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Hexengift

Titel: Hexengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Pratt
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Kopf zu und sah sie mit ihren schwarzen Augen an. In ihrem Blick lag ein Ausdruck, der alles andere als kalt und unbelebt war. Das Tier streckte hilflos seine dünne Zunge aus dem Schnabel,
und Marla lief sofort hinüber zum Teich, der inzwischen wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückgekehrt war, um etwas Wasser zu holen. Sie kam zurück und hielt der Chimäre ihre zu einer Schüssel geformten Hände hin, woraus das Tier dankbar trank. Was für ein bedauernswertes Geschöpf. Es war rücksichtslos geschunden worden und hatte in seinem kurzen Leben nicht einmal Wasser oder etwas zu essen gekostet.
    Die Stiermöwe trank noch zwei weitere Hände voll Wasser, dann starb sie.
    In ihren Umhang gehüllt hielt Marla unter dem dunklen Himmel Wacht über der Leiche ihres Reittiers. Eigentlich sollte sie aufstehen, so schnell wie möglich von hier verschwinden und versuchen zu retten, was noch zu retten war, aber sie hatte sich noch nie so vernichtend besiegt gefühlt. Hamil behauptete zwar, dass sie immer den Sieg davontrug, weil sie schlichtweg zu stur war, um zu verlieren, aber der Gedanke, einfach liegenzubleiben und einzuschlafen, war ihr noch nie in ihrem Leben so verführerisch erschienen. Schlaf war eine wunderbare Droge, und Marla verstand - vielleicht zum allerersten Mal -, warum Genevieve so viel Zeit in diesem Bewusstseinszustand verbrachte.
    Marla konnte nicht sagen, ob sie weinte oder ob es nur der Schnee war, der auf ihrem Gesicht schmolz. Sie stand auf, suchte ein paar Äste zusammen und breitete sie über den toten Bullen. »Du warst ein treuer Mitstreiter«, sagte sie und streichelte noch einmal den Kopf des Tiers. »Weit besser, als wir es verdienen.« Die Äste waren nass, aber Marla setzte ganz einfach ihre Magie ein, um das Feuer zu entfachen, auch wenn sie dafür einen Teil ihrer eigenen Körperwärme
opfern musste. Schon bald stand der Scheiterhaufen lichterloh in Flammen, und selbst unter dem Schutz der Geister des Parks konnte Marla nicht allzu lange neben einem derartigen Signalfeuer verharren. Es wäre ohnehin zu deprimierend gewesen, dabei zuzusehen, wie dieses wunderschöne Fabelwesen zu einem kümmerlichen Aschehaufen verbrannte. Sie zog ihren Umhang fester um sich und schleppte sich zu Rondeaus Club. Um größere Wege und Straßen machte sie einen Bogen, damit sie neuerlichen Konfrontationen von vornherein aus dem Weg ging. Als sie nur noch zwei Häuserblocks von ihrem Büro entfernt war, rief sie an. »Sagen Sie den anderen Magiern, dass die Operation gescheitert ist«, teilte sie Ted mit. »Sie sollen ihre Leute zurückziehen und versuchen, bei sich zuhause die Stellung zu halten. Weitere Instruktionen folgen.«
    »Oh nein. Das tut mir entsetzlich leid, Marla.«
    »Ja, Ted. Hören Sie, wenn ich da bin, werde ich sofort in mein Büro hinaufgehen. Ich muss ein paar Minuten lang alleine sein und nachdenken. Mehr kann ich Ihnen im Moment noch nicht erklären. Geben Sie mir … einfach ein bisschen Zeit, okay? Ich will nicht gestört werden, außer Reave rennt uns die Türe ein, verstanden?«
    »Ich werde dafür sorgen, dass niemand Sie belästigt«, sagte Ted. »Dafür bin ich schließlich da.«

16
    Nicolette kam lautlos herein. Gregor saß neben dem Clown und beobachtete, wie er mit einem halb geschmolzenen Stück Blauschimmelkäse auf einem Whiteboard herumschmierte. Auf seinem Bild erkannte man einen Turm, darum herum ein paar Symbole, vielleicht der Buchstabe M, vielleicht Vögel.
    Gregor blickte sie fragend an, und als Nicolette nicht reagierte, wandte er sich an den Clown. »Sag mir einfach, ob ich wieder nach draußen gehen kann.«
    »Solange Marla Mason am Leben ist, wartet draußen nichts anderes auf Sie als der Tod«, antwortete der Clown in mehr oder weniger demselben Wortlaut, wie er es bei dieser Frage immer tat. Dann schleuderte er das Stück Käse an die Wand, wo es kleben blieb, legte sich auf seine Pritsche und rollte sich in seine hellblaue Kinderdecke ein.
    »Tut mir leid für dich, Boss«, sagte Nicolette. »Einer von Reaves Boten hat mir gerade berichtet, dass Zealand zwar tot ist, aber Marla und Ernesto konnten entkommen.«

    »Nun gut. Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen. Dann muss eben unser Spion Marla töten.«
    Nicolette schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er das im Moment kann. Sie haben sich regelrecht verbarrikadiert, und mit so vielen Zeugen drumherum … der richtige Moment ist noch nicht gekommen. Er unterstützt unsere Sache bis zu einem

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