ich aus meiner verkorksten Familie aus. Aus
Hass fing ich an, in einer Oben-ohne-Bar zu arbeiten. Damals hasste ich Männer, und es machte mir Spaß, so zu tun, als würde ich sie mögen, und ihnen dabei das Geld aus der Tasche zu ziehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie ich ein Leben in Liebe hätte führen sollen.«
»Nun, nur weil alle mich lieben, heißt das noch lange nicht, dass ich alle liebe, Marla. Ich kann hassen wie jeder andere auch, glaube ich, auch wenn ich zugegebenermaßen weniger Grund dazu habe.« Er ließ seine Hand an ihrem Rücken hinuntergleiten, bis seine Finger auf ein paar Zentimetern nackter Haut zwischen T-Shirt und Hose zum Liegen kamen - eine in einer Beziehung völlig normale Intimität, die Marla jedoch fast die Tränen in die Augen steigen ließ. Seit Jahren hatte sie sich niemandem mehr so schutzlos ausgeliefert, außer vielleicht dem Inkubus, aber das zählte eigentlich nicht.
»Eine Menge von dem, was ich tue, rührt daher, dass Leute mich hassen«, sagte sie. »Letzten Monat musste ich nach San Francisco, weil jemand versuchte, mich umzubringen, und der einzige Gegenstand, der mich retten konnte, befand sich auf der anderen Seite des Kontinents. Wenigstens fühlt sich die Sache mit Genevieve nicht ganz so persönlich an, aber es geht in die Richtung. Irgendwie komisch, dass
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