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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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verdreht, der mit der menschlichen Anatomie nicht vereinbar war, und das Einzige, was sie erkennen konnte, waren ein paar Fackeln und ein Teil der eingestürzten Decke über ihr. Eine Decke als Tretmine. Der Kerl war wirklich ein hartes Stück Arbeit.
    »Ich habe Genevieve mitgebracht«, fuhr Reave fort, und Marlas Genick rückte mit einem Knacken wieder in seine ursprüngliche Position. Sie kämpfte sich endgültig frei, dann sah sie ihn, wie er einen Arm um eine völlig verstörte und kaum anwesende Genevieve geschlungen hielt. Ihr Kopf war kahlrasiert - wahrscheinlich, um aus ihren Haaren die Perücke herzustellen, die sie alle getäuscht hatte. »Siehst du,
Genevieve? Zealand ist tot, und Marla kann dir auch nicht mehr helfen. Deine Beschützer sind besiegt.«
    »Hör nicht auf ihn, Genevieve«, sagte Marla. Sie konnte sich wieder bewegen; das Adrenalin und der Schock sorgten dafür, dass die Schmerzen ihrer gerade verheilten Knochen ihr nicht das Bewusstsein raubten. Trotzdem war es zu früh, den Umhang wieder zu wenden, auch wenn es ihr dann vielleicht gelingen würde, Reave zu töten. Denn als Nächstes würde sie mit Sicherheit Genevieve umbringen und damit auch ihrem Leben ein unweigerliches Ende setzen, weil sie ihren Eid gebrochen hatte. Wenn Reave und Genevieve tot waren, wäre Felport zwar vorübergehend gerettet, aber unter den anderen Magiern würden sofort weitere Streitigkeiten und Kämpfe ausbrechen, es würde zu einem Thronfolgekrieg kommen. Keiner von den anderen war in der Lage, sich so um die Stadt zu kümmern, wie sie es tat. Sie hatten einfach nicht die nötige Hingabe. Also konnte Marla ihr Leben nicht opfern, um die Stadt zu retten - die Stadt brauchte sie. Was bedeutete, dass sie sich zurückziehen und einen neuen Anlauf nehmen musste. Nur, wie?
    Es war Ernestos Golem, der sie rettete. Er kämpfte unablässig weiter, kam in den Thronsaal gestampft und stürzte sich auf Reave. Marla sprang auf und wollte Reave Genevieve entreißen, um sie wegzuzaubern, aber sofort materialisierte sich eine Horde Schattengesichter aus der wabernden Luft. Sie packten Genevieve, zerrten sie hinter den Thron und verschwanden mit ihr durch irgendeinen geheimen Fluchttunnel. Marla fluchte, aber sie konnte es nicht riskieren, ihnen zu folgen. Ohne die violette Seite ihres Umhangs einzusetzen, hätte sie nicht die geringste Chance gegen Reaves
sich ständig selbst erneuernde Kriegerschar, nicht einmal mit ihren magischen Ringen, den Stiefeln und ihrem Amtsdolch. Ohne das Überraschungsmoment war sie einfach nicht stark genug. Aber wenigstens war Reave jetzt damit beschäftigt, sich den Schlammgolem vom Leib zu halten - Hieb um Hieb ließ er seine Messer vergebens durch den öligen Rauch fahren, was Marla genug Zeit gab, zu fliehen.
    An ein paar Schattengesichtern vorbei kämpfte sie sich den Weg frei zurück zu Reaves Gemächern. Sie rannte auf den Balkon und sprang auf den Rücken ihres Reittiers, das Reaves Schergen entweder nicht entdeckt oder einfach ignoriert hatten. Das Netz aus Moosranken hatte sich mittlerweile zu feinem Staub aufgelöst, und Marla verspürte einen Stich im Herzen - Zealand war ein guter Kämpfer gewesen, er hatte alles für diese Sache gegeben. Sie musste sich mit den Knien festklammern, dem Himmel sei Dank hatte sie immer brav ihre Kniebeugen gemacht. Sie ergriff die Zügel und spürte, wie die Kraft der Stiermöwe ihren Körper durchströmte. Hinter sich hörte sie Reave brüllen, und der Geruch von verbranntem Gummi stieg ihr in die Nase - Reave war dabei, Ernestos Golem zu besiegen. Marla stieß sich von dem Balkon ab und flog davon in die Nacht, zurück zu ihrer Operationsbasis. Rondeaus Club war inzwischen bestens geschützt, sie hatten ihn von einem öffentlichen Vergnügungstempel in eine Festung verwandelt. Sie musste es nur bis dorthin schaffen, dann könnte sie sich wieder sammeln und …
    Ja, was eigentlich? Nochmal angreifen? Beim nächsten Mal wäre Reave nur noch besser vorbereitet. Woher hatte er gewusst, dass sie kommen würde? Er hatte etwas von einem
»Vögelchen« gesagt, aber es war ebenso gut möglich, dass Gregor mit einer Weissagung zufällig genau ins Schwarze getroffen hatte. Marla hatte alles versucht, um ihre Pläne gegen magische Lauschangriffe zu schützen, aber mit so wenig Vorbereitungszeit waren ihre Möglichkeiten ziemlich eingeschränkt. Oder - so sehr sie es auch verabscheute, diesen Gedanken zuzulassen - es gab einen Maulwurf in ihrem Lager. Hamil und

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