Hexengift
Sicherheit.« Sie blickte zum Horizont. »Er wird mich bald holen kommen. Er wird mein Schloss erstürmen. Können Sie es sehen? Mein Schloss?«
Zealand vermutete zwar, dass dies nur ein Trick war, drehte den Kopf aber dennoch ein wenig zur Seite. Dann sah er den schimmernden Turm, die Spitzbogenfenster und die gelben Banner an den silbernen Fahnenmasten. Die gleiche Vision, die er auf dem Weg zu Marlas Apartment gehabt hatte. »Das ist … Ihr Schloss?«
»Meine Festung«, sagte sie. »Sie bewegt sich, und seine auch. Aber seine bewegt sich schneller. Er kommt immer näher.«
»Wer?« »Reave. Er wohnt in dem schwarzen Turm. Er schickt Albträume. Er tut mir weh, immer und immer wieder, immer mehr.«
»Wenn Sie mich zurück nach Felport bringen - und mir noch andere Kompensationen zusichern -, töte ich ihn für Sie«, sagte Zealand. Dann starrte er den Palast an. Er sah nicht aus, als wäre er von jemandem erbaut worden, eher gewachsen wie eine Muschel oder ein Kristall.
»Er wird mich holen kommen«, wiederholte sie, als hätte
sie ihn gar nicht gehört. »Und Sie werden mich beschützen.«
»Wenn ich es kann«, sagte Zealand. Er riss seinen Blick von dem schillernden Palast los. »Vorausgesetzt, Sie bezahlen mich dafür.«
»Ich kann Ihnen Dinge geben«, sagte sie nur.
»Ich mag Dinge.« Sein Blick wanderte wieder zurück zum Palast. »Schöne Dinge. Wann glauben Sie, wird er kommen?«
»Gestern, und morgen, und immer«, antwortete Genevieve traurig. Sie seufzte. »Auf Wiedersehen, grüner Ritter.«
»Was …« Die Welt um ihn herum verzerrte sich wieder, und Zealand musste keuchen, als die Kälte in seinen Körper fuhr. Er hatte seinen Mantel in dem anderen Apartment gelassen, in dem, durch das er in Marlas Wohnung eingedrungen war, und jetzt lag er draußen auf der Straße, in der Eiseskälte. Stöhnend setzte er sich auf und sah sich um. Er konnte nur vergitterte Schaufenster und menschenleere Straßen erkennen. Zunächst hatte er keine Ahnung, wo er war, aber dann erkannte er die hell erleuchtete Spitze des Whitcroft-Ivory Towers, des höchsten Gebäudes von Felport, und richtete seine Orientierung entsprechend aus. Die Arme fest um seinen Körper geschlungen, humpelte er steif davon in die Richtung, in der sein Hotel lag.
Wer war diese Frau? Genevieve? Was hatte sie … überhaupt mit dieser Sache zu tun? Sie war eine Magierin, und sie versuchte, ihn in ihre Angelegenheiten mit hineinzuziehen. Er sollte sich besser gar nicht darum kümmern - das Einzige, worum er sich jetzt zu kümmern hatte, war, Felport zu verlassen, bevor Marla ihn aufspüren konnte. Aber dieser
Palast, er hatte ausgesehen wie ein wahres Weltwunder, fast so schön wie Marlas Lover, und Zealand wollte ihn wiedersehen, durch seine Tore schreiten, sein Inneres bewundern. Und falls dieser Reave vorhatte, das Schloss zu stürmen, dann wollte er es verteidigen.
Einen Moment lang fragte er sich, ob er wohl verhext worden war. Möglicherweise. Nur hatte er keine Ahnung, was er dagegen unternehmen sollte.
Das Handy in seiner Hosentasche vibrierte. Er hatte es natürlich ausgeschaltet, bevor er in Marlas Haus eingebrochen war, aber in … dieser anderen Welt hatte er es wieder eingeschaltet und es dann ganz einfach vergessen. Zealand seufzte und schaute auf das Display. Es war Nicolette, die zweifellos anrief, um nachzufragen, wie die Dinge standen. Zealand war nicht gerade scharf auf diesen Anruf, aber er war ein korrekter Geschäftsmann, also meldete er sich.
»Es ist vorbei«, sagte er. »Marla konnte mich in die Flucht schlagen. Ich bin entkommen. Ich habe ihr keinerlei Informationen gegeben, aber sie weiß, wer ich bin. Sie kannte meinen Namen. Das Überraschungsmoment ist also dahin, und ich bin sicher, von jetzt an rechnet sie jeden Augenblick mit einem weiteren Angriff.«
»Das ist ein ganz schöner Haufen Scheiße, den Sie mir da zum Schlucken vorsetzen, Zealand«, erwiderte Nicolette. »Der große Boss wird nicht besonders erfreut über diese Neuigkeiten sein. Aber, verdammte Scheiße, ich hab mir schon so was gedacht. Ich hab ein Aquarium mit verhexten Guppys, und seit einer halben Stunde schwimmen sie alle mit dem Bauch nach oben. Gregor wird mit Ihnen sprechen wollen.«
»Natürlich«, antwortete Zealand und verzog das Gesicht. »Können Sie mir einen Wagen schicken?« Er gab Nicolette die Adresse der nächsten Straßenecke.
»Klar«, sagte Nicolette. »Aber Sie werden uns das Benzin bezahlen müssen. Ich hab so das
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